Im Namen des Volkes: Zum Huf Bundesverfassungsgericht stärkt Freiheit der Berufswahl von › Werner Popken Zu den Themen Bundesverfassungsgericht, Gesetzgebung, Hufpflege |
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Haben Sie es schon bemerkt? Das » Bundesverfassungsgericht hat gesprochen. Am 14. November 2007 wurde der Beschluß vom 3. Juli 2007 als Pressemitteilung verkündet: » Teile des neuen Hufbeschlaggesetzes nichtig. Zeitgleich wurde es im Wortlaut veröffentlicht; 19 Seiten lang: » Das Urteil im Wortlaut.
Die Klägergemeinschaft unter Führung der BESW, namentlich deren Verwaltungschef Dr. Alexander Wurthmann, hat gesiegt. In den entscheidenden Passagen ist das neue Hufbeschlagsgesetz für verfassungswidrig und daher nichtig erklärt worden. Der lange Kampf gegen das unsägliche Gesetz ist zu Ende. Wir können alle aufatmen. Der juristische Weg war der einzige, der zum Ziel führte. Sauber und durchschlagend.
Immer wieder hatte auch die Pferdezeitung das Thema aufgegriffen, so etwa in den Editorials › Hufbeschlag (Ausgabe 332 vom 07.08.2005) und › Gesetze (Ausgabe 403 vom 17.12.2006) sowie in der Artikelserie › Krieg der Weltanschauungen, › Fast alle unnötig getötet, › Wie kann man's besser machen? zum Thema Hufpflege (15.01., 05.02., 12.02.2006 ) von Stefan Hölzl.
Im Laufe des Jahres 2006 gingen die Wogen hoch, an Argumenten war kein Mangel, aber trotzdem hatte die Politik kein Einsehen. Die Sache war schließlich sogar so interessant, daß Journalisten sie mehrfach aufgriffen und dem gemeinen Zeitungsleser als Musterbeispiel korrupter Verhältnisse in unserer Republik präsentieren konnten:
| Pferdefuß
Web. Das kommt dabei heraus, wenn Lobbyisten ahnungslosen Bürokraten den Text in die Feder diktieren - ein Gesetz zur Beseitigung des Wettbewerbs. Denn mit dem neuen Hufbeschlagsgesetz der alten Regierung, das gerade den Bundestag passiert, entledigen sich die staatlich geprüften Schmiede der Konkurrenz durch Abgänger privater Schulen. Das Berufsverbot stützt sich auf zwei üble Annahmen: daß die Kunden zu dumm sind, gute von schlechten Dienstleistern am Huf zu unterscheiden, und daß jeder, der an den Füßen der Pferde raspelt, ein Tierquäler ist, auch wenn er das schon seit Jahren erfolgreich macht. Außer er ist ein staatlich geprüfter Schmied. Wo ist der Beweis, daß die Hufpfleger oder Huftechniker mehr pfuschen als die Schmiede? Die neuen Berufe sind entstanden, weil manche Pferdebesitzer moderne Materialien an den Füßen ihrer Tiere haben wollen, die viele Schmiede ablehnen. Wenn immer noch neun von zehn beschlagenen Pferden auf den alten Eisen herumlaufen, stellt das der Branche kein gutes Zeugnis aus. Und die soll jetzt Artenschutz erhalten. Daß es auch anders geht, zeigen jene Schmiede, die auf Tradition pfeifen und ihre Kunden weitgehend auf stoßdämpfenden Hufschutz umgestellt haben. Die Ausschüsse im Bundestag wollen das mißlungene Gesetz angeblich durchwinken. Wer möchte wetten, daß der Vorgang bei großen Themen anders abläuft?
» Frankfurter Allgemeine Zeitung, Dienstag, 27. Dezember 2005, Nr. 301 / Seite 11 | | |
Mit diesem Zitat aus einer Glosse der » Frankfurter Allgemeine Zeitung hat Stefan Hölzl seinen Artikel › Wie kann man's besser machen? aufgemacht - es spricht daraus ein großes Maß an Politikverdrossenheit, an grundsätzliche Mißtrauen gegenüber den parlamentarischen Mechanismen. Man hatte wieder einmal den Eindruck, Bürger von » Schilda zu sein. Um einer bestimmten Interessengruppe entgegenzukommen, düpierte man einen Großteil der Pferdebesitzer, desavouierte sämtliche neuen Berufe rund um den Pferdehuf und bedrohte die damit zusammenhängende Industrie neuartiger Hufschutzmittel. Nach dem Wohl der Pferde wurde weniger gefragt, obwohl gerade der Tierschutz das schlagende Argument der Befürworter war, zu denen auch die » FN gehörte.
Die Verbitterung bei den betroffenen Berufsgruppen und Pferdehaltern wuchs und führte zu deutlicher Wut und Ohnmachtsgefühlen. In letzter Minute starteten Anfang Februar 2006 einige Aktivisten einen Protestritt, der jedoch nicht zu einer Massendemonstration wurde und auch nicht sein Ziel Berlin erreichte (› Protestritt). Es schien, als hätte sich die Pferdewelt mit der Absurdität arrangiert.
Die Meinung, daß sich diese Vorstellungen in der Praxis nicht würden durchsetzen lassen, daß die Realität die Weltfremdheit des Gesetzes schon bald offenbaren würde, schien sich durchzusetzen. Man würde doch nicht Hunderttausende Pferdebesitzer kriminalisieren können, und wenn die neuen Berufsgruppen nicht mehr offen würden arbeiten können, dann vielleicht im Untergrund, auf der Basis der Nachbarschaftshilfe. So schlimm würde es vielleicht doch nicht kommen, die Wirklichkeit würde schon alles wieder zurechtziehen.
Der einzige Lichtblick war das beherzte Vorgehen der Gruppe um die » BESW, die zunächst ein Gutachten eines auch bei der Regierung gut bekannten Juristen einholen ließ, der darin schon die Schwachpunkte des Gesetzes und die erfolgversprechende Vorgehensweise skizzierte. Wenn Fachleute und Verwaltung, Parlament und Regierung nicht hören wollen, dann muß man die verfassungsmäßig verbrieften Anfechtungsmöglichkeiten ausschöpfen.
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