Der dritte Tag bestand in weiterer Praxis an den Hufen der abgeschnittenen Pferdebeine und einer Demonstration an einem lebenden Pferd, das der anwesenden Tierärztin gehörte und freiwillig zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt wurde.
Im Prospekt wurde angekündigt, daß Pferdebesitzer, die die nötigen Vereinbarungen getroffen haben, am Nachmittag ihre eigenen Pferde unter der Aufsicht eines "Strasser Hoof Care Professional" beschneiden können; allerdings traf Straßer keine Anstalten, lahme Pferde zu begutachten oder zu behandeln und hat Teilnehmer während des ganzen Kurses immer wieder an ihre Tierärzte verwiesen.
Obwohl sie einige Schwierigkeiten mit der Sprache hatte, klassifiziert Cook sie als erfolgreiche, glaubwürdige und selbstsichere Dozentin. Sie sprach leise und behandelte bohrende Fragen mit Ruhe und Freundlichkeit. Es gab keine Verteidigungshaltung in ihren Antworten. Sie erläuterte einfach die grundlegenden Sachverhalte, die ihre Argumentation stützen, und bezog sich unmittelbar auf ihr umfangreiches Wissen und ihre praktische Erfahrung.
Daraus ergab sich für ihn ein wesentlich besseres Verständnis ihres logischen Ansatzes für den Hufschnitt und die soliden Grundsätze, auf denen dieser Ansatz ruht. Es war ein denkwürdiger Tag für ihn, den er im Kalender rot angekreuzt hat, und es blieb für ihn nur noch der Wunsch übrig, daß er fünfzig Jahre früher Zugang zu diesen Informationen hätte haben sollen.
Der Geist Bracy Clarks, eines Tierarztes, der seinen Kollegen einige dieser selben Wahrheiten vor 200 Jahren mitzuteilen versuchte, war für ihn lebendig und wirksam in Hiltrud Straßer. Er sei stolz, daß Clark ein Absolvent derselben Schule ist, die ihn ausgebildet hatte, des » Royal Veterinary College, London.
Er sei aber zugleich beschämt, daß seine Schule darin versagt hatte, ihm die Unterstützung zu geben, die er verdiente, mehr noch, daß sie sogar seine Erkenntnisse unterdrücken wollte. Da sich die menschliche Natur in den letzten 200 Jahren nicht geändert hat, fürchtet er, daß die Tierärzteschaft noch einmal die zweite Chance vorbeigehen lassen könnte, die Straßer jetzt bieten würde.
Tatsächlich bedroht ihre Arbeit nach seiner Einschätzung heutzutage niemanden mehr. Sie liefert Pferdeärzten wertvolle Lösungen für bis dahin unbehandelbare Probleme und mehrt sogar die Arbeit der Hufschmiede.
Straßers wesentliche Botschaft ist seiner Ansicht nach auf entwaffnende Weise einfach. Man halte das Pferd zunächst in einer Umgebung, die seiner natürlichen Lebenswelt ähnlich ist - eine Forderung, die nach seiner Ansicht von den meisten Pferdehaltern heutzutage erfüllt werden kann und so obligatorisch sein müßte wie die Versorgung mit Futter und Wasser. Zweitens erlaube man dem Huf, die Form und Konsistenz anzunehmen, die die Natur vorgesehen hat.
Die erste Forderung bedeutet für ihn, daß ein Pferd nicht 23 Stunden des Tages in einer Box eingesperrt sein darf. Die zweite fordert, daß sich Millionen Jahre von Hufentwicklung zu dem auswirken dürfen, wozu die Entwicklung geführt hat. Angesichts des Risikos einer übermäßigen Simplifizierung verdichtet er die Botschaft Straßers zu "Kein Hufeisen, keine Box, kein Stillstand".
Immerhin konstatiert er, daß die Pferdebesitzer eine größere Bereitschaft zeigen, die Empfehlungen Straßers zu studieren und anzunehmen als Tierärzte und Hufschmiede. Weil dies so ist, könnten Hufschmiede und Tierärzte sich nach seiner Ansicht bald in einer peinlichen Situation wiederfinden, wenn sie nämlich mit Kunden zu tun haben, die mehr über Hufe wissen und ein besseres Verständnis von der Sache haben als sie selbst. Das könnte leider dazu führen, das Tierärzte auf längere Sicht von der Behandlung der Hufkrankheiten ausgeschlossen werden. Zur Zeit allerdings glaubt er, daß die Besitzer sich viel besser fühlen würden, wenn die Tierärzte sie in die Prinzipien der Straßer-Behandlung von beispielsweise Hufrollenentzündung und Hufrehe einweisen würden. Wenn sie aber keinen Tierärzte finden könnten, die sich mit diesem Prinzipien vertraut gemacht haben, würden die Besitzer nach seiner Einschätzung zweifellos in zunehmendem Maße "Strasser Hoof Care Professionals" konsultieren.
In ähnlicher Weise würden die meisten Besitzer von jungen, unbeschlagenen Pferden mit gesunden Hufen nach seiner Meinung Hufschmiede bevorzugen, die den Hufschnitt nach Straßer ausführen. Wenn sie aber keinen finden könnten, der diese Arbeiten studiert hat und ihre Prinzipien anwenden kann, würden verantwortliche Besitzer hinreichend motiviert sein, die Hilfe von "Strasser Hoof Care Professionals" in Anspruch zu nehmen oder sich sogar selbst ausbilden lassen.
Er hält es für notwendig, daß Fakultätsmitglieder der tiermedizinischen Hochschulen auf der ganzen Welt sich zum Wohle der Pferde mit dieser Erkenntniserweiterung beschäftigen. Wenn Studenten der Tiermedizin nicht in diese neuen Konzepte eingeführt werden, werden sie sich nach seiner Meinung zu Recht über die Qualität in diesem Bereich ihrer Ausbildung beschweren können. Ausführliche Informationen über die Arbeit von Straßer und die Barfußbewegung im allgemeinen ist jetzt auf immer mehr Internetseiten verfügbar und in Kürze auch ein umfassendes Lehrbuch (inzwischen längst erschienen, der Autor). Anschließend zählt er einige dieser Internetseiten auf.
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