| | | Flußüberquerung durch eine Furt, Nicaragua | | | |
| | | Barbara, Günter und Chapina genießen in Ruhe den Frühstückskaffee | | | |
| Die Geschichte war aber offenbar doch noch ein bißchen anders, komplizierter. Tschiffely kam nur mit Mancha in Washington an, Gato mußte er krank in Mexiko zurücklassen. Berühmt wurde er trotzdem und schrieb fünf Bücher über sein Abenteuer (» Aimé Félix Tschifelly). Günter Wamser hingegen blieb bisher vergleichsweise unbekannt. Er wurde nicht wirklich berühmt. Zwar berichteten lokalen Zeitungen in den Gegenden, durch die er gerade reiste, aber irgendwie scheint er doch eher eine Kuriosität dargestellt zu haben.
Einmal begegnete er einem Peruaner, der sein Land von Norden nach Süden zu Fuß durchwanderte und eine nationale Berühmtheit geworden war, begleitet von Presse und Fernsehen, Archäologen und sogar einem Koch. Durch diesen Zufall wurde er auch gleich mitgefilmt. Mit diesem unterhielt er sich anschließend privat. Dabei erzählte er, daß er selbst 3000 Kilometer mit seinem Hund durch Deutschland gewandert war, um sich auf die große Reise vorzubereiten:
| Während Carlos in seinem Land als Held gefeiert wurde, straften mich meine Landsleute dagegen mit Ablehnung, Verachtung und bezeichneten mich als Penner. Daß ich während der 95 Tage, die ich in Deutschland unterwegs war, nicht einmal zu einer Tasse Kaffee eingeladen wurde, hielt Carlos schlicht für unfaßbar.
a.a.O., Seite 222 | | |
Ist es nicht auch unfaßbar? Ich erinnere mich sehr gut an den Mann, der eines Tages an der wenig befahrenen Allee, an der wir damals wohnten, zu Fuß mit seinem Pferd und seinem Hund vorbeikam. Offensichtlich war er auf einer Reise. Er schaute nicht links, er schaute nicht rechts, er ging einfach unverdrossen vor sich hin, sein Pferd neben ihm, sein Hund dahinter. Ich war natürlich sehr verblüfft, brauchte eine Weile, um diese Szene einzuordnen und zu verstehen, und hätte schon sehr schlagfertig sein müssen, um ihn ansprechen zu können. Aber selbst dann hätte ich vermutlich gezögert, denn er signalisierte überdeutlich, daß er keinen Kontakt wünschte.
Freilich sind viele Leute nicht sehr leutselig, jedenfalls nicht so, wie Günter Wamser das erlebt hat, wenn er in kleine Dörfer in abgelegenen Gegenden einzog. Selbstverständlich war das dort das Ereignis des Jahres. Je mehr Menschen auf einem Fleck, je mehr Rummel in einer Gegend, desto mehr muß sich jeder einzelne vor unerwünschten Kontakten schützen. Am wenigsten kontaktfreudig sind die Leute in den größten Städten. Insofern kann man die Situation vielleicht nicht vergleichen. Trotzdem muß man ihm recht geben: auch in Deutschland gibt es kontaktfreudigere und sturere Gegenden, es gibt sogar Gegenden, in denen die Leute im Prinzip sehr leutselig sind, aber nur mit denen, die dazugehören.
Die Schwierigkeiten dieser Reise lagen zum einen in den Problemen, die sich durch die extremen Landschaften und die extremen Wetterbedingungen ergeben. Wenn es sehr karg oder sehr trocken oder sehr kalt oder sehr windig ist, überwiegt der Lebenskampf, die Lebensfreude leidet darunter. Zum anderen sind die politischen Verhältnisse und die Mentalität in Lateinamerika natürlich für deutsche Menschen schwer auszuhalten, besonders wenn sie, wie Günter Wamser, sich zwar den Verhältnissen anpassen wollen, als gute Gäste, sich aber trotzdem herausnehmen, die üblichen Korruption ablehnen zu wollen.
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