Angebot für Kalenderwoche 06-04
| Vertrauen - kostbares Gut, das leicht zerbricht Teil 3 | | |
Gründe, warum Pferde das Vertrauen zum Menschen verlieren, gibt es viele. Unfälle als Ursachen, die leider nicht immer vermeidbar sind, haben wir letzte Woche näher beleuchtet, heute wollen wir uns mit den Misshandlungen, dem zweiten Punkt auf meiner eingangs aufgestellten Liste, näher beschäftigen.
Misshandlung ist natürlich ein dehnbarer Begriff, denn alles, was dem Körper, dem Geist oder der Seele des Pferdes Schmerz zufügt, ist genau genommen eine Misshandlung, womit eine deutliche Abgrenzung zu anderen Punkten auf meiner Liste nicht leicht möglich ist. Was ich in diesem Fall aber darunter verstehe, ist das bewusste Quälen von Pferden als Ausbildungsmethode, als Machtdemonstration oder einfach nur zur eigenen Lustbefriedigung.
Sei es das so genannte Brechen der Jungpferde, das mancherorts immer noch auf sehr brutale Weise erfolgt, sei es die meist äußerst rohe Vorgehensweise beim Training von Film- und Stuntpferden - Gewaltanwendung ist leider auch in unserer heutigen, sonst so fortschrittlich denkenden Zeit sehr oft ein beherrschender Teil so mancher Pferdeausbildung und wird traurigerweise von einigen naiven Menschen noch nicht einmal als Tierquälerei erkannt.
Als ich einmal beruflich in der Stuntreitszene zu tun hatte, konnte ich dies besonders gut beobachten. Wenn die sonst sehr sympathisch wirkende ungarische Stuntreiterin unverblümt von ihren gewaltsamen Ausbildungsmethoden erzählte, zeigten sich nur wenige Zuhörer entsetzt oder skeptisch, der Rest schien davon überzeugt, dass es eben keine andere Möglichkeit gäbe, einem Pferd das Niederlegen oder ähnliche Lektionen beizubringen, weshalb auch so gut wie niemand irgendwas Schlimmes daran fand.
In meinen Augen eine äußerst deprimierende Tatsache, dass Menschen offensichtlich ihre eigene Unterhaltung über alles andere stellen. Denn wenn ich weiß, dass ein Pferd durch eine derart harte Schule gehen musste, kann ich mich auch an den schönsten Vorführungen dieses Tieres bestimmt nicht mehr erfreuen. Auch ich bin ein Freund von Action und atemberaubenden Darbietungen, aber sicher nicht um den Preis, dass das Pferd dabei oder in der Ausbildung davor Schmerzen und/oder seelische Qualen erleiden musste!
Dass solche Tiere nicht deshalb brav mitarbeiten, weil sie so großes Vertrauen zu ihrem Ausbilder haben, sollte eigentlich jedem Menschen klar sein. Angst ist hier wohl der vorherrschende Faktor, auch wenn viele Ausbilder dies natürlich abstreiten. Wer als Pferdebesitzer sein Tier in die Hände eines solch verantwortungslosen Trainers gibt - man kennt ja z.B. auch das Barren der Springpferde -, quält das Pferd zwar nicht persönlich, aber er macht sich mitschuldig und begeht damit genauso einen großen Vertrauensbruch, den ihm sein Pferd nicht so schnell verzeihen wird. Das Misstrauen besteht dann nicht nur gegenüber dem Ausbilder, sondern auch gegenüber dem unbeteiligten Besitzer und späteren Reiter.
Natürlich gilt dies für sämtliche Qualen, die einem Pferd zugefügt werden, auch wenn es sich dabei z.B. um Machtdemonstrationen handelt, die dem Pferd zeigen sollen, wer hier der Boss ist. Das Tier stundenlang in größter Hitze unter prallem Sonnenschein angebunden stehen und es dürsten lassen, ist eine von solchen Maßnahmen, die von manchen pervers veranlagten Ausbildern praktiziert werden, um den jungen Pferden ihren Willen zu brechen bzw. ihnen einen Denkzettel zu verpassen.
Die Liste solcher Misshandlungen ließe sich durchaus noch fortsetzen, doch ich denke, was ich damit sagen will, müsste auch jetzt schon prinzipiell verstanden worden sein, sodass ich es mir erspare, hier weitere Grausamkeiten aufzuzählen. Selbstverständlich zeigen solche Machtdemonstrationen eine Wirkung, doch ein Reiter, der zu seinem Pferd eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen will, sollte auf solche Maßnahmen tunlichst verzichten, denn er wird damit höchstens das Gegenteil erreichen.
Echten Pferdefreunden sage ich damit aber wohl nichts Neues und sie werden einen solch groben Vertrauensbruch an ihrem Pferd wohl auch nie begehen. Für sie wird es deshalb auch erst ab nächster Woche interessant, wenn ich damit beginne, die weitaus kleineren, aber sehr viel häufiger vorkommenden Alltagsdramen zu erörtern.
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