Leserbrief › 1976 zu den Ausgaben › 452, › 453, › 454, › 457 06.01.08
Leserbrief zu den Ausgaben 452-454 und 457: Hochleistungs-Barhufe / Hufpflege
Hallo Herr Popken,
erstmal von mir alle guten Wünsche für das neue Jahr! Schön, daß Sie das Hufethema wieder aufgegriffen haben - und noch viel schöner, daß das unsägliche Hufbeschlagsgesetz an die Wand gelaufen ist.
Ich habe eine Anmerkung zum Thema Dr. Strasser in Ausgabe 454: Den Eindruck "zu invasiv" habe ich und viele aus meinem Bekanntenkreis auch, was viel zum umstrittenen Ruf der Strasser-Methode beigetragen hat. Abgesehen von schwerkranken Pferden, die in ihrer Klinik behandelt werden müssen und nur durch die Roßkur im wahrsten Sinne des Wortes eine Chance haben, gibt es nur wenige Besitzer, die bei der Radikalmethode genug Rückgrat zum Durchhalten haben. Ich kenne gute ausgebildete Strasserleute, die den "Klinik-Schnitt" (also die Hufbearbeitung so intensiv wie laut Schule) im Stall ihrer Kunden nicht anwenden, weil die Rahmenbedingungen es nicht erlauben: Reitgelände mit fast ausschließlich Schotterwegen oder die Herde, die den zeitweise benachteiligten Stallgenossen während der Umstellung piesakt, ans Ende der Rangordnung "befördert" und ständig umherschickt. Umstellungen mit der "Soft-Variante" dauern dafür natürlich wesentlich länger.
Auch, so finde ich, muß man individuell auf's Pferd eingehen: Wenn ein recht wehleidiger Patient während eines therapeutisch notwendigen Huf-Umbaus nach einem Radikalschnitt gar nicht mehr laufen will, gibt es Frust bei Pferd und Besitzer und letzterer steigt aus der Barhuf-Umstellung ganz schnell wieder aus.
Aber hinsichtlich Hufwinkel und -form bzw. Trachtenhöhe halte ich der Strasser-Methode absolut die Stange. Ich bin bei meiner Stute AnpoWie immer wieder dahin zurückgekommen, weil alle Variationen in Sackgassen gelaufen sind. Gerade das beliebte "Trachten-lang-und-steil-stellen" ist nach meiner Erfahrung pures Gift.
Was den meisten Pferdebesitzern leider fehlt, ist Geduld: Hufe brauchen die aber, bis sie trainiert sind und die Hornwände das erste Mal mit Belastung komplett durchgewachsen sind. Im Herbst 2006 habe ich meine AnpoWie barfuß gekauft und konnte sie damals gerade 20 Minuten ohne Zimpern draußen reiten. Ich mußte nicht viel Grundsätzliches an den Hufen korrigieren, aber abwarten, bis sie sich an die regelmäßige Belastung gewöhnt hatten. Im Sommer 2007 waren Tagesritte barfuß kein großes Problem mehr, Schuhe habe ich ihr im Verlauf des Jahres immer seltener angezogen. Mittlerweile läuft sie auch auf unseren harten Kieswegen und auf den aktuell hart gefrorenen Böden ständig barfuß.
Jetzt noch meine Gedanken zur aktuellen Ausgabe: Was Eddie Drabek über die Wölbung der Sohle meint, findet sich auch bei Strasser. Dazu kommt die Senke, die sich beim richtigen Boden und gesunden Mechanismus selbst bildet bzw. erhält. An der Sohle zu schneiden ist bei Korrektur von verschiedenen Zwängen unvermeidlich, das Fühlig-Gehen danach logischerweise auch. Wenn aber Form und Winkel am Ende der Korrektur hinreichend passen, erübrigt sich die Schnitzerei in der Sohle und das eigentliche Training der Hufe kann richtig beginnen. Eddie Drabek's Meinung zur Trachtenhöhe unterschreibe ich: Hohe Trachten bekomme ich z.B. durch das beliebte Intensiv-Raspeln der Zehe. Dann nutzt sich letztere schneller ab, der Huf wird steiler, das Hufbein drückt vorn von innen auf die abgenutzte Sohle und die Steine von außen. Dazwischen wird die Huflederhaut gequetscht und das tut weh. Hinten schieben sich die zu langen Trachten unter und drücken dort auf die Sohle. Spätestens dann geht es fühlig, das arme Pferd - aber leider nicht wegen dem Nebeneffekt einer sinnvollen Korrektur. Wie beim oben Genannten ist in diesen Fällen das Fühlig-Gehen auch nur übergangsweise - aber hier leider meistens deshalb, weil aus Unverstand Eisen aufgenagelt werden.
Zu Fred Rai: Wohnt er im Winter in Texas? Meine Familie und ich haben ihn und seine ständig nach Belohnung bettelnden Pferde letzten Sommer im Freizeitpark Western-City in 86453 Dasing gesehen, wo er u.a. mit dem xxx.ten Spitzbub seine Shows aufführte. Mich hat da auch extrem gewundert, wie die Eisen auf Hufen mit - wie es mir schien - typischen Beschlag-Schäden zur so sanften Rai-Gesamtlehre passen kann.
Zum Schluß nochmal vielen Dank für Ihre Arbeit mit der Pferdezeitung über all die Jahre!
Herzliche Grüße
Stefan HölzlLieber Herr Hölzl, herzlichen Dank für Ihren sehr interessanten Leserbrief! Auch Ihnen alles Gute für das nächste Jahr! Sie haben recht: In einem seiner Bücher hat Fred Rai geschildert, daß er den Winter in Texas verbringt. Dort hat er eine riesige Ranch erworben, auf deren Gebiet die Geisterstadt Tombstone liegt. Vielleicht ist er dort auf die Idee zu seiner Western City gekommen. Die Ranch wird wohl nicht landwirtschaftlich betrieben, sondern dient allein dem Tourismus. Zu diesem Zweck hat Fred Rai ein eigenes Reisebüro gegründet. Die Gäste können natürlich geführte Ritte buchen und vielleicht wird er selbst auch als Führer mitreiten. Diese Antwort kommt so spät, weil wir über die Feiertage verreist sind und dort am ersten Weihnachtstag die Festplatte kaputtging. Glücklicherweise hatte ich zusätzlich mein Notebook dabei, so daß ich die Silvester-Ausgabe normal herausbringen konnte. Die letzten Tage habe ich damit verbracht, meinen Rechner wieder in einen Arbeitszustand zu versetzen. Aber jetzt bin ich wieder flott. Mit freundlichen Grüßen Gerd Hebrang
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