6 Jahre nach Géricaults Tod wurde in England Eadweard Muybridge geboren. Dieser ist später nach Amerika gegangen. Inzwischen war die Fotografie erfunden worden. Muybridge hat mit Hilfe der Fotografie Bewegungsstudien gemacht und schließlich im Auftrag eines reichen Amerikaners Pferde im Galopp fotografiert. Dieser Mann erhoffte sich Erkenntnisse, die ihm einen technischen Vorteil bei Galopprennen verschaffen würden. Er wurde darin nicht enttäuscht. Der Fotograf hat 1878 sein Buch "The Horse in Motion" (Das Pferd in Bewegung) veröffentlicht. Muybridge, Galoppierendes Rennpferd, 1878 Abb. aus » Pferde, Seite 36 Seither wissen wir, daß ein Pferd im Galopp tatsächlich in einer bestimmten Phase "fliegt", aber nicht so, wie die Maler es immer dargestellt haben und wie das Publikum es immer so gern geglaubt hat. Die dargestellte Haltung nehmen Pferde überhaupt nicht ein, niemals. Und in der Fliegephase befinden sich alle vier Beine des Pferdes völlig unspektakulär unter dem Bauch. Zu diesem Thema, dachte ich, hätte ich noch einen spezifischen Beitrag im Internet gefunden. Titel: » Vom schnellen Galopp der Pferde, den es nicht gibt Der Untertitel "ODER DIE ZEIT ALS ORDNUNGSMÖGLICHKEIT DES NACHEINANDERS" und die Quelle "Kunstforum - Band 150, April � Juni 2000, Seite 98, Dokumentation" machte mich schon etwas stutzig. Ich habe aber trotzdem das ganze Interview gelesen (68 KB, mehr als doppelt so lang wie unsere » Hauptgeschichte). Es geht nicht um das Thema, wie es im Titel suggeriert wird. Es geht um das, was im Untertitel steht. Das ist freilich nicht so griffig. Und ganz zum Schluß, endlich, im vor(!)letzten Satz, kommt mein Suchwort Géricault vor!!! Und der Bezug zum Titel wird endlich hergestellt! Heinrich Theissing, Professor für Kunstgeschichte in Düsseldorf, nimmt Bezug auf Kandinskys Reiter von 1911: Für mich ist er das Inbild von Schnelligkeit, ja eine Hommage darauf, weil er ein Zeichen für Schnelligkeit ist. Ein solches Werk öffnet insofern ganz neue Gesprächsmöglichkeiten, weil die dargestellte Bewegung so wahnsinnig schnell wirkt, obwohl sie den Muybridge negiert. Seit dessen Fotos aus den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts ist bekannt, wie Pferde laufen, und wir wissen alle, dass es den 'fliegenden Galopp' nicht gibt. Trotzdem ist der schnellste Lauf eines Pferdes in der Kunst einer, der in Wirklichkeit gar nicht stattfindet. Diesen Galopp finden wir schon bei den Mykenern und Skythen, auch in Persien und Ostasien. Jesuiten brachten das Bild des fliegenden Galopps aus China mit, und so hat es Gericault erreicht. In seinem Werk hat Kandinsky noch einmal die Formel für Geschwindigkeit in dem uralten Zeichen aufleben lassen, das kein wirkliches Bewegungsmotiv ist. (Hervorhebung durch mich. Ich habe ein bißchen recherchiert und nicht herausgefunden, welches Bild er meint. Vielleicht meint er den Blauen Reiter von 1903, nach dem 1911 die Künstlervereinigung "Der Blaue Reiter" benannt worden ist, bei der Kandinsky Gründungsmitglied war - "Der Name leitet sich von seinem 1903 entstandenen gleichnamigen Gemälde ab, auf dem ein romantischer Held auf einem weißen Roß querfeldein durch eine Herbstlandschaft reitet." Eine Abbildung habe ich nicht gefunden, statt dessen von Kandinsky einen St. Georg - Drachentöter mit blauem Pferd). So ist unser Maler mit seinen fliegenden Pferden doch wieder rehabilitiert. Von einem Kunstprofessor aus Düsseldorf, der sich speziell mit dem Thema Zeit im Bild beschäftigt hat.
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