Tia Nelson DVM ist eine Tierärztin und Hufschmiedin aus Montana und begrüßt zunächst den Vorstoß von Dr. Straßer, und zwar nicht nur hinsichtlich der Hufpflege, sondern bezüglich der ganzheitliche Betrachtungsweise. Dann stellt sie fest, daß das Interesse an ihren Methoden zweifellos begründet ist durch das Versagen der Hufschmiede und Tierärzte bezüglich der üblichen Lahmheiten und Leistungsprobleme.
Sie hält die Ausführungen hinsichtlich Haltung und Ernährung für wesentlich und betont, daß wir unseren Pferden keinen Gefallen tun, wenn wir sie in ihrer Bewegungsfreiheit behindern und einseitig und ohne Abwechslung ernähren. Sie behauptet, daß Pferde sehr wohl ohne Eisen leben können, hält aber zwei Faktoren für bedenkenswert: die Genetik und die Umwelt. Beide Faktoren wirken aufeinander ein. So sei die Qualität des Hufes durchaus durch die Genetik festgelegt, aber durch die Ernährung und die Umgebung, wozu sie auch die Hufpflege zählt, beeinflußbar.
Dann bestreitet sie die strikte Festlegung der Winkelung nach Dr. Straßer, nämlich 45 Grad am Vorderhuf und 55 Grad am Hinterhuf. Nach ihrer Beobachtung an wildlebenden Pferden verändert sich dieser Winkel je nach Jahreszeit und Benutzung, ist aber niemals kleiner als 53 Grad, wobei der Winkel am Vorderhuf und am Hinterhof häufig identisch sei. Gelegentlich sei der Winkel am Hinterhuf zwei Grad steiler, was von der Rasse abhänge, während die Farbe keine Rolle spiele.
Dr. Straßer bestehe auch darauf, daß die Pferde auf jeden Fall nach dem Beschnitt bewegt werden müßten, unabhängig von den Grad der Lahmheit. Nach ihrem Dafürhalten sei ein Beschnitt, der dem Pferd großes Unbehagen bereite, falsch. Schmerz signalisiere, daß etwas verkehrt sei. Zwar sei die Blutzirkulation wichtig, man könne aber durch forcierte Bewegung Unheil anrichten. Sie macht dann Vorschläge und bekräftigt ihre Aussage, sie könne sich keine Umstände vorstellen, unter denen die Zwangsbewegung vorteilhaft sei.
Sie könne der Behauptung Dr. Straßers nicht folgen, daß die Hufwände das Gewicht tragen müßten. Viele der von ihr beobachteten einheimischen Barfußpferde würden auf der Sohle und dem Strahl laufen und höchstens Gewicht auf den Trachten haben. Die Unterkante des Hufbeines sei nicht parallel, sondern in allen untersuchten Fällen leicht angehoben, und zwar um drei bis fünf Grad. Zusammenfassend stimmt sie den Überlegungen zur Umgebung des Pferdes zu, lehnt aber die konkreten Aussagen Dr. Straßers zum Huf selbst ab. Sie stimme ihr zu, was die Sorge um dieses edle Tier betreffe, widerspreche aber aufgrund eigener Beobachtungen ihrer Pflegelehre aufs heftigste (» Dr Tia Nelson's statement).
In der Präsentation der Abschlußerklärung wird Pete Ramey als Podiumsmitglied bezeichnet, obwohl er in der Ankündigung zunächst nicht aufgeführt wurde. Er wird als "Naturhufpfleger" bezeichnet. Ramey betont zunächst, daß er vielen Einzelheiten der "Methode Strasser" zustimmt. Insbesondere habe er täglich in der Behandlung von Hufrehe und Hufrollenentzündung mit ähnlichen Methoden Erfolg. Außerdem stimme er darin überein, daß Hufprobleme durch korrekte Beschnitt geheilt würden und Hufeisen der Heilung eher entgegenstünden.
Allerdings habe er herausgefunden, daß die Forderung von Dr. Straßer, alle Hufe in präzise Parameter zu fassen, eine schreckliche Idee sei. Die von ihr empfohlene Trachtenhöhe sei in Ordnung, wenn sie durch natürlichen Abrieb zustandekomme, aber als Anfangspunkt einer Hufbearbeitung selten geeignet. Der Beschnitt von Sohle und Eckstreben sei zu radikal und führe zu Fühligkeit und letzten Endes möglicherweise sogar zum Hufbeindurchbruch.
Er sei außerdem irritiert durch ihre Weigerung, die Außenwand zu beraspeln, um verbogenen Wänden entgegenzuwirken, und ihre Festlegung auf die Winkel von 45 und 55 Grad. Er habe mit mehreren ihrer Schüler gesprochen, die ihren Erfolg erheblich steigern konnten, indem sie ihre festen Vorgaben abänderten oder ignorierten, und fordere sie auf, die Starrheit ihrer Theorie aufzugeben und von ihren erfolgreichen Schülern zu lernen (» Pete Ramey, natural hoof trimmer).
Craig Trnka ist der Präsident des amerikanischen Schmiedeverbandes » American Farrier's Association. Er beklagt zunächst, daß eine solche Podiumsdiskussion immer den Unterton eines Streites habe, und das treffe auf die Frage, ob Hufeisen schädlich seien, ganz besonders zu. Was ihn am meisten beeindruckt habe, sei die Behauptung jedes der 75 Teilnehmer, einen Erfolg beobachtet zu haben.
Die Pferdebesitzer glaubten, ihr Pferd sei gesund. Die Tierärzte waren mit ihrer Arbeit zufrieden, die Hufpfleger glaubten, daß das Abnehmen der Eisen den Erfolg brachte, die Schmiede wiederum glaubten, daß Beschnitt und Beschlag den Pferden helfe. Die einzige Gemeinsamkeit sei, daß jeder dieser Berufsgruppen irgendwo Erfolge habe. Sein letzter Gedanke sei gewesen: niemand habe die Antworten für hundertprozentigen Erfolg und jeder tue deshalb gut daran, Ideen von außerhalb zu suchen. Man solle sich vor "immer" und "nie" hüten (» Craig Trnka's statement).
Zu den Tagungsergebnissen gehört auch ein Bericht über die Vermessung von Hufen, die Dr. Straßer vor Publikum bearbeitet hat. Sie hat dazu keine Raspel oder sonstiges Werkzeug benutzt, sondern lediglich ein Messer. Das zur Verfügung gestellte Pferd war bereits barfuß. Zur Überraschung der meisten Teilnehmer waren ihre Eingriffe nicht radikal. Am nächsten Tag setzte der Kanadier und Straßer-Schüler Todd Merrell ihre Arbeit fort.
Der Moderator befragte anschließend die Teilnehmer, ob Sie diesen Schnitt für weniger radikal hielten als sie erwartet hatten. Fünf von sechs antworteten ja. Dann fragte er, ob sie meinten, daß das auf die Öffentlichkeit zurückzuführen sei. Alle stimmten dieser Frage zu. Dr. Straßer erklärte hingegen, daß die untergeschobenen Trachten einen tieferen Schnitt nicht zugelassen hätten.
|