Leserbrief › 1898 zu Ausgabe › 371 08.05.06
Friedensarbeit
Hallo,
ein Aufsatz, den sich jeder Reiter einmal durchlesen sollte. Hervorragend!
Ich selber habe eine Stute, die ihre Herde mit Leichtigkeit führt und wir haben damit seit Jahren hervorragende Erfahrungen gemacht.
Hinzufügen möchte ich auch noch, dass wir in den meisten Reitställen in Deutschland noch Lichtjahre von einem wirklichen Miteinander zwischen Pferd und Mensch entfernt sind. Erst in jüngster Zeit ist mir das wieder bewußt geworden, als ich mich wegen eines Pferdekaufs in einem sog. Reitstall aufhielt, in dem die Pferde in Einzelhaft, vergittert, ohne Tageslicht resigniert vor sich hinvegetierten. Solange es noch Menschen gibt, die diese Käfighaltung akzeptieren und ihre "Böcke" - denn anders wurden die Pferde dort nicht genannt - einmal am Tag, für eine Stunde, versuchen zu "dominieren", bzw. die aufgestaute Energie und den Frust, den die Pferde in ihrer Einzelhaft tagsüber erlitten haben, in produktive Arbeit umzuwandeln. Ich halte diese Zustände für tierschutzrelevant - wobei der Tierschutz nichts dagegen unternehmen kann.
Wieso ist diesen Pferdehaltern immer noch nicht klar, was sie mit der Psyche und der Physis Ihrer Pferde anstellen? Mir war nach diesem "Reitstallerlebnis" wiedereinmal klar, warum ich mich vor Jahren (Jahrzehnten) dazu entschlossen habe, meine Pferde artgerecht zu halten und sie Pferd sein zu lassen. Meine Pferde bedanken sich auf ihre Art und Weise, sind zufrieden, sind gesund, arbeiten mit, sind aufmerksam und zeigen allen Beteiligten Pferdeleuten, was es heißt, Pferd zu sein.
In der Tat arbeite auch ich mit so wenig Berührungen wie möglich, lasse die Pferde kommen, sehe, was sie "anzubieten" haben. Fördere die Pferde nach ihrem Fassungsvermögen und überfordere sie nicht. Wir sind an dem Punkt, an dem die Leichtigkeit Einzug gehalten hat. Auch ohne das Lesen vieler mehr oder weniger "schlauer" Bücher. Wenn wir uns auf unser Gefühl zurückbesinnen, wenn wir nicht mit "Mutterinstinkten" an die Pferde herangehen, sie nicht mißbrauchen als Kind-oder Partnerersatz, entsteht eine wirklich hervorragende Bindung zwischen Mensch und Pferd - wobei ich immer wieder sehe, dass die Pferde nur zu uns kommen, weil sie freundlich sein wollen und nicht, weil sie uns als "Leittiere brauchen". Bisher ist mir zumindst selten ein Pferd aufgefallen, dass ein solches Verhalten "provoziert". Ich denke, die regeln das schon sehr gut unter sich und wir Menschen würden uns wünschen, in der Rangordnung über dem Pferd oder gleichgestellt zu sein. Nein. Ich denke, das Pferd handelt aus Neugier und freundlicher uns-Zugewandheit. Mehr nicht. Das ist auch gut so, denn trotzdem können wir -auch wenn die Pferde in ihrem natürlichen Umfeld gehalten werden, so wie meine kleine Herde - eine sehr enge Bindung aufbauen, enger sogar, als in einer Pflichtgemeinschaft zwischen Boxenpferd und Reiter, denn als Menschen kann man diese Spezies nicht bezeichnen.
Vielen Dank nochmal für diesen sehr schönen Beitrag!
Herzliche Grüße
Ulrike Lotte
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