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| Mit den Augen der Pferde Teil 5 | | |
Die Bedürfnisse und Wünsche unserer Pferde
In diesem fünften und letzten Teil meines ungewöhnlichen Fachartikels, bei dem ich auch die Betroffenen selbst � also die Pferde � sozusagen direkt zu Wort kommen lasse, möchte ich mich mit einigen sehr brisanten Themen auseinandersetzen.
Eines davon ist die Reithengst-Problematik, welche immer wieder die Gemüter erhitzt.
Die Einen wollen Hengste prinzipiell nicht kastrieren, weil sie dies als schweren Eingriff in die Natur sehen, oder weil sie der Meinung sind, dass nur ein Hengst diese einmalige Form von kraftvoller Anmut und Eleganz zeigen kann.
Die Anderen sehen Reithengste als ständige Gefahr für andere Pferde und auch Menschen, weil sie meinen, dass diese hormonell unausgelasteten Kraftprotze im täglichen Leben nur schwer zu handhaben und kontrollieren sind. Außerdem sehen sie es meist als Tierquälerei, wenn diesen Hengsten zeitlebens die Befriedigung ihrer natürlichen Triebe untersagt bleibt.
Bevor ich selbst Stellung dazu beziehen werde, möchte ich allerdings gleich einmal den passenden Vertreter aus der Pferdewelt über sein Leben sprechen lassen.
Beschwerde eines Reithengstes
"Eigentlich wäre ich ja ganz zufrieden mit meinem Leben, denn ich habe einen schönen, geräumigen Stall und bekomme mehrmals täglich reichlich und gut zu fressen, aber einen Punkt möchte ich doch sehr kritisieren. Man gönnt mir einfach keinen Spaß! Nun, ich habe zwar eine eigene kleine Koppel, auf der ich mich tagsüber austoben dürfte, aber ich frage Sie ernsthaft, wer daran wohl wirklich Freude haben würde. Ganz allein � ohne irgendeinen Freund � stehe ich nun schon seit Wochen hier und langweile mich beinahe zu Tode! Gut, es stimmt schon, dass ich mit meinem letzten Kumpel nicht gerade fein umgegangen bin, aber so ein paar kleine Schrammen können doch einem richtigen Mann nichts anhaben, oder? Ich vermisse diese Rangeleien wirklich sehr und weiß schon gar nicht mehr, wohin mit meiner überschüssigen Energie! Wenn ich wenigstens ein paar schöne Damen beglücken dürfte, aber die werden auch ständig von mir ferngehalten! Schön langsam werde ich richtig sauer! Immer nur arbeiten, und kein Vergnügen in Sicht! Gestern � als ich wieder einmal nur brav im Kreis gehen sollte � habe ich einfach mal ordentlich Dampf abgelassen und bin quer durch die ganze Reithalle gebuckelt! Mann, tat das gut! Ich hätte es aber besser trotzdem nicht tun sollen, denn dann ist mein Trainer richtig wütend geworden und hat mich doppelt so lange arbeiten lassen. Die paar Klapse mit der Gerte habe ich ja gar nicht gespürt � sowas steckt ein echter Mann wie ich doch weg wie nichts �, aber mein Maul und meine Rippen tun mir heute noch weh. Naja, wie ich schon gesagt habe � man gönnt mir eben keinen Spaß!"
Nun, ich glaube, damit wird schon sehr deutlich, dass Hengste, die nur zum Reiten verwendet werden, ganz bestimmt nicht rundherum glücklich sind. Die meist isolierte Lebensweise (Nur äußerst wenige Hengste können mit anderen Pferden zusammengehalten werden!) bedingt im sozialen Gefühlsleben ein Defizit, das vom Pferdebesitzer nur zum Teil ersetzt werden kann, sodass viele Tiere über kurz oder lang Verhaltensstörungen (Beißen, Schlagen, Steigen, etc.) zu zeigen beginnen, weil sie ihre natürlichen Aggressionen nicht anders ausleben können.
Diese einmal angewöhnten Untugenden sind ihnen nur schwer wieder abzugewöhnen, woran auch eine spätere Kastration meist nicht viel ändert, da die �männliche� Denkweise trotz der Veränderungen im hormonellen Bereich nicht so einfach �abgeschaltet� werden kann.
Ich hatte selbst einige Jahre lang einen Vollblutaraberhengst, der zwar schon als Fohlen und Jungpferd gegenüber Menschen und Artgenossen ein ziemlicher Rüpel, jedoch als Junghengst ein zwar dominanter, aber durchaus verträglicher Zeitgenosse war. Erst mit etwa 4-5 Jahren begann er, sich als Hengst so richtig aufzuführen und ging dann auch mit seinen scheinbaren Rivalen nicht gerade zimperlich um, was sich auch nach seiner Kastration mit etwa 7 Jahren nicht sonderlich änderte, denn er entwickelte sich als Wallach auch nicht zu einem freundlichen Wesen, sondern vielmehr zu einem griesgrämigen Eigenbrötler. Natürlich kann ich nicht mit Sicherheit sagen, dass er sich diesbezüglich anders entwickelt hätte, wenn er schon in jungen Jahren kastriert worden wäre, aber ich denke schon, dass das typisch männliche Aggressionsverhalten nicht so ausgeprägt zutage getreten wäre.
Ich kenne jedenfalls keinen früh kastrierten Wallach, bei dem Beißen, Schlagen oder Steigen zum �normalen� Verhalten zählt, aber auch keinen Hengst, der nicht früher oder später diese Unarten mehr oder weniger ausgeprägt gezeigt hat.
Für manche Hengsthalter gehört dies offensichtlich zum normalen Alltag, wie mir eine bekannte Distanzreiterin klarzumachen versuchte. Sie meinte nur im belanglosen Tonfall: "Also meine beiden Hengste sind eigentlich sehr brav und verstehen sich auch prächtig. So etwa einmal pro Woche gehen sie zwar steigend aufeinander los, aber dann schlage ich jedem mit einem Knüppel kräftig auf den Kopf, und schon ist wieder Ruhe. Da meine Pferde direkt neben dem Wohnhaus stehen, und ich fast immer zu Hause bin, sehe ich da kein großes Problem."
Sofern man solch brutalen Umgangsformen etwas abgewinnen kann, könnte man sagen, dass diese Frau offenbar eine erfolgreiche Methode der Hengsthaltung gefunden hat, denn sie lebt schon viele Jahre sehr gut damit. Ich für meine Person könnte mich mit dieser Art der Pferdehaltung nicht anfreunden und würde einer Kastration unter solchen Umständen sicher den Vorzug geben, doch muss wohl jeder selbst entscheiden, was für ihn und sein Pferd (seinen Hengst) die optimale Lösung ist. Oft liegen hier jedoch Tierliebe und Tierquälerei nahe beieinander!
Ähnlich sieht es bei meinem nächsten Thema aus, wenn man nämlich bei sehr kranken Pferden eine Entscheidund für oder gegen das Leben zu treffen hat. Eine Problematik, die vielen Pferdebesitzern arg zu schaffen macht, weshalb ich auch hier einige Aspekte aus der Sicht eines leidenden Pferdes darstellen möchte.
Bitte eines schwerkranken Pferdes
"Meine Besitzerin meint, sie könne mir nicht einfach das Leben nehmen, denn dann wäre sie ja eine Mörderin. Außerdem hänge sie viel zu sehr an mir, um mir dies anzutun. Nun, ich frage mich, ob dieses Gerede von Liebe usw. wirklich der Wahrheit entspricht, denn ich glaube, wenn sie mich tatsächlich lieben würde, könnte sie meine Qualen nicht einfach mitansehen, sondern würde ehrliches Mitleid mit mir haben und mich so schnell wie möglich erlösen. Der Tierarzt hat gesagt, dass ich bereits im ganzen Körper Metastasen habe � das sind viele kleine Tochtergeschwülste, wenn ich das richtig verstanden habe. Begonnen hat alles mit einem Hauttumor, mittlerweile ist vor allem meine Lunge stark betroffen, sodass mir das Atmen schon wirklich schwer fällt. Auch in meinem Kopf gibt es anscheinend solche Gewächse, denn mir ist oft schwindlig. Dann taumle ich orientierungslos umher und renne gegen die Wände, weil ich sie nicht richtig sehe. Einmal bin ich auch schon zusammengebrochen, und erst als der Tierarzt mir eine Spritze gegeben hat, ist es wieder etwas besser geworden. Er sagt aber, dass er mir sonst nicht helfen kann, weil der Krebs schon zu weit fortgeschritten ist. Meine Besitzerin will davon aber nichts hören, sondern fragt immer nur, wie lange ich noch leben kann. Ein paar Wochen oder auch Monate, meint der Tierarzt dann und rät ihr, mich doch einschläfern zu lassen. Doch dann beginnt sie immer nur zu weinen und meint, dass sie dies nicht übers Herz bringen würde. Ich weiß nicht, was die Menschen unter Liebe so verstehen, aber wenn meine Besitzerin mich hören könnte, würde ich sie von ganzem Herzen darum bitten, mich endlich von meinen Leiden zu erlösen. Ein Platz im Pferdehimmel wäre doch so viel schöner..."
Nun, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mich rührt diese Geschichte gewaltig, zumal ich einen ähnlichen Fall hautnah miterleben musste. Ich bin ganz bestimmt nicht dafür, alte und mäßig kranke Pferde sofort einzuschläfern, wenn sie keine Leistung mehr erbringen können, aber unnötige starke Leiden sollte man keinem Tier zumuten, nur weil man aus eigener Gefühlsduselei keinen Schlussstrich ziehen möchte.
Ein langer und aufmerksamer Blick in die Augen des jeweiligen Pferdes zeigt einem rasch, wieviel Lebenswillen hier noch vorhanden ist, und ob die Schmerzen noch ein erträgliches Ausmaß haben.
Seien Sie ehrlich zu sich selbst, wenn Sie sehen, dass Ihr Gegenüber Sie mit flehenden Blicken darum bittet, dem Ganzen ein erlösendes Ende zu bereiten, denn die Liebe zu einem Tier sollte auch vor dem letzten schweren Weg nicht Halt machen.
Leider neigen aber die meisten Menschen dazu, unangenehme Dinge so weit wie möglich zu verdrängen. Dies ist auch der Grund, warum ich zum Abschluss dieser Artikelserie auch noch etwas ansprechen möchte, das wohl nur wenigen Pferdefreunden bekannt sein dürfte � nämlich die Existenz von Versuchspferden.
Es gibt nicht viele von ihnen, was aber nicht heißt, dass diese eher seltenen Exemplare nicht genauso leiden müssen wie andere Versuchstiere. Vor allem werden auch sie meist unnötigerweise lange gequält, um aussagekräftige Statistiken aufstellen zu können, obwohl das Ergebnis oft schon nach wenigen Versuchen eindeutig ist, wie das nachfolgende, mir persönlich bekannte Beispiel zeigt.
Fragen eines Versuchspferdes
"Hallo! Ich heiße �Nummer 5� und bin eine von 10 Haflingerstuten, die hier in diesem Institut leben und für Versuche verwendet werden. Wir hätten da ein paar Fragen an das Management, doch die anderen sind zu feige, um sie zu stellen. Also spreche ich für alle, wenn ich nun wissen möchte, wie lange man noch dieses böse Spiel mit uns treiben möchte. Seit fünf Jahren werden wir regelmäßig besamt und dann im dritten Trächtigkeitsmonat mit irgendeinem Virus angesteckt, welcher bewirkt, dass wir unsere Babys wieder verlieren. Abortus nennt man das wohl in der Fachsprache. Wenn ich es richtig verstanden habe, will man beobachten, ob und wann dieses Virus einen Abortus hervorruft. Nach all den Jahren kann ich aus meiner Erfahrung sagen, dass wir unsere Babys immer verlieren und dies auch immer zu ähnlichen Zeitpunkten. Das Ergebnis ist also eindeutig, und ich finde, wir könnten diese grausame Versuchsreihe endlich abschließen. Ich habe aber gehört, sie soll noch einige Jahre andauern. Macht es Euch eigentlich Spaß, uns so zu quälen? Könnt Ihr Euch überhaupt vorstellen, wie wir leiden müssen? Die tagelangen körperlichen Schmerzen, das Fieber und die schreckliche Übelkeit sind schon schlimm genug, aber was das Ganze für unsere Psyche bedeutet, ahnt Ihr sicher gar nicht. Jede von uns freut sich auf ihr Fohlen und muss dann immer wieder wie in einem Albtraum miterleben, wie dieses unschuldige junge Leben getötet wird. Eine meiner Leidensgenossinen ist übrigens an den Folgen dieser Prozeduren vor ein paar Tagen gestorben, ein paar anderen geht es ebenfalls sehr schlecht, und ich frage mich, welchen tieferen Sinn diese Versuche haben sollen. Wenn man wenigstens Medikamente gegen diese Erkrankung austesten würde, aber es geht den Menschen doch nur darum, eine Statistik aufstellen zu können. Ist das diese unsäglichen Qualen wirklich wert?"
Nun, dem habe ich eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Jeder sollte sich selbst so seine Gedanken zu diesem Thema machen, denn selbstverständlich ist niemand von uns direkt an dieser Misere schuld, aber wenn wir alle bessere Tierversuchsgesetze fordern würden, könnten vielen Tieren solche unnötigen Leiden erspart bleiben.
Mit der Hoffnung, Sie, werte Leser, rundherum ein wenig zum Nachdenken angeregt zu haben, möchte ich diese Artikelserie nochmals mit dem Wunsch abschließen, mir doch Ihre geschätzte Meinung per E-mail ( › PANTERARANCH@a1.net) mitzuteilen.
In den nächsten drei Wochen folgen dann wieder spannende Leseproben aus meinem Pferderoman �Arabische Träume�, der übrigens � wie ich nochmals betonen möchte � nicht nur für Jugendliche, sondern auch für pferdebegeisterte Erwachsene als interessante und lehrreiche Unterhaltungslektüre gedacht ist. Schnuppern Sie doch einfach mal hinein und überzeugen Sie sich selbst!
Kontakt | Heidelinde Keppel | | Hauptstr. 67A | A-2723 Muthmannsdorf | E-Mail › Heidelinde Keppel | | Tel. +43 2638/88023 | Mobil 0664/4992935 | |
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