Bei Pferden befinden sich die Augen seitlich am Kopf. Diese Stellung der Augen gewährt ein weites horizontales Blickfeld von über 300 Grad, verwehrt dafür aber weitgehend ein binokulares Sehen wie beim Menschen. Wenn das Tier die Augen nach vorne richtet, dürfte dennoch eine gewisse Tiefenschärfe gegeben sein � zumindest kann ein Pferd mit nach vorne gerichtetem Blick Entfernungen relativ gut abschätzen, z. B. für den Sprung über ein Hindernis. Nach den Angaben in der Fachliteratur sind die Augenlinsen bei Equiden relativ unelastisch und können deshalb nicht durch Verformung auf eine so große Brennweiten-Variation wie beim Menschen eingestellt werden. In älterer Literatur wird häufig berichtet, daß eine ungleich gekrümmte Netzhaut für eine Anpassung der Brennweite beim Sehen sorgt. Den Astigmatismus � die durch ungleiche Form von Linse und Hornhaut hervorgerufenen Unschärfen im gesehenen Bild � würde ein Pferd durch geeignete Kopfstellung bedingt ausgleichen können. Neuere Untersuchungen kommen zu einem ganz anderen Ergebnis: Nur ein kleiner Teil der Retina ist beim Auge der Equiden überhaupt in der Lage, scharfe Bilder zu liefern. Den größte Teil des Blickfeldes kann ein Pferd deshalb nur schehmenhaft wahrnehmen, es können zwar Bewegungen, aber keine Details erkannt werden. Die sich bis in die heutige Zeit gehaltene Lehrmeinung, daß Pferde aufgrund der Linsenstruktur alles dreimal so groß sehen und deshalb entsprechende "Ehrfucht" vor den riesigen Menschen haben, betrachte ich schlichtweg als Quatsch. Beim Tauchen sehe ich aufgrund der Brechkraft-Unterschiede zwischen Wasser und der Luft in der Maske die Fische auch riesengroß. Aber durch Abmessungen der eigenen Gliedmaßen und die Proportionen eines anderen Tauchers wird der Eindruck rasch relativiert. Selbst wenn das Pferd tatsächlich den Menschen überdimensioniert sähe, so wüßte es aufgrund seiner eigenen Dimension und der Abmessungen anderer Pferde um wahre Größe eines Menschen Bescheid. Die Pupillen gleichen einem horizontal liegenden Oval � dies ist besonders schön bei Pferden mit grauen Augen zu sehen. Das Panorama, das ein Pferd wahrnehmen kann, dürfte damit recht breit, aber relativ flach sein. Da insbesondere Geräusche, die von oben kommen, beim Pferd Unruhe und gehetzten Blick nach oben auslösen, scheint das Gesichtsfeld nach oben stärker als beim Menschen eingegrenzt zu sein. Interessant ist, daß Eddy diese ovale Sichtfenster durch Verdrehen der Augen stets in waagrechter Position hält, unabhängig von der Stellung des Kopfes. Ein Pferd bewegt in der Regel zum "scharf Sehen" nicht nur seine Augäpfel, sondern sucht durch geeignete Stellung des Kopfes die jeweils optimalen Blickwinkel, um so den interessanten Gegenstand "scharf" und räumlich mit beiden Augen erfassen zu können. Anvisieren eines entfernten Gegenstandes und "Hab-Acht-Stellung" des Kopfes gehören also irgendwie zusammen.
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