| | Vizepräsident und Geschäftsführer des Reichsverbandes: Lubbert Graf v. Westphalen, auf dem Foto mit seiner Fuchsstute Fantasie, mit der er die Materialprüfung für Reitpferde 1921 in Berlin gewann. © Quelle: FN, Privatarchiv H. Munzendorf | | | |
Das Jahr 1924 Auferstanden aus der Asche von Gerd Hebrang
Zum Thema Jubiläum |
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Vor vielen Wochen habe ich meine Serie über die hundertjährige Geschichte der FN unterbrochen. Nach der Gründung des "Verbandes der Halbblutzüchter", vorangetrieben und zunächst geführt von Oscar v. Funcke, haben sich die ersten 20 Jahre turbulent gestaltet, nicht nur wegen des Ersten Weltkrieges. Der letzte Satz meines letzten Artikels lautete:
| Der verdiente Organisator und Initiator Oscar v. Funcke wird schließlich nach vielen Querelen 1932 sogar aus dem Verband ausgeschlossen. Sport und Zucht | | |
Andere Männer traten auf den Plan und übernahmen die Macht, allen voran Gustav Rau, der vor dem Krieg vom Kronprinzen zum Leiter des "Komitee für die Kämpfe zu Pferde bei den olympischen Spielen 1916" ernannt worden war.
Nun war Deutschland infolge des verlorenen Kriegs erst einmal von internationalen Wettbewerben ausgeschlossen. Die olympischen Spiele 1916 hatten wegen des Kriegs nicht stattgefunden. Das Komitee wurde nach dem Krieg umbenannt in "Komitee für die Kämpfe zu Pferde", die Spendenmittel für Prämienzahlungen verwendet, die einen finanziellen Anreiz zur Leistungssteigerung bieten sollten.
Noch mehr wurde umbenannt: Der Ausdruck "Halbblut" kam aus der Mode, die regionalen Zuchtverbände bevorzugten den Ausdruck "Warmblut", und so entstand am 19. Februar 1923 aus dem Zusammenschluß der Zuchtverbände mit dem Reichsverband der "Reichsverband für Zucht und Prüfung deutschen Warmbluts". Die Verbandsleitung war fest in der Hand des Adels, lediglich August Andreae (Abteilung Leistungsprüfung) und Gustav Rau (Abteilung Zucht) waren bürgerlich.
Der Verband wollte die planlose Anpaarung von Warmblutstuten mit Kaltbluthengsten unterbinden und alle Stuten im Stutbuch erfassen. Das war alleine schon eine anspruchsvolle Aufgabe, denn "selbst in der Zuchthochburg Ostpreußen sind nicht einmal 20 Prozent aller Warmblutstuten im Stutbuch eingetragen, in Hannover sind zwei Drittel aller Stuten nicht registriert." (Susanne Hennig: 100 Jahre FN, S. 56).
| Der Kampf des Verbandes gegen die "wilden Hengste", die ohne Zuchtzulassung decken, zeigt schnell Erfolge. Hengsthalter, die gegen das Gesetz zur Regelung des Körwesens verstoßen, werden in Zeiten der immer schneller fortschreitenden Inflation zu 10 Millionen Mark Strafe verurteilt. 100 Millionen Mark werden fällig, wenn sie aus "Gewinnsucht" handeln. Von verschiedenen Seiten wird sogar vorgeschlagen, die "wilden Hengste" per Gesetz kastrieren zu lassen. Eine solch rigorose Maßnahme führt dann aber wohl doch zu weit und wird von den Züchtern abgelehnt. a. a. O., S. 57 | | |
Der Reichsverband soll natürlich für verbesserten Absatz sorgen. Dazu muß die Nachfrage geweckt werden. Diese wiederum wird durch sportliche Erfolge angestachelt. Das ist das deutsche Erfolgsrezept, das bereits v. Funcke verfolgte und das sich über 100 Jahre bis heute bewährt hat. Ob sich die sportlichen Erfolge durch Verbandsarbeit und finanzielle Anreize fördern lassen, wird vermutlich nie zweifelsfrei geklärt werden können. Denn immerhin braucht man gute Pferde, gute Reiter und gute Teams. Ohne diese Voraussetzungen, die durch Geld und Verbandspolitik allein nicht geschaffen werden können, müssen Träume von sportlichen Erfolgen Träume bleiben.
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