|  | Junghengst Cillbarra Banaí |  |  |  |
| |  | Zuchtstute Cillbarra Bány |  |  |  |
| Soweit ich die Sache aufgrund der Veröffentlichung vom 16. April 2006 begriffen habe, geht es um folgendes: Die ICS war vom zuständigen Ministerium beauftragt worden, das Zuchtbuch zu führen. Nun gibt es eine Menge Pferde in Irland, die weder Vollblüter noch Connemaras noch Irish Draught sind. Die zuständige Zuchtleiterin entschied, daß alle diese Tiere als Irish Cob eingetragen werden können, unabhängig davon, ob sie dem Rassestandard der Tinker genügen.
Diese Praxis ist dem Ministerium bekanntgeworden. Der Minister hat den Zuchtverband in einem Schreiben vom 29. August 2005 beschuldigt, unautorisiert Papiere auszustellen. Die Zulassung sei am 15. Juli 2003 ausgelaufen. Seither seien unzulässigerweise Papiere ausgestellt worden, was eine strafbare Handlung darstelle. Die ICS hat am 13. April 2006 einen neuen Antrag auf Zulassung gestellt und gleichzeitig einen Rechtsanwalt damit beauftragt, sich der juristischen Probleme in Zusammenhang mit den beiden Schreiben anzunehmen.
Es geht wohl um die Interpretation einer Europäischen Richtlinie, die vorsieht, daß jeder Züchter das Recht haben muß, sein Pferd in einem zuständigen Verband registrieren zu lassen. Die ICS sah sich wohl dementsprechend in der Pflicht und infolgedessen im Recht. Durch diese Schwierigkeiten mußte der Verband jetzt mit ansehen, daß das Zuchtbuch in fremde Hände gelegt wurde (die ECHA-ESV gibt kein Datum an, aber auf einer holländischen Seite fand ich eine Bemerkung mit Bezug auf diesen Vorgang vom 15. April - » Irish Cob Society). Die ICS wehrt sich gegen diese Bevormundung und hält sie für widerrechtlich, da die ECHA-ESV für alle möglichen gescheckten Pferde zuständig ist, nicht nur für die Irish Cobs (» ICS NEWS).
Mir scheint dieser Vorgang ebenfalls ungeheuerlich zu sein. Man stelle sich vor, das niedersächsische Landwirtschaftsministerium helfe einem niedersächsischen Verein, der sich für europäisch erklärt, das Zuchtbuch der Haflinger, Friesen oder Camargue-Pferde zu führen, nur weil es in diesen Ländern vorübergehende inhaltliche und juristische Schwierigkeiten gibt. Die Franzosen, Holländer und Italiener würden sich schwer bedanken!
Aber hier geht es noch um mehr. Im Grunde werden die Pavees enteignet, denn es sind ihre Pferde, und sie müßten bestimmen, was mit diesen Pferden passiert und welche mit Fug und Recht als Tinker zu bezeichnen sind. Dabei gibt es allerdings grundsätzliche Schwierigkeiten: Man muß lesen und schreiben können, und vor allen Dingen muß man bei diesem modernen bürokratischen Wahnsinnsspiel mitspielen wollen. Wollen die das?
| Die Pedigrees werden in den Zuchtgebieten nicht niedergeschrieben, sondern wie früher mündlich weitergegeben. Es findet, trotz fehlendem Stutbuch und Zuchtverband, eine verantwortungsvolle und gewissenhafte Zucht statt. Die buntgescheckten Pferde stellten, genau wie ihre Besitzer, eine gesellschaftliche Randgruppe dar. Vor 400 Jahren besassen nur wenige Zigeuner ein Pferd, die meisten mussten sich mit Eseln begnügen. Diese trugen die Habe der Zigeuner in grossen Weidenkörben und über oftmals sehr grosse Entfernungen. Die Pferde, Ponys und Esel mussten dabei von dem leben, was links und rechts am Strassenrand gewachsen ist. Im Lauf der Zeit wurden die Travellers vor allem durch den Pferdehandel etwas wohlhabender. Sie erwarben sich erstklassige Kenntnisse in der Behandlung und Korrektur von kranken und verdorbenen Pferden. Diese Pferde und Ponys wurden preiswert erworben, wieder hergestellt und mit Gewinn weiterverkauft. Nach der industriellen Revolution, etwa um das Jahr 1880, begannen die Leute des fahrenden Volkes, ihre Esel gegen Planwagen und kräftigere Pferde einzutauschen. Doch noch immer waren sie darauf angewiesen alle Pferde zu verwenden, die aus welchen Gründen auch immer, nicht erwünscht waren. Darunter waren Rassepferde wie z. B. Hunter, Vollblut, Araber, Dales, Fell, Welch, Shire Horse und Clydesdales. Diese Pferde waren zum Teil absolute Spitzenpferde. Sie hatten jedoch alle den gleichen Makel: Aufgrund der zu grossen Abzeichen wurden diese Farbpferde nicht in das Stutbuch ihrer Rassen aufgenommen. Alle diese Pferde und Ponys landeten bei den Travellers, die diese Pferde ganz besonders liebten.
Die grosse Wende kam mit dem zweiten Weltkrieg. Damals entwickelten die Travellers und Zigeuner eine besondere Vorliebe für Tigerschecken, die allerdings sehr selten und schwer zu züchten waren. Man wandte sich aus diesem Grund vermehrt der Plattenscheckenzucht zu. Diese wurden schnell zu einem Wahrzeichen der Traveller- und Zigeunerkarawanen.
Es begann, sich eine besonders geregelte Zucht der Tinker zu entwickeln. Schecken mit gemischt weisser und dunkler Farbe waren sehr beliebt. Sie waren in der Dunkelheit am besten zu erkennen. In der Art und Musterung der Farben sind Tinker sehr individuell gezeichnet und deshalb leicht wiederzuerkennen. Dieses war ein nicht zu unterschätzender Vorteil für die Besitzer dieser Pferde, man darf nicht vergessen, dass Pferde nicht immer nur auf legale Weise den Besitzer wechselten. Es war damit sehr praktisch sein eigenes Pferd zweifelfrei zu identifizieren.
Auch Nichtzigeuner fanden die Cobs bald sehr attraktiv und es entwickelte sich ein lebhafter Handel und guter Absatz der Tinker bei den englischen und irischen Freizeitreitern. » Herkunft und Rasseentwicklung | | |
So. Es geht also ums Geschäft. Und wo es ums Geschäft geht, da hört der Spaß auf. In der Enteignung angeblich kulturell minderwertiger Völker sind die Europäer groß. Mit den Indianern wurde kurzer Prozeß gemacht, mit den Ureinwohnern Australiens, und natürlich auch mit Zigeunern und sonstigem Gesindel.
Wie sich Europäer und Amerikaner das Geschäft mit den Tinkern unter den Nagel zu reißen versuchen, möchte ich in der nächsten Woche untersuchen.
Quellen / Verweise
Fotos
© Caroline Neuenschwander
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