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Galeriebeitrag Ausgabe 237.08 · Zeitgeist
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Blick auf das Gebäude · © 2008  
Blick auf das Gebäude
Anklänge an griechische Kunst · © 2008  
Anklänge an griechische Kunst
Scherz am großen Zeh · © 2008  
Scherz am großen Zeh
Sie haben es natürlich längst bemerkt: Ich mag die Stabilbaukasten-Fantasien nicht. Daher habe ich mir noch nicht einmal die Mühe gemacht, herauszufinden, wer das Ding wann zusammengenietet hat. Irgendwie stach es mir aber doch ins Auge, so daß ich es mit ins Bild brachte. Jetzt dient es mir als willkommene Hintergrundfolie für die These über die Zeitbedingtheit der Kunst.

So etwas wäre 1908 nicht möglich gewesen. Weder hätte ein Bildhauer sich diese Übung ausdenken wollen, noch können, noch hätte sich ein Publikum dafür gefunden. Ich nehme an, daß der Staubfänger in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts entstanden ist, vielleicht auch ein bißchen später. So etwas fand man einmal schick. Ich bin überzeugt, man wird noch eine Weile hohe Preise für diese Stilrichtung auf dem Kunstmarkt erzielen können.

Jede Zeit bringt ihre eigene Kunst hervor. Zum einen ist das unvermeidlich, weil es sehr schwer ist, einfach nur zu tradieren. Picasso sagte einmal sinngemäß: "Was ist denn eigentlich ein Maler? Ein Maler ist ein Sammler, der sich die Kunst nicht leisten kann. Daher versucht er, sich die Bilder, die er gerne kaufen würde, selbst zu malen. Und unversehens wird etwas Neues daraus."

Er hat natürlich sich selbst gemeint. Bei Picasso ist dieser Zug unübersehbar. In seiner Jugend hat er gemalt wie Steinlen und Toulouse-Lautrec, später hatte er Cezanne, El Greco, Matisse, Rembrandt, Velásquez, Goya, Manet, Lucas Cranach, die alten Ägypter, die Afrikaner, die Kreter und viele andere beklaut, sich anverwandelt, beehrt. Und immer wurden Picassos daraus. Die Welt hat gelernt, hinter allen diesen Verwandlungen den einen Picasso zu erkennen.

Die Welt erkennt aber nicht nur Picassos, sondern alle möglichen Formen in ihren Eigenarten und ihrer Zeitgebundenheit. Ich wüßte nicht, daß jemand schon einmal den Versuch gemacht hätte, diese unglaubliche Fähigkeit des menschlichen Auges und Geistes zu analysieren, auf eine Formel zu bringen, sie einer Maschine beizubringen.

Wir sehen, daß ein bestimmtes Pferd nur zu einer bestimmten Zeit so hat gestaltet werden können. Die Künstler selbst, so verschieden sie sind, sind also unvermeidlich Kinder ihrer Zeit und arbeiten in ihrem eigenen und zugleich im Zeitstil. Diese Tatsache ist ganz unübersehbar und wieder vollkommen unerklärlich. Wie macht der Künstler das? Er weiß es nicht. Er kann es nicht verhindern. Er kann nicht aus seiner Haut und aus seiner Zeit herausspringen.

Und was können wir am Reiter von Hermann Hahn erkennen, wenn wir genau hinschauen und über genügend Erfahrung verfügen? Das Pferd ist griechisch. Dieses Pferd ist nicht nach einem lebenden Modell gearbeitet, es entspricht weder im Typus noch als Individuum einem Pferd seiner Zeit, wie immer die Pferde zu seiner Zeit ausgesehen haben mögen.

Das Pferd ist ganz offensichtlich stilisiert. Es soll nicht "ein" Pferd darstellen, sondern "das" Pferd. Das Modell für diese Art Pferd hat Hermann Hahn in den Reliefs der griechischen Klassik gefunden. Diese Pferde waren erheblich kleiner, was man an den Proportionen im Vergleich zum Menschen bemerkt. Er hat sich also erlaubt, das Pferd zu vergrößern, damit es den Vorstellungen seiner Zeit besser entspricht.





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