Maurits Cornelis Escher, Niederlande Reiter, Ausschnitt Holzschnitt, 1946, Maße unbekannt (Der Zauberspiegel des M.C. Escher, Seite 100)
Im letzten Galeriebeitrag ( Bildgalerie) habe ich den Reiter gebracht, der die Fläche ausfüllt - oder genauer gesagt, eine Flächenaufteilung von Escher gezeigt, die aus eben diesem Reiter gebildet wurde, der zusammen mit seinem Spiegelbild die Fläche vollständig ausfüllt. Ich hatte dabei schon diesen Holzschnitt im Sinn, der noch etwas mehr zeigt als die Flächenpflasterung, wie man an diesem Ausschnitt bereits erkennen kann.
Eine Fläche wird im Prinzip als unendlich gedacht. Durch Verschiebung der hellen und dunklen Reiter entlang einer waagerechten Achse kann man die gesamte Figur immer wieder zur Deckung bringen. Beide Reiter können ebenfalls zur Deckung gebracht werden, allerdings ist der Mechanismus etwas komplexer. Man muß einen Reiter nämlich zunächst an einer Senkrechten zur Gleitachse spiegeln und die entstandene Figur dann noch einmal entlang dieser Senkrechten verschieben, um die Deckung zu erreichen. Wenn dabei auch noch die Farbe sich ändert, haben wir wieder eine vollständige Deckung. Das geht natürlich auch mit dem gesamten Flächenmuster, nicht nur mit einer einzelnen Figur.
Bei diesem Bild wird die Fläche jedoch nicht vollständig bedeckt - oben und unten ist einfach nur Hintergrund sichtbar. Außerdem setzt sich die Reihe der Reiter nur ganz oben und ganz unten fort; die beiden Reihen in der Mitte bestehen aus jeweils nur zwei Reitern. Die ganze Sache ist hier also offenbar anders gelagert.
Maurits Cornelis Escher, 1898-1972 [...] wurde am 17.6.1898 als jüngster Sohn des Hydraulik-Ingenieurs G. A. Escher in Leeuwarden geboren. Er starb am 27.3.1972 in Laren, Nord-Holland.
Nach eigenen Aussagen [...] ohne große mathematische Begabung, gelang es Escher dennoch in seinem künstlerischen Werk, einige abstrakte geometrische Ideen graphisch sehr ansprechend umzusetzen, so daß seine Bilder vor allen Dingen bei Mathematikern - jedoch keinesfalls nur bei diesen - überaus bekannt und beliebt sind.
Wie viele Grafiker vor ihm beschäftigte er sich mehrfach mit den Möglichkeiten der perspektivischen Darstellung, wobei er jedoch ganz eigene Lösungen fand. Dies hat Bruno Ernst ausführlich in der Analyse der Lithographien Treppenhaus und Oben und Unten in seinem Buch Der Zauberspiegel des M. C. Escher beschrieben. Das Thema der perspektivischen Darstellung hat Escher auch um einige sehr kunstvolle Darstellungen "unmöglicher Körper" bereichert, was u. a. durch den Tribar des Mathematikers Roger Penrose inspiriert wurde. Hierbei handelt es sich um die zweidimensionale Darstellung eines dreidimensional unmöglichen Gegenstandes, der aus drei Stäben gebildet wird, die ein räumliches "Dreieck" mit drei rechten Winkeln bilden. Penrose gab eine Zeichnung hiervon im Jahre 1958 in der Zeitschrift British Journal of Psychology (Band 49) an.
In einer ganzen Reihe von Werken hat Escher auch einzelne mathematische Objekte dargestellt, wie Spiralen, Knoten, Möbiusbänder und regelmäßige Körper. Dieses letzte Thema wurde wahrscheinlich durch die Arbeit seines Bruders B. G. Escher, einem Professor für Geologie an der Universität Leiden, stimuliert.
Das zentrale (mathematische) Thema in Eschers Gesamtwerk ist aber die "regelmäßige Flächenaufteilung", über die er auch ein eigenes Buch verfaßt hat. Es war wiederum sein Bruder, der ihm "das Tor zu einem mathematischen Garten" öffnete, als er ihn mit den Arbeiten der Mathematiker George Polya Über die Analogie der Kristallsymmetrie in der Ebene und F. Haag Die regelmässigen Planteilungen und Punktsysteme bekannt machte. (» Escher, Maurits Cornelis)
Kommentar · 04.07.2004 Von Werner Popken
Das Problem der vollständigen Bedeckung der Fläche interessiert die Mathematiker. Wie viele verschiedene Methoden gibt es, eine Fläche vollständig zu Bedeckung? Diese Frage ist eine mathematische Frage und kann mit mathematischen Mitteln beantwortet werden.
Escher war anscheinend kein Mathematiker, obwohl er sich mit Problemen beschäftigt hat, die sonst nur Mathematiker interessieren. Er hat intuitiv sämtliche Möglichkeiten der Flächenbedeckung entdeckt, war aber an der grundsätzlichen Antwort gar nicht interessiert. Ihn interessierten die konkreten Ausformungen, in diesem Falle also der Reiter und sein Schatten.
Die maurischen Künstler hatten mit ihren abstrakten Formen die mathematische Frage ebenfalls indirekt beantwortet. Die Mathematiker wiederum interessieren sich nicht für die konkreten Formen. Ob die Fläche nun mit abstrakten Mustern, wie bei den Mauren in Spanien, die Escher angeregt hatten, oder mit mehr oder weniger stilisierten Figuren, die eine inhaltliche Bedeutung haben, bedeckt wurde, ist für die Mathematiker vollständig ohne Belang. Die interessieren sich nur für das Prinzip dahinter und wollen den Sachverhalt kennen sowie den dazugehörigen Beweis.
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