| Lob oder Strafe - welcher Weg führt im Umgang mit Pferden zum Erfolg? | | |
Nur beide gemeinsam! � lautet die richtige Antwort � zumindest meiner Meinung nach!
Bevor Sie, werte Leser, diese Datei nun gleich enttäuscht schließen, weil Sie eine andere Antwort von mir erwartet haben, lesen Sie diesen Artikel doch bitte zunächst zu Ende und urteilen Sie erst danach über diese Aussage.
Wie Sie ja bereits aus meinen früheren Beiträgen deutlich ersehen konnten, liebe ich Pferde wirklich sehr, sodass mir ihr Wohlergehen besonders am Herzen liegt. Ich plädiere stets für einen grundsätzlich nicht nur freundlichen, sondern sogar liebevollen Umgang mit diesen überaus sensiblen Geschöpfen; Mitgefühl und Verständnis sind in meiner Ausbildungsmethode die wichtigsten Punkte, die es zu beachten gilt, um eine vertrauensvolle, harmonische Partnerschaft zwischen Reiter und Pferd aufbauen zu können.
Natürlich viel Lob, aber auch � wenn wirklich nötig � die eine oder andere Strafe (wobei Strafe ein dehnbarer Begriff ist) sind Teil dieser Ausbildung, was überhaupt keinen Widerspruch an sich darstellt, denn mit Lob und Strafe verhält es sich genau wie mit positiv und negativ geladenen Teilchen � sie ergeben erst gemeinsam ein stabiles Ganzes!
Damit Sie meine Sichtweise aber besser verstehen können, möchte ich Ihnen zuerst einmal die Begriffe �Lob� und �Strafe� � so wie ich sie praktiziere � näher definieren.
�Lob� kann in vielfacher Weise zum Ausdruck gebracht werden. Es beginnt bei freundlich zustimmenden, also �lobenden� Worten, zeigt sich aber auch in diversen Streicheleinheiten und in der Gabe kleiner Leckerbissen. Eine Belohnung kann aber durchaus auch so aussehen, dass dem Pferd erlaubt wird, eine Übung zu beenden, eine Entspannungspause am hingegebenen Zügel zu genießen oder im Gelände ein paar Minuten zu grasen.
Bei der Wahl des richtigen Lobes sollte nicht nach den bevorzugten Methoden des Reiters vorgegangen werden, sondern es sollte auch oder gerade in diesem Bereich möglichst auf die Vorlieben des betreffenden Pferdes und auf die zur jeweiligen Situation gehörenden Umstände Rücksicht genommen werden, denn nur dann zeigt dieses Lob auch den erwünschten Effekt � nämlich das Pferd in seiner soeben durchgeführten Handlung zu bestärken.
So wäre es z.B. völlig fehl am Platz, nach jeder gelungenen reiterlichen Übung vom Pferd zu springen und diesem voller Freude um den Hals zu fallen. Abgesehen davon, dass diese Art der Liebesbezeigung fast alle Pferde eher irritiert oder gar verschreckt anstatt ihnen ein gutes Gefühl zu vermitteln, ist dabei der Abstand zwischen vollbrachter Leistung und dem Lob zu groß, um vom normalen Durchschnittspferd richtig verstanden zu werden. (Besonders intelligente Exemplare können unter Umständen auch noch weiterreichende Zusammenhänge erkennen.)
Der Reiter sollte also darauf achten, das verdiente Lob spontan und in passender (erwünschter) Weise �auszusprechen�. Alles andere ist zwar gut gemeint und wird von den meisten Pferden auch wohl dankbar angenommen, aber es erfüllt nicht seinen ursprünglichen Zweck.
Im Allgemeinen ist während des Reitens ein stimmliches Lob und ab und zu eine Streicheleinheit bzw. ein sanftes Klopfen des Halses durchaus ausreichend, Leckerbissen vom Sattel aus gereicht, können allerdings Biegeübungen des Halses gleich enorm �schmackhafter� machen, wodurch mit Leichtigkeit Ergebnisse erzielt werden, die sonst nur mit sehr viel Mühe zu erreichen wären.
Ansonsten rate ich aber von der Fütterung während des Reitens eher ab, da es auf die meisten Pferde eine ablenkende Wirkung und damit einen negativen Einfluss auf die Leistung(sbereitschaft) hat. Vor allem besonders gefräßige Tiere wissen dann nicht, wann es genug ist, und entwickeln sich rasch zu äußerst lästigen Bettlern. Um dann wieder Ordnung in das Training zu bringen, muss man energisch durchgreifen, was letztendlich nicht besonders förderlich für eine harmonische und vertrauensvolle Zusammenarbeit ist.
Was die Streicheleinheiten anbelangt, so ist auch diesbezüglich die belohnende Wirkung nicht für jedes Pferd die gleiche, denn was dem einen Tier eine sichtliche Wohltat zu sein scheint, wird z.B. von berührungsscheuen Exemplaren als das genaue Gegenteil davon angesehen.
Stimmliche Belohnung hingegen wird von allen Pferden gern angenommen, sie kann auch durchaus �üppiger� und überschwänglicher ausfallen, ohne dass es zu negativen �Begleiterscheinungen� kommt, denn diese Form des Lobens wird von keinem Tier �ausgenützt�, und es wird auch nicht bewusst darum gebettelt. Wichtig ist nur, dass solches Lob mit wirklich freundlicher und deutlich wohlwollender Stimme gesprochen wird, damit es vom Pferd auch tatsächlich als positive Bestätigung erkannt und empfunden wird. Ein gleichförmig und klanglos gesprochener Satz wie z.B. "Das hast du gut gemacht." wird deshalb � vor allem von jungen Tieren � nur in den wenigsten Fällen als Belohnung angesehen.
Eine Entspannungspause nach einer gut vollbrachten Leistung wird hingegen von allen Pferden auf Anhieb verstanden und gibt den Tieren gleichzeitig die Möglichkeit, das neu Erlernte gedanklich zu verarbeiten und im Gedächtnis zu speichern. So werden bedeutend weniger Trainingseinheiten benötigt, um die Ausführung einer Übung zu �perfektionieren� und als positives Ereignis auch über einen längeren Zeitraum in Erinnerung zu behalten.
Dies ist also die eine Seite der Medaille, die echte Pferdefreunde natürlich bevorzugt anwenden, doch in einigen Fällen ist auch die Kehrseite von großer Bedeutung, wenn es darum geht, übermütige, aggressionsgeladene oder bereits verdorbene Tiere in ihre Schranken zu weisen, um zu einem erfolgreichen Erziehungs- bzw. Ausbildungsergebnis zu kommen, dessen Endziel ein zuverlässiges, ausgeglichenes und zufriedenes Reitpferd sein sollte.
Welche Formen von Strafen es denn nun gibt und unter welchen Umständen diese eine positive Wirkung erzielen können, erfahren Sie dann im nächsten Angebot der Woche! |