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Warmblüter und Vollblüter Reinzucht, Herdenverhalten, Fortpflanzung und die Würde der Schöpfung von › Werner Popken
Zum Thema › Geschichte |
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Über die Abstammung unsere Pferde wissen wir heute noch nicht sehr viel, aber immerhin doch so viel, dass von vier unterschiedlichen Typen von Ahnen gesprochen werden kann: Dem Urpony, dem Urkaltblüter, dem Urvollblüter und dem Urwarmblüter, wobei man sich das natürlich nicht so vorstellen darf, wie heutige Rassebegriffe das suggerieren.
Die heute noch lebenden urtümlichen Ponys beispielsweise unterscheiden sich ja beispielsweise sehr deutlich voneinander, und so wird es dann auch an verschiedenen Stellen in Europa unterschiedliche Kaltblüter gegeben haben und sehr unterschiedliche Pferde, die wir heute als Warmblüter ansprechen.
Lediglich bei den Vollblütern darf man wohl von einer engeren Bandbreite ausgehen, obwohl auch dort größere Unterschiede vorhanden gewesen sein dürften als wir uns das heute vorstellen. So ist beispielsweise der » Achal-Tekkiner ebenfalls ein Pferd der Wüste, wirkt aber deutlich anders als der » Vollblutaraber.
Die Achal-Tekkiner wirken selbst nicht ganz einheitlich und haben insbesondere über den in Russland geborenen Hengst Turcmainatti erheblichen Einfluss auf die europäische Warmblutzucht genommen: Dieser Hengst lieferte mit Trakehner Stuten alleine 16 Beschäler für die preußischen Gestüte.
1791 kam er ins heutige Brandenburgische » Haupt- und Landgestüt Neustadt/Dosse. Auch der für die englische Vollblutzucht wichtige Hengst » Byerley Turk war vermutlich ein Achal-Tekkiner; sein Name deutet auf die ältere Rassebezeichnung Turkmene hin.
Der Begriff des Vollblüters wiederum wurde erst durch die Anlage des Stutbuchs » Englisches Vollblut im Jahre 1793 geschaffen, wonach per Definitionem ein englisches Vollblut ist, dessen Eltern beide in diesem Stutbuch eingetragen sind (heute muss der Nachweis über acht Generationen geführt werden). Dieses Stutbuch wurde um 1800 geschlossen, d.h. Fremdblut darf nicht mehr eingeführt werden.
Im 19. Jahrhundert traten die arabischen Pferde, nicht zuletzt durch die Vorliebe » Napoleons für diese Rasse, und die von diesen abgeleiteten Englischen Vollblüter ihren Siegeszug um die Welt an, nicht zuletzt aus militärischen Gründen.
Insbesondere der König von Württemberg » Wilhelm I., seinerseits mit einem arabischen Pferd am Kriegszug Napoleons auf Moskau beteiligt, war verrückt auf arabische Pferde, gründete mit dem » Gestüt Weil, das zwischen den beiden Weltkriegen im Haupt- und Landgestüt » Marbach aufging, das erste Gestüt für arabische Pferde und machte sein Leibpferd » Bairactar unsterblich.
Mit Hilfe der englischen oder arabischen Vollblüter, die per Definitionem aus der arabischen Wüste stammen, wurden die europäischen Warmblutrassen zum modernen sportlichen Reitpferd veredelt, so dass man heute die einzelnen Rassen kaum noch voneinander unterscheiden kann.
Das war anscheinend schon 1983 so, als das Buch › König Pferd ursprünglich in der Schweiz erschien:
| Heute versteht man unter dem Begriff Warmblut aber auch einen ganz bestimmten Typ von Pferd, einen edel gezogenen, das heißt ziemlich bis sehr deutlich vom Englischen Vollblut beeinflussten Schlag, der den Anforderungen des modernen Reitsportes entspricht. Dieses Zuchtziel wird heute im größten Teil der Zuchten von Schweden bis Italien und von Spanien bis Rußland angestrebt, und so ist im Laufe der letzten Jahrzehnte ein Pferdeschlag entstanden, den man das Europäische Warmblut nennen könnte. Auch einem Fachmann ist es daher heute kaum oder nicht mehr möglich, etwa einen französischen Anglo-Normannen, ein Hessisches, Schwedisches oder Ungarisches Warmblut ohne weiteres voneinander zu unterscheiden.
a.a.O., Seite 38 | | |
Trotzdem widmen die Autoren immerhin sieben Spalten verschiedenen Warmblutrassen, über 40 insgesamt, vom schon erwähnten Achal-Tekkiner bis zum » Zweibrücker. Das Arabische Vollblut und das Englische Vollblut werden auf je einer Seite gewürdigt.
Die Ursprünge des Arabischen Vollblut verlieren sich in der Geschichte. Schon die Assyrer, die Perser und die Ägypter verfügten über feingliedrige, edle Pferde, die ursprünglich durch die natürlichen Bedingungen der wüstenartigen Steppen entstanden sind. Die heute geschätzten Vollblutaraber gehen auf Zuchtlinien zurück, die in der arabischen Halbinsel von Beduinen entwickelt wurden, deren Leben von den Eigenschaften ihrer Tiere stark abhing.
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