» Hans-Jürgen Neuhauser spricht von Missverständnissen, die durch menschliche Verhaltensweisen für das Pferd entstehen. Das sagt sich so leicht; aber was verbirgt sich dahinter, wie äußert sich das, und wie kann man das vermeiden? Unterlaufen solche groben Fehler nur Anfängern und Dummköpfen oder laufen auch Experten Gefahr, die Pferde mit Missverständnissen zu bombardieren?
In dieser Ausgabe werde ich Ihnen ein ganz konkretes Beispiel aus der › DVD von Hans-Jürgen Neuhauser vorführen, mit dem ich zeigen kann, dass selbst ein ausgewiesener Experte - ein Cowboy - einem Pferd ganz leicht erkennbar nonverbal extrem widersprüchliche Botschaften kommuniziert, auf die das Pferd dann notwendigerweise ebenso extrem und verwirrt reagiert.
Anschließend kann ich Ihnen dann zeigen, wie Hans-Jürgen Neuhauser auf ganz andere Art mit diesem Pferd umgeht und so dessen Vertrauen gewinnen kann, obwohl es nicht nur durch diese eine Aktion traumatisiert wurde, sondern durch eine ganze Kette davon. Daraus werden Sie sicher eine Menge für Ihr eigenes Verhältnis zu Ihrem Pferd, Ihren täglichen Botschaften, Ihrer Kommunikationstechnik entnehmen können. Viele dieser Sachverhalte sind nämlich gar nicht schwer zu erkennen und leicht zu verstehen.
Das Bewusstsein für widersprüchliche Aussagen, denen das Objekt dieser Botschaften nicht gerecht werden kann und deshalb unter Umständen krank wird, ist erst Mitte des letzten Jahrhunderts in den USA entwickelt worden, und zwar im Zusammenhang mit Versuchen, » Schizophrenen zu helfen. Ursprünglich war man davon ausgegangen, dass die hilfebedürftigen Personen gewissermaßen selbst schuld sind und die Lösung für ihre Probleme in ihrer eigenen Person und Lebensgeschichte zu finden sind, was mithilfe der Psychotherapie herausgefunden werden sollte.
Dieser therapeutische Ansatz war bekanntlich ziemlich erfolglos. Die Leute wurden jahre- und jahrzehntelang therapiert, aber nicht geheilt. Das ist natürlich auch für den Therapeuten frustrierend, selbst wenn er sich damit eine goldene Nase verdienen sollte. Kein Wunder, dass nach einer Weile allenthalben nach neuen Ansätzen gesucht wurde, dass man sogar anzunehmen begann, der gesamte Ansatz könne nicht richtig sein, obwohl, wie bei vielen Therapien üblich, dieser stets mit dem Anspruch auftritt, in jedem Fall recht zu haben: Wenn die Therapie noch nicht anschlägt, hat man eben noch nicht lange und tief genug geforscht, andernfalls ist der Erfolg selbstverständlich auf diese ursächlich zurückzuführen.
» Paul Watzlawick war Therapeut und hat sich als solcher mit Menschen beschäftigt, die enorme Schwierigkeiten hatten, sich im Leben zurechtzufinden. Viele dieser Menschen empfinden sich als ganz normal; deren Wahrnehmung erster Ordnung, wie Watzlawick das nannte, also die Summe der Sinneseindrücke, stimmt vollkommen mit derjenigen der sogenannten normalen Menschen überein, lediglich die Wahrnehmung zweiter Ordnung, also die Interpretation dieser Sinneseindrücke, die Gewichtung durch Bedeutung, Sinn und Wert weicht ab und verursacht unter Umständen Probleme.
Übertragen auf die Beziehung zwischen Mensch und Pferd können wir wohl davon ausgehen, dass auch das Pferd die Wahrnehmung erster Ordnung mit dem Menschen teilt, diese Sinneseindrücke aber unter Umständen völlig anders interpretiert und deshalb für den Menschen unverständlich, widersprüchlich, gar gefährlich reagiert. Wenn wir lernen können, unsere eigenen Handlungen und Botschaften wie ein Pferd zu interpretieren, können wir diese Missverständnisse nachvollziehen und hoffentlich anschließend vermeiden.
Watzlawick ist über die Grenzen seines Faches hinaus vielen Menschen durch populärwissenschaftliche Bücher bekannt geworden. Sein sehr erfolgreiches Buch » Anleitung zum Unglücklichsein, dessen Titel schon den Schalk verrät, führt jede Menge Beispiele auf, wie man sich sein Leben leicht und nachhaltig versauen kann. Manche Menschen brauchen dazu Pferde, müsste man hinzufügen, aber dazu bringt er leider kein Beispiel. Vielleicht kennen Sie welche.
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