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Wer heilt, hat recht
Über die Schwierigkeit, Wahrheiten zu finden
von  › Werner Popken
Zum Thema Hufpflege |
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Nun haben wir uns wochenlang mit dem Thema Pferdehuf beschäftigt und herauszufinden versucht, wem unter all den einander bekämpfenden Fraktionen der selbst- oder anderweitig ernannten Fachleute man trauen kann. Wer versteht wirklich etwas von der Sache, wer weiß, was ein Pferdehuf ist, wer behandelt ihn richtig, wer gibt die richtigen Anleitungen zur Pflege?
Dem zugrunde liegt die Erwartung, daß es nicht mehrere Wahrheiten geben kann. Außerdem setzen wir voraus, daß die » Wahrheit bereits gefunden wurde und daß der Nachweis darüber schon erbracht worden ist oder noch erbracht werden kann. Ist diese Erwartung überhaupt zulässig? Zulässig für Hufpflege oder auch allgemein?
Angesichts des getriebenen Aufwands ist der Ertrag der Artikelserie dürftig. Ich bin enttäuscht. Die erhoffte Klarheit blieb aus. Sollen wir resignieren, zur Tagesordnung übergehen und es bei Meinungen belassen, mit denen wir zu leben haben, weil das Leben schon schwer genug ist und man sich nicht um alles kümmern kann? Gibt es gar keine Wahrheit?
Nehmen wir zur Verdeutlichung ein anderes Sachgebiet: » Ernährung. Wie soll der Mensch sich ernähren? Bekanntlich gibt es darüber viele einander widersprechende Theorien, und jedes Jahr erscheinen neue Ratgeber und Produkte auf dem Markt (» Diät). Seit Jahrzehnten forschen Ernährungswissenschaftler und präsentieren immer neue, einander widersprechende Erkenntnisse.
Zum Beispiel Übergewicht: Mal sind die Kartoffeln schuld, mal die Butter, dann wieder soll es der raffinierte Zucker oder der Kaffee sein. In der nächsten Saison sind Kartoffeln höchst gesund und der Kaffee noch mehr (» Die Wunderbohne, » Kaffee:Total gesund), der raffinierte Zucker ist nicht der Bösewicht, sondern der angeblich so gesunde Rohrzucker und die Zuckerersatzstoffe. Der gepriesene Tee ist nun ungesund, die Cholesterinwerte hängen plötzlich nicht mit dem Verbrauch von bestimmten Fetten zusammen usw.
Der Mathematiker und Philosoph » Raymond Smullyan hat dieses Durcheinander zum Anlaß einer köstlichen Satire genommen und plädiert dafür, einfach nur das zu essen, was einem schmeckt, weil der Körper seine eigene Intelligenz hat, die genau weiß, was fehlt und was gut tut und was weniger angesagt ist (» Das Tao ist Stille). Das dürfte auf Pferde, nebenbei gesagt, vermutlich ebenfalls zutreffen (Ein Pferde-Ernährungsfachmann: "Die füttern ihre Pferde krank!").
Das eigentliche Problem, die vermutlich durch falsche Ernährung hervorgerufene gesundheitliche Beeinträchtigung vieler Menschen, scheint von der Gesundheitswelle kaum berührt zu sein. Weder nimmt die Menge derjenigen, die mehr oder weniger offensichtlich körperlich leidet, nennenswert ab, noch werden diejenigen wirklich davon berührt, die betroffen oder auf dem besten Wege sind, sich durch falsche Ernährung zu ruinieren. Man vermutet sogar, daß Diäten letzten Endes zu einer Verschärfung des Problems führen, weil der Körper wegen der Maßnahmen gewissermaßen gegengesteuert.
Die Wahrheit über Ernährung herauszufinden scheint also extrem schwierig zu sein. Warum ist es so schwer, hier zu Erkenntnissen zu kommen, die Wahrheit zu finden?
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