| | Neuhauser führt den gefährlichen Hengst | | | |
Kompetenz ist nicht genug, wenn man Pferde, insbesondere extrem gefährliche Pferde zu verlässlichen Partnern erziehen will, wie ich in der letzten Woche gezeigt habe. Man braucht auch Respekt vor dem Tier und Einfühlungsvermögen. Auf der Suche nach dem Geheimnis von » Hans-Jürgen Neuhauser, der einzig und allein auf die von ihm entwickelte Körpersprache abhebt, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Reduktion der Körpersprache auf die reine Funktion der Signalgebung unzulässig ist.
Die Frage ist meines Erachtens vielmehr, ob ein Tier mehr als Automat oder aber als Individuum wie Sie und ich angesehen werden soll, ob es einfach nur Besitz und Eigentum ist und deshalb nach Belieben damit verfahren werden kann, oder ob es als Geschöpf prinzipiell denselben Stellenwert hat wie jeder beliebige Mensch, wie Sie und ich.
Für den vor 50 Jahren florierenden » Behaviorismus war das keine Frage. Ein Tier wurde grundsätzlich als Black Box angesehen, über dessen Innenleben man keine Aussagen machen könne. Lediglich das äußere Verhalten könne man beobachten und beeinflussen. Kann man daraus aber schließen, dass im Inneren dieser Box nichts passiert? Auch in Menschen kann man schließlich nicht hineinsehen, aber würden wir so weit gehen, überhaupt keine Aussage über deren Innenleben machen zu können?
| Die philosophische Theorie des Radikalen Konstruktivismus postuliert, dass die Menschen miteinander agieren, als sei das jeweilige Gegenüber eine Black Box, da man deren Innenleben nicht kenne und nur von den nach außen abgegebenen Signalen auf das Innenleben rückschließen könne. » Black Box | | |
Aha! Auf den Kommunikationswissenschaftler, Psychologen, Soziologen und Philosophen » Paul Watzlawick als Vertreter des » Radikalen Konstruktivismus habe ich mich in dieser Reihe ein paarmal bezogen, um das Geheimnis von Neuhauser zu erklären. Aber das geht mir zu weit. Gehen Sie denn davon aus, dass Ihr Gegenüber keine Gefühle hat, weil Sie die in der Regel nicht sehen können?
Natürlich nicht! Sie wissen, wie es in Ihnen selbst aussieht, und daher unterstellen Sie, dass alle anderen Menschen ähnliche Gefühle und Gedanken haben. Wenn Ihr Gegenüber keinerlei Gefühle erkennen lässt, obwohl er nach Ihrer eigenen Erfahrung Gefühle haben müsste, interpretieren Sie dieses Verhalten entsprechend als Pokerface, als Versuch, die Gefühle vor Ihnen zu verbergen.
Warum sollte das bei Tieren anders sein? Nur weil diese eine andere äußere Gestalt haben? Nur weil deren Gehirn etwas anders aussieht als unseres? Nur weil wir uns auf deren Mimik und Gestik nicht so gut verstehen? Nur weil wir von deren Verhalten nicht viel wissen?
In der letzten Woche habe ich darauf hingewiesen, wie man aus den verbalen Äußerungen von Hans-Jürgen Neuhauser auf der › DVD HJN-Reiten im Umgang mit schwierigen Hengsten zunächst rückschließen kann, wie dieser seine - ja, wie nenne ich das? - Klienten wahrnimmt und welche Gefühle er denen gegenüber hat. Diese machen sich ja nicht nur in den Worten selbst bemerkbar, sondern vor allen Dingen im Tonfall und im Gefühlsgehalt - wieder etwas, das die Wissenschaft (noch?) nicht messen kann.
Darüber hinaus hatte ich behauptet, dass sich seine Haltung nicht nur in seinen Worten und der dadurch übermittelten Stimmung ausdrückt, sondern infolgedessen auch in der Körperhaltung und Körpersprache, und beides zusammen wird von den Pferden anscheinend sehr genau verstanden. Wenn man Körpersprache lediglich als Folge von Bewegungsabläufen versteht, wie man sie etwa beim Tanz zu erlernen hat, so ist unmittelbar klar, dass die reinen Bewegungen als solche noch gar nichts aussagen. Es wird also bei Neuhauser sehr viel mehr kommuniziert als choreografisch festgehalten werden könnte. Und genau darauf kommt es an. Die Bewegungen selbst sind noch das Allerwenigste.
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