| | Löwenjagd, persische Miniatur: Rollkur antik | | | |
| | | Philipp II. (ΦΙΛΙΡ), König der Makedonier Nackt reiten, ordentlich am Zügel ziehen... | | | |
| Wie muss man die Tiere zugerichtet haben, dass die sich das gefallen ließen? Was müssten Sie tun, damit Ihr Pferd sich solch ein Marterinstrument, eine Stachelwalze oder scharfkantige Platten, ins Maul schieben lässt? Diese Frage erscheint rhetorisch und nicht ernst gemeint, aber ich fürchte, solche Praktiken sind heute keineswegs ausgestorben. Achten Sie einmal auf die Köpfe der Pferde, wenn Sie das nächste Mal einen Film aus der Mongolei oder von anderen sogenannten Reitervölkern sehen! Ich habe bisher ausschließlich äußerst groben Umgang mit den Pferden beobachten können. Die Bewegungen im Film sind meist viel zu schnell, um Zäumungen und Gebisse beurteilen zu können, aber bekannt ist, dass vielfach ähnlich schmerzhafte Hilfsmittel eingesetzt werden, beispielsweise Abschnitte gebrauchter Motorradketten (vor ein paar Jahren wurde hier in Deutschland zur Sammlung von gebrauchten Gebissen für Polen aufgerufen, weil die Pferde dort angeblich mit Motorradketten gezäumt werden). Soviel zur Romantisierung der Reitervölker, egal ob antik oder modern. Nun waren die Griechen, wie wir in der letzten Ausgabe gesehen haben, ja auch nicht die begnadeten Reiter, als die sie heute hingestellt werden. Aber wo man nicht viel weiß, kann man viel spekulieren.
| Außerdem saßen die Perser normalerweise auf Satteldecken, anscheinend sogar oft auf mehreren übereinandergelegten. Allein schon dadurch konnten sie bei weitem nicht den sicheren Sitz haben wie etwa die Griechen, die mit nacktem Gesäß auf dem blanken Pferderücken saßen, ja förmlich klebten. a.a.O., Seite 115 | | | Das macht die experimentelle Archäologie so interessant: Man versucht herauszufinden, wie die Leute das damals wohl gemacht haben, indem man sich auf die Technologien und Verfahrensweisen beschränkt, die nachweislich bekannt waren. So würde ich gerne einmal sehen, wie ein moderner Reiter mit nacktem Gesäß auf dem blanken Pferderücken klebt. Ob das wohl angenehm ist? Welche Schwielen muss ein Reiter am Hintern, an den Oberschenkeln und Unterschenkeln entwickeln, damit er nackt in die Schlacht reiten kann? Und was passiert mit seinen Geschlechtsteilen? Bekanntlich sind besonders die Hoden extrem empfindlich gegen Quetschungen. O je! » Alexander der Große, der sämtliche Völker der damaligen bekannten Welt überrannte und dafür groß genannt wird, erzielte seine Erfolge unter anderem mithilfe der Reiterei. Er war selbst ein guter Reiter und schien etwas von Pferden zu verstehen, indem er mit ihnen fühlte = dies legt jedenfalls die Überlieferung nahe, die freilich eine Legende sein mag. Der Name seines Pferdes » Bukephalos wird bis heute genannt, während andere Pferde, die in den alten Olympischen Spielen siegten, zwar auch gefeiert, besungen und von Malern und Bildhauern verewigt wurden, aber heute vergessen sind. Der Autor behauptet, das Pferd sei schon von seiner Abstammung her vorzüglich gewesen, wobei ich mich frage, wie er das beurteilen will, ob wir dies heute überhaupt noch feststellen können, oder ob einfach nur die Legenden und Propagandageschichten der Vergangenheit nach gebetet werden. Aber immerhin: Die Tatsache, dass der Züchter es dem König, Alexanders Vater, für ein horrendes Geld zum Kauf angeboten hat, ist anscheinend überliefert: 13 Talente Gold, was immer das bedeuten mag. Die Wikipedia hilft wieder einmal aus: Das entsprach dem Monatssold von 1500 Soldaten. Bei einem Minimum von derzeit € 1600 in der Bundeswehr ( » Bundesbesoldungsordnung A, » Das Gehalt - Der Wehrsold - Die Besoldung) wäre das 2,4 Millionen EUR! Kein Thema für » Paul Schockemöhle: Der zahlte neulich mindestens viermal soviel für ein Sportpferd (» Rekordpreis für Dressurpferd: Schockemöhle kauft Totilas).
| Plutarch schildert die Geschichte dieses Pferdekaufes. Der Rapphengst mit dem weißen Stern auf der Stirne (auf einigen Gemälden und Miniaturen ist er als Schimmel oder gar als fuchsfarbenes Einhorn mit Pfauenschwanz dargestellt) wurde Philipp II., dem König der Makedonier, vorgeführt. Verschiedene sehr erfahrene Reiter aus dem königlichen Stall versuchten den wilden Hengst zu bändigen und zu besteigen, jedoch ohne Erfolg. Als der König den Rappen als unbrauchbar wegzuführen befahl, rief sein Sohn Alexander, damals 12 Jahre alt: "Welch herrliches Tier geht hier verloren durch Unerfahrenheit!" Verärgert ließ Philipp den Jungen selbst dem Hengst gegenübertreten. Alexander sprach ruhig auf das Pferd ein, erfasste die Zügel und wendete das Tier der Sonne zu, denn er hatte bemerkt, dass es vor dem eigenen Schatten scheute. Danach schwang er sich auf den Rücken des Hengstes, galoppierte davon, trabte zurück und brachte ihn vor seinem Vater wieder zum Stehen. Der König soll daraufhin seinen Sohn in die Arme geschlossen und gesagt haben: "Suche dir das Königreich, das du verdienst, Makedonien ist zu klein für dich." a.a.O., Seite 116 | | | Natürlich klingt diese Geschichte viel zu schön, um wahr zu sein. » Astrid Lindgren hat sie entweder in ihre Geschichte um den Bauernjungen » Michel aus Lönneberga eingebaut oder aber neu erfunden: Dort nämlich gewinnt Michel auf einem Markt sein Pferd Lukas, das sich nicht beschlagen lassen will, weil er als einziger unter all den Experten erkennt, dass es an den Hufen kitzlig ist.
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