Maurits Cornelis Escher, Niederlande Bildgalerie, Ausschnitt Lithographie, 1956, Maße unbekannt, » Print Gallery
Unzweifelhaft handelt es sich aufnebenstehendem Ausschnitt um das Bild eines Reiters auf einem Schimmel. Man sieht, daß die Abbildung stark vergrößert ist; der Ausschnitt ist im Buch etwa 2,5 cm breit.
Man erkennt noch ein zweites Bild; im Buch ist es schon so klein, daß man es gar nicht wahrnimmt. Wer Eschers Werk kennt, erkennt beide als Anspielungen auf sein eigenes Schaffen. Pferde und Reiter sind bei Escher zwar sehr selten anzutreffen, dann aber in einer typischen Weise, wie sie nur bei ihm vorkommt.
Bei diesem Ausschnitt sind natürlich die gebogenen Linien auffällig. Bilder sind normalerweise rechteckig, und sie sind rechteckig gerahmt. Das Bild des Reiters ist offensichtlich gekrümmt. Beim Reiter selbst merkt man es nicht so sehr, beim Rahmen fällt es schon auf, vor allen Dingen an der linken Kante.
Die Reproduktion der Lithographie habe ich im Buch "Der Zauberspiegel des M.C. Escher" gefunden, das ich bestimmt schon 10 oder 20 Jahre besitze. Vor 3 Jahren etwa habe ich einmal einen Blick hineingeworfen; ich wollte wissen, ob Escher auch Pferde behandelt hat. Ich wurde fündig, habe das Buch aber dann wieder beiseite gestellt. Heute soll es zu Ehren kommen.
Maurits Cornelis Escher, 1898-1972 [...] wurde am 17.6.1898 als jüngster Sohn des Hydraulik-Ingenieurs G. A. Escher in Leeuwarden geboren. Er starb am 27.3.1972 in Laren, Nord-Holland.
Nach eigenen Aussagen [...] ohne große mathematische Begabung, gelang es Escher dennoch in seinem künstlerischen Werk, einige abstrakte geometrische Ideen graphisch sehr ansprechend umzusetzen, so daß seine Bilder vor allen Dingen bei Mathematikern - jedoch keinesfalls nur bei diesen - überaus bekannt und beliebt sind.
Wie viele Grafiker vor ihm beschäftigte er sich mehrfach mit den Möglichkeiten der perspektivischen Darstellung, wobei er jedoch ganz eigene Lösungen fand. Dies hat Bruno Ernst ausführlich in der Analyse der Lithographien Treppenhaus und Oben und Unten in seinem Buch Der Zauberspiegel des M. C. Escher beschrieben. Das Thema der perspektivischen Darstellung hat Escher auch um einige sehr kunstvolle Darstellungen "unmöglicher Körper" bereichert, was u. a. durch den Tribar des Mathematikers Roger Penrose inspiriert wurde. Hierbei handelt es sich um die zweidimensionale Darstellung eines dreidimensional unmöglichen Gegenstandes, der aus drei Stäben gebildet wird, die ein räumliches "Dreieck" mit drei rechten Winkeln bilden. Penrose gab eine Zeichnung hiervon im Jahre 1958 in der Zeitschrift British Journal of Psychology (Band 49) an.
In einer ganzen Reihe von Werken hat Escher auch einzelne mathematische Objekte dargestellt, wie Spiralen, Knoten, Möbiusbänder und regelmäßige Körper. Dieses letzte Thema wurde wahrscheinlich durch die Arbeit seines Bruders B. G. Escher, einem Professor für Geologie an der Universität Leiden, stimuliert.
Das zentrale (mathematische) Thema in Eschers Gesamtwerk ist aber die "regelmäßige Flächenaufteilung", über die er auch ein eigenes Buch verfaßt hat. Es war wiederum sein Bruder, der ihm "das Tor zu einem mathematischen Garten" öffnete, als er ihn mit den Arbeiten der Mathematiker George Polya Über die Analogie der Kristallsymmetrie in der Ebene und F. Haag Die regelmässigen Planteilungen und Punktsysteme bekannt machte. (» Escher, Maurits Cornelis)
Kommentar · 20.06.2004 Von › Werner Popken
Beim Ausschnitt oben habe ich etwas gemogelt: ich habe das Bild um 31 Grad nach links gedreht. Dadurch erscheint die untere Kante des Rahmens "richtig" und die Irritation ist infolgedessen nicht ganz so stark.
Der Ausschnitt ist in Bezug auf das Bild unerheblich - man nimmt es zunächst überhaupt nicht wahr. Gewissermaßen habe ich diese unscheinbare Einzelheit zum Vorwand genommen, um im Rahmen dieser Reihe über Escher sprechen zu können.
Das gesamte Bild ist auf den ersten Blick verwirrend. Am besten liest man es wie folgt: unten rechts ist der Eingang zur Bildgalerie. An der Wand hängen Bilder, vor der Wand erkennt man eine pultartige Vorrichtung, auf der ebenfalls Bilder ausgestellt werden.
Gleich links neben dem Eingang sieht man einen Mann, der mit auf dem Rücken verschränkten Händen Bilder auf dem Pult betrachtet - bei der Abbildung links schon ziemlich klein. Weiter nach links hin wird der Blick größer, so daß der Kopf des Mannes am Rande schon etwas über der Mittellinie des Bildes ist.
Nun erscheint bekanntlich jemand, der weiter weg ist, kleiner. Die Dimensionsverschiebung innerhalb dieses Blattes erscheint aber unangemessen - es deutet sich schon an, daß es hier nicht mit rechten Dingen zugeht. Der linke Mann betrachtet ebenfalls ein Bild, und zwar eines in der oberen Reihe.
Man erkennt im Vordergrund einen Frachter, im Hintergrund Häuser am Wasser. Wenn man nun die Reihe der Häuser entlanggeht, kommt man zu der Frau, die im Fenster liegt. Diese Frau schaut auf ein Vordach, unter dem sich der Eingang der Galerie befindet - Donnerwetter! Wir haben also ein Bild vorliegen, welches ein Bild präsentiert, das vorgibt, das Bild zu sein.
Oder anders gesagt: Das Bild schildert, wie der junge Mann links als Betrachter in einer Galerie feststellt, daß er selbst Teil des Bildes ist. Ist der junge Mann also real? Natürlich nicht - es handelt sich ja um ein Bild. Da ein Bild aber vorgibt, etwas zu sein, ergibt sich diese Paradoxie. Das Zeichnen spiegelt eine Wirklichkeit vor, die es gar nicht gibt.
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