Angebot für Kalenderwoche 06-11
| Vertrauen � kostbares Gut, das leicht zerbricht Teil 10 | | |
Nachdem ich letzte Woche hauptsächlich die richtige Anpassung von herkömmlichen Zäumungen mit Gebissen besprochen habe, möchte ich diese Woche nun noch einige Worte zu den verschiedenen gebisslosen Zäumungen sagen, die natürlich ebenfalls korrekt angepasst werden müssen, wenn sie dem Pferd keine Unannehmlichkeiten bereiten sollen. Außerdem kommt es selbstverständlich auch bei diesen Zäumungen auf die Art der Anwendung an, ob man sie als pferdefreundliche Zäumung oder als Tierquälerei betrachten muss.
Im Prinzip lassen sich dieselben Regeln wie beim Anpassen eines normalen Zaumzeuges anwenden, nur dass bei diesen Zäumungen oftmals nicht nur das Gebiss, sondern auch ein oder mehrere andere Riemen fehlen. Wichtig ist aber auch hier, dass nichts klemmt oder zwickt und dass der Nasenteil der Zäumung immer auf dem knöchernen Nasenbereich zu liegen kommt.
Die drei hauptsächlich verwendeten Zäumungen � englisches Hackamore, Bosal und Sidepull � haben nicht nur ein sehr unterschiedliches Aussehen, sie sind auch bezüglich ihrer Einwirkung auf den Kopf des Pferdes grundverschieden, sodass man sie schwer miteinander vergleichen kann. Ein großes Vorurteil, das ihnen von strikten Gegnern des gebisslosen Reitens oft entgegengebracht wird, ist aber meiner Ansicht nach völlig unhaltbar, weil dabei von falschen Voraussetzungen ausgegangen wird.
Ich spreche von der Behauptung, dass eine gebisslose Zäumung die Gefahr in sich berge, dass dem Pferd damit leicht die Nase gebrochen werden kann. Wer nämlich mit solch brutaler �Hilfengebung� arbeitet, dass er einem Pferd dabei tatsächlich die Nase bricht, der würde ihm wohl auch bei der Verwendung eines Gebisses schwerste Verletzungen zufügen, ihm etwa den Unterkiefer brechen oder zumindest die Zunge und die Lefzen aufreißen. Und eine solch gewaltsame Zügelanwendung sollte doch eigentlich bei keiner Reitweise geduldet werden.
Richtig angewandt verursacht eine gebisslose Zäumung aber sicherlich keinen Schaden auf der Pferdenase, selbst dann nicht, wenn sie aus hartem oder rauem Material besteht, weil solche Zäumungen korrekterweise nie mit anstehendem Zügel und normalerweise nur mit sanften Paraden verwendet werden. Bei jungen und besonders ungestümen Pferden, bei denen die Zügelhilfen teilweise noch eher ruckartig gegeben werden müssen, oder auch bei sehr empfindlichen Tieren kann die Nase außerdem durch eine Fellummantelung des Nasenriemens vor Druck- und Scheuerstellen geschützt werden.
Da das englische Hackamore schon von vornherein einen fellgepolsterten Nasenteil besitzt, wird es von Laien oftmals als sanfteste Zäumung angesehen, doch wird dabei übersehen, dass diese Zäumung als einzige mit einer Kinnkette und mit mehr oder weniger langen Schenkeln ausgestattet ist, welche sämtliche Zügelhilfen in ihrer Wirkung um ein Vielfaches verstärken und diese Zäumung bei zu eng verschnallter Kinnkette sogar zu einem wahren Marterinstrument werden lassen.
Wen wundert es da noch, dass gerade mit dieser Zäumung sehr viele kopfschlagende Pferde anzutreffen sind, was allerdings auch in Fachkreisen nur teilweise richtig als Überempfindlichkeit der Pferde gedeutet wird. Meist steckt zusätzlich eine viel zu strenge Hilfengebung dahinter, denn sobald diese Tiere über einen längeren Zeitraum mit lockeren Zügeln geritten werden, gewöhnen sie sich auch das Kopfschlagen ab.
Eine zu stramme Zügelhaltung ist leider auch beim Bosal und beim Sidepull des öfteren zu bemerken und kann damit den Sinn und die sanfte Einwirkung dieser Zäumungen völlig zunichte machen. Zusätzlich besteht beim Bosal bisweilen das Problem, dass es nicht richtig vorgeformt wurde oder in einer unpassenden Stärke verwendet wird. So kann es einerseits passieren, dass der Seitenteil die Backen des Pferdes einklemmt, andererseits kann ein sehr dickes und schweres Bosal für ein sensibles Pferd sehr unangenehm und störend sein, während ein zu dünnes Bosal möglicherweise eine zu scharfe Einwirkung bringt.
Ich würde also jedem Reiter, der noch nicht über genug eigene Erfahrungen mit gebisslosen Zäumungen verfügt, raten, sich bei diesbezüglichen Profis genauer zu erkundigen, worauf man bei der Anpassung und Verwendung solcher Zäumungen unbedingt achten sollte. Natürlich gibt es aber auch genug Fachliteratur, die man sich zu diesem Zwecke zu Gemüte führen kann. Ohne jegliches Grundwissen einfach herumexperimentieren, ist aber sicher nicht im Sinne des armen Pferdes, das womöglich darunter leiden muss und so das Vertrauen in seinen Reiter mehr und mehr verliert.
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