| | Gudrun Schultz-Mehl, 84: Halbe Parade vor Beginn einer Kurzkehrtwendung = Wendung um die Hinterhand aus der Bewegung | | | |
Klassische Ausbildung ... heisst richtige und natürliche Ausbildung von › Gudrun Schultz-Mehl
Zum Thema Ausbildung |
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16. Januar Hallo Nora, Das Dilemma mit dem Zirkelreiten im Trab wird sich inzwischen hoffentlich weitgehend erledigt haben. Vielleicht wird es nur noch Erinnerung sein und Du wirst Dich fragen, wie es überhaupt dazu kommen konnte. Du musst eben bei allen Schwierigkeiten nur die nötige Geduld behalten und darfst Dich vom Verhalten Deines Pferdes nicht provozieren lassen und darin eine Unart sehen, zumal die Ursache dafür vorläufig eher bei Dir selbst zu suchen sein wird, als bei Deinem Pferd. Denke immer daran, dass ihr beide Lernende ganz am Anfang seid, eine Konstellation, von der alle Fachleute und eigentlich auch ich sagen, dass sie nur äußerst selten zu einem guten Ende führen kann, es sei denn, der betreffende ‚junge' Reiter (wobei ‚jung' nichts mit dem Alter zu tun hat), dass der junge Reiter also möglichst viele jener Gene in sich vereint, die einen guten Reiter ausmachen. Es gibt immer wieder solche Naturtalente, die aber, wenn man sie fragt, fast nie erklären können, wie sie ihr Pferd dazu bringen, das zu tun, was ihre Reiter wollen. - Ich bin gespannt, ob meine Ratschläge nützlich waren, ruf' mich also bald an. Einen Trost möchte ich Dir geben: denke bei allen Schwierigkeiten, die Du jetzt und in Zukunft mit Deinem Pferd haben wirst immer daran, dass auch ich und selbst ein Olympiasieger Dressur einmal ‚junge', unerfahrene und lernende Anfänger auf dem Pferd waren, die ihre Weisheiten auch nicht ‚mit Löffeln gefressen' haben, sondern gerade bei solchen Schwierigkeiten und durch solche Schwierigkeiten, wie Du sie gerade hattest, lernten und auch durch die Erfahrungen von älteren Reitern. Wenn ich mir meine reiterlichen Anfänge in Erinnerung hole, dann muss ich zugeben, dass ich durch meinen Vater und seine Pferde natürlich einen viel leichteren Start hatte als Du, denn wichtiger als der Lehrer auf zwei Beinen ist ein korrekt nach klassischen Grundsätzen ausgebildeter vierbeiniger Lehrer. Außerdem: mein Vater sagte mir nicht nur, ‚so und so musst Du das machen', sondern er erklärte mir auch ausführlich die Gründe, warum ich es so machen soll. Und die basierten ausnahmslos auf der klassischen Ausbildung. KLASSISCHE AUSBILDUNG HEISST RICHTIGE UND NATÜRLICHE AUSBILDUNG Vielleicht stolperst Du noch, wie viele andere Reiter, über das Wort ‚klassisch', das einen leicht antiquierten Beigeschmack hat. Aber dieses Wort sagt nichts anderes, als dass es auf jahrhunderte lange Erfahrungen hinweist, in denen sich Richtig und Falsch immer mehr herauskristallisieren konnte. Es gibt von der klassischen Reitweise abweichende andere Reitweisen, die aber zweckgebundener sind und weniger auf die körperliche und mentale Gesundheit des Pferdes Rücksicht nehmen. Sie haben sogar vieles, aber eben nicht alles mit der klassischen Reitweise gemeinsam. Leider muss zugegeben werden, dass auch bei einigen Reitern, die vermeintlich die klassische Reitweise praktizieren, nicht alles Gold ist, was glänzt. Das liegt aber nicht an der klassischen Reitweise an sich, sondern an denjenigen Reitern, die sie zu Pferde falsch interpretieren, sei es aus Nichtwissen, Unvermögen oder aus dominierendem Ehrgeiz und Rücksichtslosigkeit. Weil ich aber überzeugt bin, dass Du von Grund auf alles richtig lernen willst und weil auch Dein Pferd von Grund auf alles richtig lernen soll, gehen wir jetzt weiter im Programm.
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