Galopp: Dickmachen und Hochschlagen Missverständnisse zwischen Pferd und Reiter von › Gudrun Schultz-Mehl
Zum Thema Ausbildung |
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10. April 2008 Danke für das Video mit Deinen ersten Versuchen, KORALLE anzugaloppieren. Du hast mir auch am Telefon schon gesagt, dass es dabei einige Missverständnisse zwischen ihr und Dir gab und das kann ich auch auf dem Video sehen. Es sind die typischen Antworten eines jungen Pferdes auf noch etwas drastische Reiterhilfen: erstens das ‚Dickmachen', das heißt, dass sich das Pferd, (meist mit angelegten Ohren) verhält und das Vorwärts verweigert, weil es die Schenkelhilfen nicht versteht. Wenn diese deshalb - gut gemeint vom Reiter - auch noch verstärkt werden, empfindet sie das Pferd als beklemmend und unangenehm und es beendet dann jede Mitarbeit und geht oder kaum noch vorwärts. Ich schrieb Dir in meinem letzten Brief, dass man das in der Ausbildung noch junge Pferd nicht in den Galopp hineinjagen dürfe. Das ist auch richtig, wenn man sich auf einem rundum geschlossenen Platz oder in einer Reithalle befindet, weil das Pferd nicht zu schnell sein darf, um in den Ecken nicht wegzurutschen. Routinierte Ausbilder gehen deshalb auch zum ersten Angaloppieren ganz gerne in offenes Gelände, wo sie ihr Pferd auf gerader Strecke und durch allmähliches Verstärken des Tempos mit nachgebender Hand in den Galopp hineingleiten lassen können und genügend Raum vor sich haben, um ihr Pferd auch auf längere Distanz wieder zur Ruhe zu bringen. Diese an sich gute Möglichkeit zu nutzen kann ich Dir auf keinen Fall raten, weil Ihr beide im Gelände noch viel zu unerfahren seid. Das ginge vielleicht hinter einem ganz ruhig galoppierenden sicheren Pferd, aber selbst das wäre für Dich wahrscheinlich zu gefährlich. Du hast mir selbst gesagt, dass KORALLE im Gelände ihre Aufmerksamkeit weit mehr auf ihre Umgebung lenkt, als auf Dich und Deine Hilfen. Halte Dich daher weiterhin an die Vertrauen bildende Ausbildung durch Longe, Arbeit an der Hand und dann an das Übertragen des Gelernten auf die Arbeit unter dem Reitergewicht in vertrauter, begrenzter Umgebung. Zweitens sehe ich bei Dir und KORALLE das Hochschlagen von Kopf und Hals beim ersten Galoppsprung, wenn Du sie im Aussitzen angaloppierst. Es ist fast immer so, dass der unerfahrene Reiter vermeiden will, dass sein junges Pferd bereits den ersten Galoppsprung dazu benutzt, sich nach vorne frei zu machen und im Tempo außer Kontrolle zu geraten. Deshalb ist es anfangs eine Art von Reflexbewegung, dass er gleichzeitig mit dem ersten Galoppsprung mit beiden Zügeln schon wieder bremsend einwirkt und das Pferd dem unangenehmen Druck auf Genick und Maul nach oben auszuweichen versucht. Dazu kommt dann noch der unruhige, dem Galopp noch nicht harmonisch angepasste Sitz des Reiters, der, meist aus Sorge vor dem was nun kommen mag, zu sehr in den Bügeln Halt sucht und mit den Beinen klemmt, statt nur leicht die innere Hüfte in die Bewegung vorzurichten, ohne dabei den Kontakt zum Sattel zu verlieren. DEN KONTAKT ZUM SATTEL KANN DER REITER NUR HALTEN, WENN ER ENTSPANNTE GESÄSS- UND OBERSCHENKELMUSKELN HAT UND INSGESAMT LOSGELASSEN SITZT. Sowie er die Gesäß- und Oberschenkelmuskeln anspannt, schiebt er sich dabei vom Sattel weg nach oben. Mit diesen angespannten Muskelpartien ist er auch nicht mehr in der Lage, in der Hüfte elastisch zu bleiben und mit den Bewegungen des Galopps mitzuschwingen.
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