Angebot für Kalenderwoche 06-03
| Vertrauen - kostbares Gut, das leicht zerbricht Teil 2 | | |
Vorige Woche habe ich überblicksmäßig aufgezählt, was alles negative Auswirkungen auf das Vertrauen des Pferdes in seinen Besitzer oder Reiter bzw. die Menschen allgemein haben kann. An erster Stelle habe ich dabei ‘Unfälle’ genannt und diese Ursache möchte ich heute auch gleich etwas genauer erläutern, denn obwohl sie im Vergleich zu den anderen Punkten relativ selten vorkommt, handelt es sich dabei doch meist um sehr einschneidende Erlebnisse, die einen raschen und oft kompletten Vertrauensverlust bewirken können und deshalb nach Möglichkeit unbedingt vermieden werden sollten.
Gemeint sind dabei natürlich nur Unfälle, die der Mensch direkt oder indirekt verschuldet bzw. wenn er in den Augen des Pferdes daran maßgeblich beteiligt ist. Unfälle, die dem Pferd passieren, wenn es sich z.B. allein oder mit Artgenossen auf einer Koppel befindet, verbindet das Pferd selbstverständlich nicht mit dem Menschen, auch wenn dieser sich vielleicht selbst die Schuld daran gibt, weil sich das Pferd z.B. am reparaturbedürftigen Zaun verletzt hat. Doch solche Zusammenhänge erkennen Tiere nicht.
Umgekehrt kann der Mensch aber auch unschuldig zum Handkuss kommen, wenn er sein Pferd unbewusst in Gefahr bringt. Würde er also seinen vierbeinigen Freund etwa unter einem alten Baum anbinden und wenige Augenblicke später kracht diesem ein morscher Ast auf den Kopf, so wird das grundsätzliche Vertrauen darunter sicherlich mehr oder weniger leiden, denn das Pferd erkennt darin nicht den ‘Zufall’, sondern nur die offensichtlich mangelhaften Führungsqualitäten des Reiters. Da Pferde nämlich sehr instinktsichere Tiere sind, würde so ein ‘Fehler’ einer guten Leitstute normalerweise nicht passieren.
Aus diesem Grund sollte auch jeder Reiter lernen, vermehrt auf seine Umwelt zu achten, um solche Gefahren tunlichst zu vermeiden. Er sollte außerdem vorausschauend handeln und versuchen, alles auch ein wenig mit den Augen der Pferde zu betrachten. Gerade dann, wenn das Pferd bereits Angst vor irgendwelchen Dingen oder auch Tätigkeiten hat, sollte es nach Möglichkeit keinem weiteren Zwang ausgesetzt werden, denn wenn aus dieser Situation heraus dann ein Unfall passiert, verzeiht einem dies das Pferd nur sehr schwer.
Wenn also ein Pferd z.B. nicht über eine Holzbrücke gehen will, vom Reiter aber mit Gewalt darübergetrieben wird, wird es einen Unfall, der ihm dabei womöglich widerfährt, mit hundertprozentiger Sicherheit seinem Reiter anlasten. Ob dieser Unfall zustandekommt, weil etwa eine Holzplanke einbricht, weil das Pferd auf dem nassen Holz ausrutscht oder weil es aus eigenem Fehlverhalten (nervöses Herumtänzeln) von der Brücke stürzt, ist dabei unwichtig. Ausschlaggebend ist nur die Tatsache, dass es von seinem Reiter gezwungen wurde, die unheilbringende Brücke zu betreten.
Ganz ähnlich verhält es sich auch beim Überwinden schwieriger Hindernisse im Springparcours oder im Gelände, sowie auch beim Verladen in einen Pferdeanhänger. Dies sind so die gängigsten Gefahrenquellen, wo der Reiter bzw. Pferdeführer besondere Sorgfalt walten lassen sollte, damit es nicht zu Unfällen mit begleitendem Vertrauensverlust kommt. Natürlich sind nicht alle solchen Vorkommnisse vermeidbar, aber jeder Pferdebesitzer sollte sein Tier doch wenigstens so weit kennen, dass er weiß, was er ihm diesbezüglich zumuten kann.
Wer nämlich die Grenzen der Belastbarkeit überschreitet, fordert Unfälle geradezu heraus, und dann nützen auch Reue und Wehklagen nichts. Ist es bereits zu mehr oder weniger starken Verletzungen und zu einem damit verbundenen Vertrauensbruch gekommen, kann man nur noch versuchen, den Schaden durch besonders mitfühlendes Verhalten ein wenig zu begrenzen und danach gleich wieder mit dem Vertrauensaufbau zu beginnen, doch das ist wieder ein ganz anderes Thema....
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