Leserbrief › 2024 zu den Ausgaben › 497, › 498, › 499, › 500 01.11.08
Pferde und Heil
Lieber Gerd Hebrang:
Die Unmittelbarkeit ihres Gerührtseins (Stacey Westfall) erleben sie ja als ein "Evidenzerlebnis der Wahrheit" und es ist fast unmöglich diesen Anspruch "zurückzuhalten". Da lässt sich schlecht "diskutieren"... Den Schlag unter die Gürtellinie, den Frau Keppel spürt, teilt sie natürlich selbst auch aus. Notgedrungen. Sie kann gar nicht anders, als eben auch zu unterstellen ... "Lieber Werner, ich bin doch etwas verwundert ... ich muss mich wundern ... " Impliziert: "Bist Du denn von allen guten Geistern verlassen?" Letztlich psychologisierende Unterstellung sentimentaler Rührseligkeit ...
Was haben sie gesehen? Religiös gesprochen, ja wohl etwas "Heiles" ... Zumindest hat das Gesehene ein Fenster dorthin aufgemacht, hat die Dimension "des Heils" für sie konkret aufleuchten lassen ...
Heil? Nehmen sie nur Tom Dorrance's Buchtitel: "True Unity"! Warum impliziert das Zusammensein mit Pferden in letzter Konsequenz derart stark die religiöse Dimension? Warum ist sie da gleichsam mit eingeschlossen? Warum kommt sie da ganz konkret "zum Vorschein"?
Imke Spilker sieht eine "Eigendynamik entstehen, die weder einen Führer noch Geführte kennt". (Selbstbewusste Pferde, Seite 15) Und auch KFH reklamiert in seinem letzten Buch: "Führen und Geführtwerden vermischen sich zu einem gemeinsamen Erleben." (Wenn sich Pferde offenbaren, Seite 40) Und zieht daraus seine Gotteserfahrung und seinen eigenen, konkreten Gottesbeweis: "Ich wollte niemals einen Beweis für Wahrheit, ich glaubte immer ganz fest an ihre Existenz. Und dabei stiess ich mit Wucht auf jene Wesen, die den Beweis in sich tragen. Denn heute kann ich mit Fug und Recht und immer wieder behaupten: 'Gib mir ein Pferd und ich führe Dir vor Augen, dass Gott existiert.'" (KFH, ebenda Seite 29)
Starker Tobak ...!!! Was macht man mit solch einem Bekenntnis? (Oder mit Ihrem? Herzlichen Dank für ihren Bekenntnismut!!!) Es einfach "ausblenden"? Den Typ für "verrückt" erklären? Das ist doch Herausforderung pur!
Offenbar will die religiöse Dimension heute in den konkreten Phänomenen selbst (nicht nur im Kult, im traditionellen "Gottesdienst"), also in der realen Transzendenz der Phänomene selbst erfahren werden? Und möglicherweise drängt sie sich im Pferd geradezu auf? Positiv wie auch negativ (Video von der Dressurmisshandlung): Denn die empfundene "Abscheu", das "Entsetzen", der Schmerz und die Trauer über die gesehene Misshandlung spiegelt ja im Grunde auch nichts anderes, oder?
Möglicherweise kommt man an Hempfling (und dem, was er auf irgendeine Weise "verkörpert") doch nicht so leicht "vorbei"?
Herzlichst Norbert Balk
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