Das Thema » Indianer darf im Buch › König Pferd von » Hans Dionys Dossenbach natürlich nicht fehlen. » Napoleon, mit dem wir uns in der letzten Woche beschäftigt hatten, hatte 1803 in » Louisiana Purchase die französischen Besitzungen in Amerika an die jungen » Vereinigte Staaten verkauft, die sich 1776 als Folge des » siebenjährigen Krieges vom Mutterland Königreich England abgespalten hatten. Mit dem Erlös wiederum finanzierte er seine Eroberungspläne in Europa.
Die einzelnen Kapitel im Buch von Dossenbach bauen also aufeinander auf. Die Indianer passen deshalb jetzt gut ins Bild, weil eine Reihe von Expeditionen im 19. Jahrhundert, namentlich die des » Maximilian zu Wied-Neuwied, der seinerseits wieder an den napoleonischen Kriegen teilgenommen hatte, diese Weltgegend für das europäische Publikum erschloss.
In den friedlichen Jahren danach unternahm er mehrere Reisen, darunter eine nach Nordamerika, auf die er den Schweizer Künstler » Karl Bodmer mitnahm, der seinen Reisebericht » Reise in das innere Nord-America in den Jahren 1832 bis 1834 illustrierte.
Karl Bodmer fasziniert heute wieder sehr; zu seinem 200. Geburtstag wurde eine Ausstellung » Karl Bodmer in Amerika – in Zürich veranstaltet. Der Hauptautor des Wikipedia-Artikels über Bodmer hat mit anderen ein Blog über eine Reise verfasst, die diese im 21. Jahrhundert nachvollzieht: » Reise in das innere Nordamerika.
Ganz allgemein schätzt man diese Feldforschungen heute sehr hoch ein; betrachtet man allerdings die Abbildung, die ich für das Titelbild gewählt habe, mit den Augen eines Kunsthistorikers, so fällt auf, dass Bodmer sich bei der Darstellung des Pferdes extrem eng an die kurz zuvor entstandene Fassung eines Gemäldes von » Eugène Delacroix mit dem Titel » Eugene Delacroix: Ein türkischer Offizier zu Pferd anlehnt, vom feurigen Kopf bis zum erregt getragenen Schweif - lediglich die Vorderbeine und die Zäumung sind verschieden, selbst in der Haltung des Reiters kann man Parallelen entdecken. Ist das nicht merkwürdig?
Mit anderen Worten: Hier erzählt uns wieder einmal jemand etwas vom Pferd. Der Maler benutzt Chiffren, Schablonen, die von anderen Malern über die Jahrhunderte entwickelt worden sind, die die entsprechend geschulten Betrachter sofort erkennen und verstehen - nicht aber die Wirklichkeit, wie sie etwa eine Kamera einfangen würde.
Nur dort, wo er Gegebenheiten und Einzelheiten findet, für die er keine solchen Schablonen besitzt, wird er die Augen aufmachen und genau hinschauen. Eine solche Beobachtung ist wichtig, weil wir die Zeugnisse der Vergangenheit nur leider allzu oft unbesehen als glaubwürdige Belege ansehen. Das ist aber oft nicht der Fall. Wenn etwas gedruckt ist, halten es viele Leute für wahr. Und wenn es mehrfach gedruckt wurde, kann es eigentlich nicht mehr gelogen sein.
Die Wikipedia ist sich dieser Mechanismen bewusst. Alle Angaben müssen penibel genau auf Glaubwürdigkeit überprüft werden, weil sich die Benutzer darauf verlassen wollen, ohne selber die Glaubwürdigkeit noch einmal überprüfen zu müssen, was ja die Funktion eines Lexikons oder einer Enzyklopädie ist und ihre Nützlichkeit ausmacht.
Wenn sich die Wikipedia also auf eine unglaubwürdige Quelle berufen würde und diese von allen anderen als glaubwürdig eingestuft wird, insbesondere von anderen Medien, passierte genau das, was in den Wissenschaften oft genug passiert ist: Eine Legende, eine schöne Geschichte oder sogar eine ausgemachte Lüge etabliert sich als Wahrheit indem sie von allen wiedergekäut wird und jeder sich auf den anderen beruft. In solchen Fällen hat es manchmal Hunderte von Jahren gedauert, bis die Wahrheit von der Lüge geschieden werden konnte, bis sich herausgestellt hatte, wer aus Absicht oder Unachtsamkeit Unwahres in die Welt gesetzt hatte, und wie es kommen konnte, dass alle Welt etwas glaubte, das nicht der Wahrheit entsprach.
So stellt sich also die Frage: Was von unseren Vorstellungen über die Indianer ist wahr?
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