| | Der Strick ist noch dran ... | | | |
| | | ... und die Stute extrem scheu | | | |
| | | Wie kommt man an die dran? | | | |
| Deshalb ist es so hilfreich, sich selbst zu beobachten; wenn man sich in einem Video oder auf einem Foto sieht, erkennt man sich oft gar nicht wieder. Um die allgemeine Ebene zu verlassen, will ich gerne bekennen, dass ich immer wieder entsetzt war, wenn ich, was selten genug geschah, Fotos von mir sah, weil meine Körperhaltung ganz deutlich Unsicherheit, Schwäche, Unterlegenheit signalisierte, die ich in dieser Situation auf keinen Fall hätte zeigen dürfen. Ganz konkret habe ich das Foto vor Augen, wo ich auf einer Messe mit einem Kunden spreche. In dieser Situation war ich mir meiner Haltung mit Sicherheit gar nicht bewusst, aber vermutlich fühlte ich mich genau so, wie ich mich hielt. Mein Körper signalisierte also etwas, was meiner verbalen Kommunikation vermutlich nicht entsprach. Ob mein Gesprächspartner in der Lage war, meine Körpersprache bewusst wahrzunehmen, kann ich natürlich nicht beurteilen. Vielleicht war er ebenfalls mit dem Gespräch als solchem voll ausgelastet, aber ich bin sicher, dass sein Unterbewusstsein meine doppelte Botschaft genau wahrgenommen hat. Auch bezüglich der Körperspannung glaube ich zu wissen, wovon Neuhauser redet. Ich spüre sehr häufig, wie mein Körper zusammensinkt, wie krumm ich mich halte, und erinnere mich, dass ich mich schon als Heranwachsender gefragt habe, wie mein Vater sich so gerade halten kann. Ich habe ihn sogar einmal danach gefragt, und er hat mir geantwortet, dass es bei ihm eine Frage des Alters war. Das leuchtete mir ein; eine krumme Haltung ist Ausdruck von Unsicherheit und Selbstzweifel, und beides sollte sich mit zunehmendem Alter verlieren. Theoretisch, denn wie man weiß, kann das Leben einem übel mitspielen. Wer erfolgreich ist und mächtig wird, der wird kaum Schwierigkeiten haben, dies auch durch seine Körpersprache zum Ausdruck zu bringen, und umgekehrt werden all diejenigen, die es schwer haben, ihr Schicksal auch durch ihre Körpersprache kommunizieren. Im Umgang mit Pferden ist gern von Dominanz die Rede, und damit verbunden sind Sprüche, die den Menschen auffordern, sich dem Pferd gegenüber aufzuspielen, so wie der Cowboy das gemacht hat. Dass das nicht funktioniert, wird ja unter anderem auch aus dieser Sequenz deutlich. Wenn man aber ein unsicherer Mensch ist, kann man dann überhaupt mit Pferden arbeiten? Muss man erst Erfolg im Leben haben, um auch dem Pferd gegenüber erfolgreich zu sein? Neuhauser macht es ja vor. Er bewegt sich nicht wie ein Schwergewichtsboxer oder Industriekapitän, sondern elastisch und leichtfüßig, bestimmt, aber nachgiebig. Er respektiert das Pferd, und lässt ihm seinen Raum. Das reicht natürlich nicht, um gemeinsam mit dem Pferd zu arbeiten, und wie er das hinbekommt, werden wir gleich sehen. Ich will hier nur ein zweites Beispiel angeben, um deutlich zu machen, dass Dominanzgehabe im herkömmlichen Sinne bei Pferden völlig unangebracht ist. Jeder weiß, dass Pferde bei Kindern extrem vorsichtig und einfühlsam sind, aber nicht nur bei Kindern, sondern auch bei kranken und behinderten Menschen; gerade deshalb ist Therapie mit Pferden möglich und wirksam. Kinder und Kranke begegnen den Pferden, möchte ich behaupten, mit einer Körpersprache, die diese unmittelbar verstehen. Insbesondere respektieren sie das Pferd und wollen es gerade nicht dominieren. Man denke! Und wie macht es Neuhauser? Das ist im Film sehr schön dokumentiert, obwohl die Bilder nicht immer so sind, wie man sie sich wünschen würde. So fehlt zum Beispiel der Übergang von der Verladeszene mit dem Heu, die wir bisher betrachtet haben, zur nächsten Sequenz, wo er wirklich mit dem Pferd Kontakt aufnimmt. Man weiß nicht, was dazwischen passierte, insbesondere wie viel Zeit dem Pferd gelassen wurde. Es beginnt mit Bildern, die einfach nur irritieren. Man sieht im wesentlichen Latten und Pfosten. Dahinter agiert Neuhauser unsichtbar, man hört ihn nur, irgendwo muss auch das Pferd sein, man begreift, dass ein Metalltor offen ist, das geschlossen wird und einen schrecklichen Lärm macht, und außerdem befindet er sich mit dem Pferd offenbar in einem Korridor. Vermutlich konnte das Team diese Aufnahmen anders nicht machen. Man sieht, dass der Strick inzwischen über dem Nacken des Pferdes hängt, genauer über dem höchsten Punkt, dort wo der Druck am unangenehmsten und schmerzhaftesten ist.
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