| | W. Popken im Fenster Selbstportrait 08/2004 | | | | Meine Meinung zu dem Buch: von › Werner Popken
Seit einiger Zeit arbeitet der Cadmos Verlag mit dem österreichischen av Buch Verlag zusammen, was sich zum Beispiel in einem gemeinsamen Katalog bemerkbar macht. In der letzten Woche habe ich Ihnen ein gerade erst erschienenes Fotobuch von Christiane Slawik aus dem Cadmos Verlag vorgestellt: › Die Magie der Pferde.
Das Buch dieser Woche ist zeitgleich im Verlag av Buch erschienen, wird aber wohl in Deutschland vom Cadmos Verlag vertrieben; jedenfalls findet sich auf dem Rücktitel neben der Internetadresse des av Buch Verlags auch die des Cadmos Verlags, während auf dem anderen Buch sowohl die deutsche als auch die österreichische Internetadresse des Cadmosverlags angegeben sind.
In gewisser Weise kann man insofern von einer erweiterten Zusammenarbeit sprechen als die Projektleitung und Herstellung in österreichischen Händen lagen, die Gestaltung jedoch von Ravenstein + Partner aus Verden besorgt wurde, die sämtliche Bücher des Cadmos Verlags betreuen und Flair und Anmutung dieses Verlags seit vielen Jahren bestimmen, wobei die Grundlinie im wesentlichen beibehalten wird und sich erstaunlicherweise kaum abnutzt.
Im Unterschied zum Fotoband der letzten Woche stehen hier die Geschichten im Vordergrund, während die Fotos lediglich als Illustration dienen. Wer viel herumkommt wie Christiane Slawik, kann natürlich auch viel erzählen. In diesem Buch berichtet Christiane Slawik von einigen Österreichern, die ihr Eindruck gemacht haben:
| Sie alle verbindet weniger der Hang zur Öffentlichkeit und Selbstdarstellung, als die tiefe Leidenschaft zu diesen wunderbaren Tieren. Manche der Vierbeiner hinterlassen ebenfalls bleibende Eindrücke. Deshalb erzählt das eine oder andere Kapitel auch von einer Begegnung mit tierischen Persönlichkeiten oder von bemerkenswerten Shootings.
Irgendwann entstand die Idee, die Geschichten zusammenzutragen und einigen dieser engagierten Menschen, stellvertretend für viele andere, im Namen der Pferde "Dankeschön" zu sagen. Überall in der Welt leben passionierte Pferdeleute und schöne Pferde, die in diesem Buch beschriebenen leben jedoch alle in Österreich. a.a.O., Vorwort, Seite 7 | | |
Neben den Pferderassen, für die Österreich berühmt ist, kommen auch viele andere vor, die weltweit gezüchtet werden - in dieser Hinsicht unterscheidet sich Österreich kaum von anderen Ländern dieser Welt. Und da ein jeder von uns in seinem eigenen Körper gefangen ist, notwendigerweise sein eigenes Schicksal erlebt und sich fragt, was er auf dieser Welt macht und vollbracht hat oder vollbringen will und ihn deshalb die Geschichten anderer Leute eigentlich gar nichts angehen, interessieren diese jedoch immer, weil man sich darin so wunderbar spiegeln kann.
Dem Charakter eines solchen Geschenkbuches entsprechend werden natürlich keine tieferen Einsichten vermittelt, sondern eher moderne Märchen erzählt. Selbstverständlich sind alle vorgestellten Persönlichkeiten glücklich und zufrieden, erfolgreich und vermögend, sie alle hatten ihren Traum und konnten ihn verwirklichen, wobei ein jeder jede Menge Schwierigkeiten zu überwinden hatte. Genau das Richtige also für unsereins, der sich nicht als glücklich und zufrieden, erfolgreich und vermögend empfindet, der seinen Traum (noch) nicht verwirklichen konnte und nach Hinweisen sucht, wie dies wohl zu bewerkstelligen wäre.
Natürlich: Viele erfolgreiche und vermögende Menschen leisten sich ein Gestüt, womöglich noch mit einem Schloss dazu, womit sie die Herrschaftssymbole vergangener Zeiten in die Zukunft herüberretten. In gewisser Weise macht sich ja jeder Pferdebesitzer heutzutage dieses Gefühl zu Eigen, waren doch Reitpferde immer das Privileg der Besitzenden und Herrschenden, während das gemeine Volk zu Fuß ging oder bestenfalls mit vielen anderen eingepfercht gefahren oder besser gesagt transportiert wurde. Glücklicherweise braucht man heute kein Königreich, um ein Pferd besitzen zu können.
Wie schon beim vorigen Buch halte ich auch diesen Fotoband nicht nur für ein wunderbares Geschenk, sondern gleichermaßen für ein Lehrbuch ambitionierter Fotografen, und zwar nicht nur wegen der fantastischen Fotos, sondern auch wegen der vielen eingestreuten Hinweise, die manchmal ein wenig verraten, warum die Fotos von Christiane Slawik so herausragend sind. Das Buch wird durch ein Kapitel "Making of" abgeschlossen; hier erfährt man allerdings kaum etwas über ihre Arbeitsweise, wenn man nicht die Illustrationen genauer analysiert.
Die Hälfte der ersten Seite beispielsweise wird durch eine Aufnahme eingenommen, die die beeindruckende Halle zeigt, die auch das Titelfoto ziert. Hier aber liegt Christiane Slawik flach auf dem Boden quer im Vordergrund, wobei der Hengst (es sind im Zweifel immer Hengste) noch ganz hinten steht, während er auf dem Titelfoto spektakulär auf die Fotografin zugaloppiert, und zwar in einem halsbrecherischen Winkel, abgestürzt auf sein linkes Vorderbein, dessen Huf die schärfste Stelle im ganzen Foto ist, fast exakt auf der Mittelachse platziert, die Halle mit den beiden Säulenreihen in Zentralansicht ins Bild gesetzt, der Hintergrund durch eine ebenfalls symmetrische Tür eingenommen.
An diesem und anderen Fotos lernen wir: Der erfolgreiche Fotograf muss turnen, um Positionen einzunehmen, die ungewöhnliche Blickwinkel ermöglichen. So steht Christiane Slawik in einem anderen Foto auf dem Dach eines Autos, gestützt von ihrer Assistentin, die ihrerseits total verrenkt auf dem Auto sitzt, ein Bein waagerecht auf dem Autodach, das andere am Auto herabhängend, um mit den Händen die Fotografin abzustützen, die in einem Winkel steht, der an die natürliche Haltung angesichts einer Sturmflut am Deich erinnert, hier aber die Frage aufwirft, wie es möglich sein kann, dass die beiden nicht nur nicht herabfallen, sondern in dieser Haltung auch noch hervorragende Fotos machen können.
Manche Fotos sind vielleicht nicht ganz so berauschend, wie etwa die des Paint Horse Moonwalker (Seite 108/109); allerdings lernen wir aus der dazugehörigen Geschichte wieder einmal, dass es nicht reicht, einfach nur auf den Auslöser zu drücken. Man muss ein Foto inszenieren, und die Inszenierung mag sehr aufwändig sein, während das eigentliche Foto eine Sache von Bruchteilen von Sekunden ist. Wie in diesem Fall erfährt man bei manchen Geschichten wenig über die Menschen, dafür mehr über die Schwierigkeiten des Fotografierens.
Auf Seite 105 findet sich ein Foto, das nach meinem Dafürhalten zu wünschen übrig lässt. Die dazugehörige Geschichte beschreibt die Schwierigkeiten, ein Plätzchen zu finden, wo keine störenden Gebäude oder sonstigen Realitätsbruchstücke zu finden sind, die den Zauber des zu schaffenden Fotos zerstören würden. Warum man dann aber die Füße beziehungsweise Hufe abschneiden muss, wird dadurch nicht deutlich. Was mich aber noch mehr stört ist das deutlich sichtbare weiße Elektroband im Hintergrund, wo man im übrigen durchaus Gebäude erahnen kann, was aber nicht unbedingt auffällt.
Selbstverständlich fotografiert Christiane Slawik inzwischen (nachdem sie sich lange gesträubt hatte) digital und schleppt die unsäglichen Apparate mit sich herum, die ein professioneller Fotograf heutzutage braucht. Je größer und schwerer, desto besser. Angesichts dessen frage ich mich, warum sie nicht selbst oder durch ihre Helfer, beispielsweise die Gestalter des Buches, dieses Elektroband hat wegretouchieren lassen.
Nun gibt es ja Fotografen, die auf absoluter Authentizität bestehen. Manche gingen sogar so weit, dass man niemals inszeniert, sondern die gegebenen Umstände lediglich protokolliert und durch die gewählte Komposition wirkt, beispielsweise » Henri Cartier-Bresson, der ausschließlich mit der Leica und Normalobjektiv fotografierte und seine Abzüge ohne Ausschnitte vom Labor, also ohne besondere Tricks, fertigen ließ.
| In einer seiner aufschlussreichen Bemerkungen sagte er: "Das Denken sollte vor und danach, nicht während des Fotografierens stattfinden. Der Erfolg hängt vom Grad der Allgemeinbildung, dem Wertesystem, der Klarheit des Denkens, der Lebendigkeit ab. Am meisten muss man sich vor dem künstlich Erfundenen, vom Gegenteil des Lebens, in Acht nehmen." » Ein Pionier der modernen Fotografie | | |
In manchen Kreisen galt es als schick, Abzüge von Negativen immer so zu produzieren, dass man den Rand des Negatives, der ja durch die Abmessungen der Kamera geformt wird und damit wie ein Fingerabdruck auch die Herkunft durch diese Kamera bezeugen kann, mit ausbelichtet, um damit zweifelsfrei nachzuweisen, dass die Wirkung des Bildes nicht etwa durch geschickte Ausschnitte im Nachhinein gesteigert, sondern von vornherein durch den Fotografen im Moment des Auslösens gestaltet wurde (siehe Illustration links).
Solch puristische Haltungen sind aber nur in künstlerischen Kreisen aufrechtzuerhalten; wo Fotos als Illustration gebraucht werden, wurden und werden sie nach Belieben manipuliert, beschnitten, freigestellt, verschönert, verfremdet, kurz: In jeder Hinsicht lediglich als Material betrachtet, mit dem man beliebig umgehen kann, aus dem erst etwas gemacht werden muss, dessen Aussage man unter Umständen sogar ins Gegenteil verkehren kann und darf.
Selbstverständlich kannte auch die herkömmliche Fotografie die unendlichen Möglichkeiten der Einflussnahme, angefangen von der Lichtwirkung, der Brennweite, des Ausschnittes, der Belichtungszeit etc. bei der Aufnahme über die chemischen Variationsmöglichkeiten bei der Entwicklung, die verschiedenen Typen von Positivmaterial, die vielen Tricks bei der Dunkelkammerarbeit, die zu einer ganz eigenen Fachsprache geführt haben, die sich teilweise sogar bis in die Manipulationsmöglichkeiten der Digitalfotografie retten konnten (weichzeichnen beispielsweise). Insofern ist die Frage nach der Realitäthaltigkeit von Fotos gar nicht neu. Es ist wohl nicht so sehr die Frage, ob man manipulieren sollte oder darf, sondern in welcher Weise und in welchem Maß.
Um auf das Elektroband zurückzukommen: Es wäre ein Leichtes gewesen, dieses mit elektronischen Möglichkeiten zu vertuschen, viel leichter als in der Dunkelkammer, wo man auf derlei Retuschen auch nicht unbedingt verzichtet hätte. Was soll man auch machen? Ganz abgesehen davon, dass der Fotograf jede Gelegenheit wahrnehmen muss (der nächste Augenblick ist wieder völlig anders, dieser ist unwiederholbar), hat man manchmal einfach gar nicht die Möglichkeit, die störende Wirklichkeit auszublenden.
Ich erinnere mich an das Foto eines arabischen Hengstes, von dem ich einen ganzen Haufen Aufnahmen hatte, bei denen ohne weiteres Ausschnitte möglich gewesen wären, die die Illusion unendlicher Weiten und größtmöglicher Freiheit, unbändiger Vitalität und atemberaubender Schönheit hätten erzeugen können (die natürlich gar nicht gegeben waren, aber später in einem Leserbrief vorwurfsvoll eingefordert wurden, wobei man noch nicht einmal vor einer faustdicken Lüge zurückschreckte), aber darunter war keines, das es mit diesem einen Foto aufnehmen konnte, bei dem sich leider, leider ein extrem auffälliges Elektroband von links bis rechts über das gesamte Bild zog, quer über den schönen Körper des Pferdes und die satte grüne Wiese hinweg. Was tun?
Bei » Photoshop heißt es: Stempeln. Ruckzuck oder zumindest mit hinreichend Geduld ist das störende Elektroband verschwunden. Bei anderen Programmen heißt dieselbe Technik anders, es geht aber immer darum, eine mehr oder weniger komplizierte Textur, die irgendwo vorhanden ist, woanders zu kopieren und damit etwas Unerwünschtes so zu verdecken, dass die Manipulation nicht auffällt. In diesem Fall etwa um eine Blumenwiese, die vor einer Baumreihe mit Büschen steht, durch die sich ein Elektroband zieht. So etwas kann man mit Verwischen nicht gut verschwinden lassen, das merkt das Auge sofort.
In der Dunkelkammer wäre man ziemlich aufgeschmissen, wenn es sich nicht gerade um ein Flugzeug in einem wolkenlosen Himmel handelt, sondern um ähnlich komplizierte Verhältnisse wie hier beim Elektroband; in solchen Fällen haben die Dunkelkammerkünstler tatsächlich zum Pinsel gegriffen und die Wirklichkeit auf herkömmliche Weise geschönt. Digital ist das alles viel einfacher. Natürlich braucht man auch dafür ein Gespür und Übung, sonst kann das Auge die Manipulation leicht entdecken, aber bald hat man den Bogen heraus und arbeitet mit diesem Werkzeug so souverän, dass kaum jemand diese Nachhilfe entdeckt, schon gar nicht, wenn er sie nicht vermutet. Nun hätte dieses Elektroband hier als Beleg für die geschilderten Schwierigkeiten dienen können, aber aus dem Begleittext konnte ich diese Absicht nicht entnehmen.
Handelt es sich dabei auf jeden Fall um eine zu missbilligende Lüge? Im Falle des Elektrobandes fühlte ich mich berechtigt, ja sogar verpflichtet, diese Manipulation vorzunehmen. Das Elektroband war für die Aussage des Bildes nicht nur entbehrlich, sondern es störte und beeinträchtigte diese ungemein. Durch die Manipulation wurde nichts hinzugefügt, was nicht vorher in dem Bild war. Es wurde sozusagen das realisiert, was das Auge sich vorstellen kann: Dass das Elektroband gar nicht da ist.
Auf der anderen Seite fällt bei diesen Fotos auf, dass unglaublich viele Pferde vor dem Hintergrund vollkommen freigestellt sind und dieser einfarbig, beispielsweise schwarz, ausgefüllt ist. Bei manchen Fotos kann man noch mutmaßen, dass es sich um eine natürliche Freistellung vor einem wolkenlosen Himmel, die sich automatisch durch einen tiefen Kamerastandpunkt ergibt, oder vor einer frisch gestrichenen, also makellosen Wand handelt, aber bei anderen drängt sich doch der Verdacht auf, dass hier wirklich die digitale Keule herausgeholt wurde, vor allem bei schwarzen Hintergründen. So schwarz und ohne jegliche Modulation kann ein Schatten eigentlich gar nicht sein. Wenn dieser schwarze Schatten dann auch noch in der freien Natur auftaucht, liegt der Verdacht nahe, dass mit denselben Mitteln auch hier nachgeholfen wurde.
Überhaupt: Manipulationsmöglichkeiten gibt es, soweit die Fantasie reicht. Wenn Sie Ihr Pferd oder das von Freunden auf die Weide stellen und ein Foto machen, brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn es nicht so geleckt aussieht wie Fotos in diesem Buch, es sei denn, Sie hätten dieses Pferd vorher stundenlang shampooniert und gebürstet, gekämmt und gewienert. Das ist genau dasselbe wie mit den Fotos der Stars. Wenn Sie denen auf der Straße begegnen würden, sie würden Ihnen nicht auffallen, weil sie ganz normal aussehen. Es ist das Werk der Stylisten und der Fotografen, das das Publikum beeindruckt. Es ist nicht Realität, sondern umgesetzte Fantasie.
Wer sein Pferd einem professionellen Fotografen anvertraut und dafür viel Geld hinlegt, möchte entweder seine Fantasien als Bild realisiert wissen oder aber diese Fantasien einsetzen, um seinerseits andere zu beeindrucken, potentielle Käufer beispielsweise. Deshalb gehört die professionelle Manipulation zum Auktionswesen dazu, weil auch hier dem Publikum etwas vorgegaukelt werden soll, was in der schnöden Realität so gar nicht vorhanden ist. Der Mensch lebt eben für seine Träume und ist bereit, vor allem dafür zu bezahlen. Wenn ich mir nun vorstelle, mein Pferd würde so in Szene gesetzt, könnte ich mich wahrscheinlich durchaus über diese Fotos freuen, müsste aber doch anerkennen, dass es eben umgesetzte Träume sind und die Wirklichkeit, die ich täglich erlebe, eine ganz andere ist.
Damit will ich weder etwas gegen die Wirklichkeit noch gegen die Träume sagen. Die Wirklichkeit ist wunderbar und handfest, steht sozusagen jederzeit zur Verfügung, und gleichzeitig beflügeln die Träume, die ja auch insofern eine gewisse Realität besitzen, als man sie zum Vorschein bringen kann. Das Pferd sieht eben nicht ständig so edel aus, wie es aussehen könnte, wenn es wollte. Und genau darum geht es ja auch bei der klassischen Dressur: Das Pferd auf Kommando so herauszubringen, wie es sich darstellen könnte, wenn es wollte, aber meistens eben nicht will. Oder beim klassischen Ballett: Der Tänzer schlurft schlaff durch die Gegend, solange er nicht im Dienst ist, aber dann ist er nichts als Spannung und Ausdruck. Ein Traum, zur Realität gebracht.
Traumfotos ohne Ende auch in diesem Buch, Traumgeschichten dazu, beispielsweise die von "Vinatero in der Therme" (Seite 80-83) im » Rogner Bad Blumau vor dem Hintergrund der farbenfrohen, kindlichen Architektur » Friedensreich Hundertwassers, oder der Stufe der im Titelbild verwendeten Halle im Bundesgestüt Piber: "Ein glorreiches Comeback" (Seite 92-95). Wer viel fotografiert und hinreichend fleißig, kritisch und selbstkritisch ist, wird automatisch immer besser (auch Sie) und sammelt nebenbei zehntausende, hunderttausende von Fotos an, unter denen es selbstverständlich bessere und schlechtere gibt, insbesondere auch ganz ausgezeichnete, unglaubliche, unwiederbringliche, sensationelle, einmalige, von denen die meisten leider niemals in Büchern produziert werden können.
Und alles dies gibt es wirklich, denn die Kamera protokolliert etwas, das auch vom nackten Auge hätte gesehen werden können, wenn dieses denn überhaupt in der Lage wäre, ein einzelnes Bild festzuhalten. "Verweile doch, du bist so schön!" (» Faust. Der Tragödie zweiter Teil.) Dieser Wunsch ist im wahren Leben nicht zu erfüllen, jeder Augenblick wird durch die nächsten Augenblick abgelöst, das Leben fließt dahin, ununterbrochen, von der Geburt bis zum Tode, über Millionen und Milliarden von Jahren hinweg, vermutlich ohne Anfang und Ende - ein Foto ist die beste Möglichkeit, diesen Wunsch nach Dauerhaftigkeit umzusetzen. Es erfasst einen Augenblick und bietet ihn für alle Ewigkeit zur Betrachtung an.
Es gibt Fotos, die man nicht satt bekommt, die einem etwas geben, was man meist gar nicht in Worte fassen kann. Damit nähern sich Fotos der Funktion der Kunst, die zumindest in ihren besten Werken genau eine solche Wirkung hat.
erschienen 18.10.09 | |