| | 100 Jahre Pferdezucht und Pferdesport in Deutschland | | | |
Ehrenrettung für Gustav Rau Über üble Nachrede und fundamentale Verunsicherung von Gerd Hebrang
Zum Thema Jubiläum |
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"100 Jahre Pferdezucht und Pferdesport in Deutschland" heißt das Buch, das Susanne Hennig im Auftrag der FN geschrieben hat. 100 Jahre unserer Geschichte umfassen die beiden sogenannten Weltkriege. Den zweiten haben wir in der letzten Ausgabe behandelt ( Auf in den Krieg!).
Nun stehen 60 Jahre Friedenszeit vor uns, die gewürdigt werden wollen. Die ersten 40 Jahre, von 1905 bis 1945, waren weitgehend von Gustav Rau beeinflußt worden.
Gustav Rau hatte den Krieg überlebt. Im Ersten Weltkrieg diente er als Ulan, im zweiten brachte er die polnische Pferdezucht auf Vordermann:
| Gustav Rau wird unmittelbar nach Kriegsbeginn vom Oberkommando des Heeres aufgefordert, die stark geschädigte polnische Pferdezucht wieder aufzubauen. Als "Beauftragter für Pferdezucht und Gestütswesen im besetzten Polen" reist er im Oktober 1939 nach Lodz. Vor Kriegsausbruch verfügte die polnische Gestütsverwaltung über 1.100 Hengste. Bei Raus Dienstantritt hatte sich der Bestand auf 291 Hengste in den Gestüten reduziert. Den Großteil hatten die kriegerische Auseinandersetzungen über das Land verteilt, einige Hundert waren der sowjetischen Armee in die Hände gefallen und wohl ebenso viele unrechtmäßigen neuen "Besitzern". Gustav Rau ist in seinem Element. Akribisch, mit dem ihm eigenen Fleiß und Engagement macht er sich an die Arbeit, reist quer durch Polen und besucht alle Gestüt und eine Vielzahl von privaten Zuchtstätten. Binnen kurzer Zeit gelingt es ihm, in Suchaktionen die Mehrzahl der vermeintlich verlorenen Hengste aufzuspüren und in die Landgestüte zurückzuführen. Durch Ankäufe unter anderem in Frankreich, Überweisungen der Preußischen Gestütsverwaltung sowie durch gezielte Junghengstselektion aus großen polnischen Gestüten erhöht er den Bestand in der Decksaison 1941 auf rund 1.400 Beschäler. Bis zur Decksaison 1944 sind über 1.950 Hengste im Zuchteinsatz. Gustav Rau schafft es in nicht einmal fünf Jahren, die am Boden liegende polnische Pferdezucht mit ihren 14 Landgestüten zu neuer Blüte zu führen. Susanne Hennig: 100 Jahre FN, Seite 122 | | |
Toller Kerl, das! So zieht sich das durch sein ganzes Leben, sofern es mit den Pferden zu tun hat. Rau packt die Dinge an, Rau spricht aus, was ihm notwendig dünkt, Rau kämpft und setzt durch. Rau ist ein Macher, aber er ist auch ein Visionär. Die FN hat die These vertreten, daß Pferdezucht und Pferdesport in Deutschland deshalb so erfolgreich sind, weil Zucht und Sport seit 100 Jahren durch denselben Verband vertreten werden. Mag sein, aber vielleicht liegt es auch nur an Gustav Rau.
Natürlich gab es auch eine ganze Reihe von anderen wichtigen Persönlichkeiten. Selbstverständlich konnte Gustav Rau nicht zaubern und den ganzen Laden alleine schmeißen. Aber trotzdem kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, als wäre die Geschichte ganz anders verlaufen, hätte es Gustav Rau nicht gegeben. Oder anders gesagt: Wäre Gustav Rau Engländer, Franzose oder Italiener gewesen, hätte er dort die Impulse gesetzt, die Sport und Zucht in Deutschland beflügelt haben.
Seine besondere Fähigkeit, Begeisterung und Einsatzbereitschaft zu fördern, konnte sich erst nach Kriegsende wieder frei entfalten. Denn im Dritten Reich erfuhr seine Karriere einen merkwürdigen Knick.
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