Einen alten ausgedienten schwarzen runden Futtereimer, der nun nicht mehr zum Austeilen von eingeweichten Graskops, sondern seit geraumer Zeit zum Einsammeln von z. B. Steinen dient, plaziere ich mitunter an beliebiger Stelle auf dem Stallgelände. Eddy findet diesen Eimer immer, wohl weil er sonst nicht an dieser Stelle steht und weil er dessen Form sehr gut kennt. Ein kurzer Blick in diesen alten Eimer, ein enttäuschtes Schnüffeln � und Eddy hat das Interesse an dieser "Form" wieder verloren. Die beiden rechteckigen Eimer zum Aufbewahren der Putzsachen für die Naßreinigung und zum Zubereiten von Eddys "Breile" sind bis auf die Farbe identisch. Beim Anblick des blauen Eimers drückt Eddys Gesicht deutlich seine Abneigung gegen die bevorstehende Naßreinigung aus. Sieht er aber den roten Eimer mit Mash, ruft er sofort aus weiter Entfernung "Futter". Fazit: Eddy kann also deutlich zwischen den Farben blau und rot unterscheiden. Gelb scheint Eddys Lieblingsfarbe zu sein, zumal er die gelben Löwenzahnblühten unheimlich gern frißt. Wenn auf unserer Spielwiese einige solcher Blühten verteilt stehen, ist es Eddys erste Handlung, diese in gezieltem Zickzackkurs abzuernten, bevor er Gras frißt. Eine ähnliche Anziehungskraft wie diese Blühten haben auch achtlos weggeworfene gelbe Telefonkarten, gelbe Streichholzkärtchen � und immer wieder der gelbe Tennisball im Hof, den der Hund nach dem Spiel einfach irgendwo liegen läßt. Bei gelben Objekten ist es nicht die Form, sondern die Größe und insbesondere die Farbe, die im Nahbereich Eddys Aufmerksamkeit (und Gier nach Leckerbissen) erregen. Bei der Sicherheit, mit der Eddy gelbe Objekte erkennt, kann er nicht farbenblind sein. Die in den Grauwerten ähnliche Farben Blau und Rot der Rechteckeimer kann Eddy - wie bereits erwähnt - gut unterscheiden. Lediglich die Farbtöne Orange und Hellgrün scheint er kaum auseinander halten zu können. So hat Eddy augenscheinlich Probleme, Karottenstücke zu erkennen, die in grünlichem Heu liegen � nur wenn ich ihn mit den Augen oder dem Finger hinführe, findet er sie. Bei andersfarbigem Untergrund spürt er Karotten sofort zielgerichtet auf, selbst wenn sie teilweise in den Sägespänen eingesunken und so weitgehend abgedeckt sind. Bei Farbtönungen Rot und Grün ist Eddy farbenblind ähnlich den Menschen, die Erdbeeren kaum im Strauch sehen und schon gar nicht den Reifegrad der Früchte erkennen können. Im Nahbereich helfen offenbar Farbeindrücke und Geruchsstoffe, die gewünschte Nahrung zu finden. Die rein optische Wahrnehmung kann es meines Erachtens nicht sein, sonst würde Eddy die auch sehr beliebten Löwenzahnblätter im Umfeld von Unkraut sicher finden. Am Wegrand oder in flachem Gras erkennt Eddy die leckeren Blätter sofort � sie werden bevorzugt "abgeerntet". Wenn ich im hohen Gras oder inmitten von Unkraut Löwenzahn entdecke und Eddy verbal darauf hinweise, antwortet er meist durch suchenden Blick mit der Frage "Wo?", ganz so, als ob er die Blattform von der gleichfarbigen Umgebung im Nahbereich nicht unterscheiden kann. Und wenn der Löwenzahn wirklich etwas versteckt wächst, will Eddy den Beweis für meine Behauptung sehen (und fressen): Er wartet darauf, daß ich die Blätter pflücke und ihm mundgerecht serviere! Was ich hier als Indiz dafür verwende, daß Eddy im Nahbereich anscheinend keine optischen Details erfassen kann, mag auch ein Beleg dafür sein, wie ich jene Zeit mit Eddy verbringe, wenn wir mal nicht arbeiten. In dieser Zeit versuche ich, seine Wünsche, seine Gefühle und seine Bedürfnisse zu verstehen. Um eine gute Beziehung zu einem Pferd auf- und auszubauen, reicht es wahrscheinlich nicht, nur in der Nähe des Pferdes zu sein oder es im Schlepptau durch die Gegend zu ziehen.
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