Leserbrief › 2060 zu Ausgabe › 522 16.07.09
Zu den Leserbriefen
Lieber Dr. Popken,
vielen Dank für die einigermaßen aufklärenden Beiträge zu den Birmann-Methoden. Jede gut gemeinte Sache hat auch ihr Gutes, sollte aber andere gut gemeinten Sachen auch nicht schlecht machen.
Mich stört vor allem die Doppelmoral so vieler Besserwisser und Bessermacher, mit der sie, um nur ein Beispiel zu nennen ungerührt und mit kannibaleschem Genuss Tiere essen. Denken sie auch daran, wie viele Kälber und wie viele Ferkel nie die Freiheit kannten oder die Sonne sahen? Solange ich das tue, habe ich kein Recht, mich als Fürsprecher und Beschützer von Tieren aufzuspielen, egal in welcher Hinsicht und für welche Tierart.
Dass Menschen, in diesem Fall Pferdeverrückte und Reiter, zu denen auch ich gehöre, immer versuchen werden, einen noch steinigeren Stein des Weisen zu finden, liegt in der Natur des Menschen und ist anerkennenswert. Ohne sie gäbe es nicht hin und wieder doch noch einen Fortschritt. Mich stört nur, wenn sie dabei die Leistungen und Erkenntnisse Früherer missachten oder gar eine eigene Wertung des Anderen für sich in Anspruch nehmen. Es ist nicht die überlieferte und nur deshalb "klassisch" genannte Reitweisen, die sie ziemlich gedankenlos in Frage stellen, sondern es sind die Vielen, die diese Reitweisen in negativen Auswirkungen missbrauchen oder ihr leistungsmäßig nicht gerecht werden, weil sie den erheblichen zeitlichen und geistigen Einsatz dazu nicht leisten wollen oder können. Es ist nicht die Methode der klassischen Reiterei, die für mich weit vor allen anderen Methoden an der Spitze steht, sondern es sind die, die sie missbrauchen oder ihr nicht gewachsen sind oder sie zu mühsam finden, deshalb aufgeben und sich fragwürdige Auswege suchen.
Ich finde das Reiten nur mit einem Halsriemen und ohne den steifen Sattel nicht nur interessant, sondern kann verstehen (um das schreckliche Wort "nachvollziehen" zu vermeiden), dass man in dieser Art, auf dem Rücken eines Pferdes in die Weite zu galoppieren, als Reiter den Himmel auf Erden empfinden muss.
Diese Reitweisen kann und darf aber niemals für das Heer von so genannten "Auch"reitern gelten, Leuten, denen an einer ernsthaften Ausbildung auf und mit dem Pferd nicht gelegen ist oder die dabei scheiterten, denen man aber mit dieser anderen Reitweise einen Freibrief gibt, sich mit einem gewissen Potential an Gefährlichkeit in der freien Landschaft zu bewegen. Noch soviel Ausbildung und noch so viel Können auf ungesatteltem und vor allem weitgehend führungsfreiem Pferd können diese Gefährlichkeit nicht mindern. Soweit diese Reitweise auf umfriedetem Terrain stattfindet, ist es jedermanns eigene Sache, sie zu praktizieren, ob mit oder ohne Helm. Aber über die Grenzen, diese Reitweise zu praktizieren, habe ich in den Berichten nichts gelesen, dazu müsste man erst Näheres wissen.
Ehrlich gesagt sind mir auch die begleitenden seelischen Befindlichkeiten bezüglich der Kommunikation zwischen Pferd und Reiter etwas suspekt, da wird mir zu viel in das Pferd hineingeheimnist, zugleich aber auf der anderen Seite betont, das Pferd Pferd sein zu lassen. Also lassen wir das Pferd doch Pferd bleiben, zwar als Freund eines Menschen, aber nicht als Seelengefährten, der mit seinem Reiter eins wird, auch wenn diese Metapher immer wieder herhalten muss. Das Pferd hat weniger Interesse an uns, als wir an ihm. Es würde seine Freiheit in einer Herde immer dem Menschen vorziehen. Wenn es sich zuweilen eng an einen Menschen anschließt dann doch nur, weil es diese andere Freiheit nicht haben darf, als kümmerlichen Ersatz dafür.
Was die Kritik von Frau Birmann an meinem sattellosen Reiten (› Reiten auf blankem Pferderücken) betrifft (› Leserbrief 2040): Sie hat wohl nicht genau hingeschaut: ich sitze - 60jährig - auf blankem! Pferdrücken, der recht glatt ist, und auf einem stark überbauten, jungen Pferd. Ich zeige eine Phase, bei der ich einen Fehler mit der Hand mache und den auch bewusst bekenne, um auf die Folge aufmerksam zu machen.
Der blanke Pferderücken fordert von mir eine starke Balance. Ein Klammern mit den Beinen würde die Balance verhindern und den Reiter recht schnell auf die Erde befördern, ebenso auch die anderen "Sattellosen", denen B. Volk das Klammern vorwirft (› Leserbrief 2026).
Frau Birmann und ihre Reiter sitzen auf, wie ich sehe sehr dick gepolsterter Unterlage (mit Sicherheits-Halteriemen?), auf der man nicht ins Rutschen kommt - das ist doch ein erheblicher Unterschied zu meinem rutschigen, sattellosen Reiten! Und vor allem: ich betone in meinem Artikel, dass das sattellose Reiten seine Grenzen hat!
Weiterhin rügt Frau Birmann meine angehobene Fußspitze. Wenn ich aber mit der Wade treiben will (und nicht mit den Hacken oder anderweitig trommelnden oder kneifenden Schenkeln) dann muss ich momentweise dazu die Fußspitze anheben, damit sich der Wadenmuskel spannt. Mit hängendem Fuß ist der Wadenmuskel schlaff. Dies und vieles andere gehört zum Wissensschatz eines Reiters, der Teil seiner Natur auf dem Pferd wurde und über den er nicht mehr erst nachdenken muss, wenn der Fall dafür gegeben ist.
76 Jahre Reiterleben und zwei Jahre Voltigieren vorher - ich weiß, wovon ich rede.
Freundliche Grüße und nochmals danke, es ist immer wieder interessant, die fruchtlosen Versuche zu lesen, zu sehen und zu hören, die eine durch Jahrhunderte durchdachte Ausbildungsmethode in Frage stellen wollen. Aber nichts gegen die Art und Weise die Frau Birmann vorzieht, die in mehr Freude macht, solange sie nicht ohne genügende Sicherheit praktiziert wird.
G. Schultz
| MENSCH
Du eitler Mensch, oh glaubt doch nicht Du wärst der Erde Meister sei ganz gewiss: gäb's Dich nicht mehr lebt' sie in Frieden weiter
Du bist nicht Gottes Ebenbild mag man Dir das auch sagen wie stellst du, Mensch, denn Gott dir vor willst den Vergleich zu wagen?
Du bisschen Mensch, schau, was Du bist ein winzig kleines Teilchen im Sternenstaub des Weltenalls lebst Du ein winzig Weilchen
Es gibt so Vieles neben dir, die Berge, Blumen, Bäume, den Wind, die Sonne und das Meer, die Liebe und die Träume
Es gibt die Welt der Tiere hier in unserem Garten Eden Geschöpfe mit dem Recht, wie Du in Frieden hier zu leben
Doch manches arme Tier im Stall sah nie das Licht der Sonne, es dient dir, Mensch, zuletzt doch nur zu deines Gaumen Wonne
Mensch, suchst Du einen Sinn für dich, wie Du der Welt kannst nützen, dann denk' dran, dass Du helfen kannst die Erde zu beschützen
Auch Du bist Teil nur der Natur kannst sie nicht dirigieren, wenn Du sie nicht am Leben hältst, wirst Du's mit ihr verlieren
GS Jahreswende 2007/2008 | | |
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