Es liest sich natürlich komisch, wenn spontan Gesprochenes im Nachhinein protokolliert wird. Trotzdem kann man aus diesen Worten viel entnehmen. Mehrfach habe ich schon darauf hingewiesen, dass Neuhauser - im Gegensatz etwa zu Monty Roberts - das Pferd respektiert. » Respekt heißt nicht, eine Wohlfühl-Kampagne zu fahren oder an der falschen Stelle nachzugeben. Am besten vergleichen wir es wieder mit dem entsprechenden Verhältnis zwischen Menschen. Respekt zollt man Leuten, die man achtet, sei es für ihre Leistung, sei es für ihre Stellung. Und derjenige, den man respektiert, muss seinen Respekt weder herauskehren noch verteidigen. Er nimmt diesen einfach entgegen. Der steht ihm zu, weil er sich diesen Respekt erworben hat. Das klingt aber ein bisschen missverständlich, denn einen Großteil des uns zustehenden Respekts haben wir uns nicht durch besondere Leistungen oder Taten erworben, sondern einfach durch unsere Existenz. Insofern steht eigentlich jedem Respekt zu. Das wundert uns doch im Grunde wenig, denn wir erwarten bei jeder Interaktion, bei jeder Kommunikation, dass man uns respektiert. Und wenn das nicht der Fall ist, sind wir gekränkt, und zwar zu Recht. Wenn dieser Zustand anhält und auf die Spitze getrieben wird, sprechen wir von Mobbing. | Mobbing oder Mobben (von englisch to mob "anpöbeln, angreifen, bedrängen, über jemanden herfallen" und mob "Meute, Gesindel, Pöbel, Bande") steht im engeren Sinn für "Psychoterror am Arbeitsplatz mit dem Ziel, Betroffene aus dem Betrieb hinauszuekeln." Im weiteren Sinn bedeutet Mobbing, andere Menschen ständig bzw. wiederholt und regelmäßig zu schikanieren, zu quälen und seelisch zu verletzen, beispielsweise in der Schule (Mobbing in der Schule), am Arbeitsplatz, im Sportverein, im Altersheim oder im Gefängnis, durchaus aber auch in der Familie. Typische Mobbinghandlungen sind die Verbreitung falscher Tatsachen, die Zuweisung sinnloser Arbeitsaufgaben, Gewaltandrohung, soziale Isolation oder ständige Kritik an der Arbeit. » Mobbing | | | Ein anderer Ausdruck, der dem Sinn des Respekts eng verwandt ist, ist der der » Würde. Sehr bekannt ist Art. 1 unseres Grundgesetzes: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Und die Würde des Tieres? In Wikipedia-Artikel über den Respekt findet sich folgendes Zitat: | "Der Mensch muß die eigene Würde der Geschöpfe und ihrer Rhythmen respektieren; er darf nicht beliebig schalten und walten." − Katholischer Erwachsenen-Katechismus a.a.O. | | | Wenn ich ein Pferd als Ding betrachte, mit dem ich beliebig verfahren kann, kann ich es dann mit Respekt behandeln und seine Würde wahren? Auch hier können wir wieder die Parallele zu uns Menschen ziehen: In Sklavenhaltergesellschaften werden einige Menschen als Dinge betrachtet, die man kaufen und verkaufen kann, und infolgedessen genießen sie auch keinen Respekt und haben keine Würde. Man kann mit ihnen machen, was man will. Solche Verhältnisse gibt es zwischen Menschen auch ohne Sklavenhaltung. Dann handelt es sich regelmäßig um Verhältnisse, die ungesund sind und eigentlich nicht toleriert werden können. Angefangen von Zwangsverhältnissen, etwa Zwangsprostitution oder Zwangsarbeiterschaft bis hin zur freiwilligen Unterwerfungen wie etwa der » Hörigkeit. Auch wenn die beteiligten Personen glauben machen wollen, dass diese Verhältnisse gewollt sind und im gegenseitigen Einverständnis gelebt werden, fällt es schwer, dies zu akzeptieren. Ich hatte in den vorigen Artikeln schon betont, dass Neuhauser sich in das Pferd hineinfühlt, mit ihm fühlt, und deshalb eine erstaunliche Kommunikationsfähigkeit mit dem Pferd aufbauen kann. Wenn Sie sich das auf den ersten Blick als reines Gestammel darstellende sprachliche Kommunikationsmaterial anschauen, werden Sie feststellen, dass sich der Respekt Neuhausers vor dem Pferd auch verbal darstellt. Er kommuniziert nicht nur durch Körpersprache, sondern auch mit Worten. Diese Worte kann das Pferd natürlich nicht verstehen, aber sie sind sicherlich für Neuhauser und auch für das Pferd bedeutsam. Um die Sache zu verdeutlichen, möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Stimmenimitatoren, also Leute, die, meistens als Kabarettisten, bekannte Personen stimmlich nachahmen, deren Körperhaltung einnehmen müssen, um den gewünschten Effekt erzielen zu können. Ich erinnere mich noch sehr gut an ein viele Jahre zurückliegendes Interview im Spiegel mit den Kabarettisten » Thomas Freitag, der » Franz Josef Strauß ganz wunderbar nachmachen konnte. Am Beispiel von Strauß, der ja auch eine sehr bemerkenswerte Statur hatte, machte er deutlich, dass er dessen Stiernacken und Haltung einnehmen müsse, um wirklich überzeugend wirken zu können. So verschränkten sich Körpersprache, Körperhaltung und verbale Ausdruckskraft. Wir wissen, dass Tiere unsere sprachlichen Äußerungen sehr wohl verstehen, obwohl sie uns vermutlich nicht so verstehen, wie wir einander verstehen. Mit anderen Worten: Vokabeln bedeuten für sie vermutlich relativ wenig, Stimmlage, Tonfall, Gefühlsgehalt dafür desto mehr. Man kann Tiere mit Worten nicht so leicht täuschen wie Menschen. Deshalb eignen sich Pferde so gut als Spiegel - sie nehmen das wahr, was der Mensch wirklich meint, nicht das, was er sagt.
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