Das Geheimnis des Hufs Überraschende Erfahrungen in der Wildnis von › Werner Popken
Zum Thema Hufpflege |
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In der letzten Ausgabe habe ich den ersten Teil einer » Predigt von » Pete Ramey referiert, die sich an Anhänger der Barhufbewegung richtete. Pete Ramey war ursprünglich Hufschmied, bevor er durch intensives Studium sämtlicher verfügbarer Quellen zu einem der bekanntesten Evangelisten der Szene avancierte, nicht zuletzt durch seine intensive schriftstellerische Tätigkeit und seine geradezu aggressive Offenheit gegenüber neuen Erkenntnissen und eigenen Schwächen. Bevor ich zum angekündigten Bericht über seinen Ausflug in die Wildnis komme, muß ich allerdings noch den Rest seines Artikels würdigen.
Norbert Balk hat mich auf einen schwerwiegenden Fehler im letzten Bericht hingewiesen: Gene Ovnicek hat nicht Hufschuhe entwickelt, sondern Hufeisen (› Leserbrief 1984). Vermutlich hat er recht und ich habe mich durch sprachliche Analogien auf eine falsche Fährte setzen lassen; das englische »hoof shoe« klingt wie das deutsche »Hufschuh«, bedeutet aber »Hufeisen«, während »Hufschuh« mit »hoof boot« übersetzt wird.
Über einen weiteren Leserbrief habe ich mich freuen können: Claudia Brunner bezeichnet sich als »Barhuffanatikerin und Pferdchenretterin« und hatte gute Nachrichten für mich: Nach ihrer Kenntnis gibt es auch in Deutschland eine sehr alte, vielfältige, lebendige Szene, über die zu berichten sich lohnt. Das wäre dann das nächste Projekt. Einstweilen bleibe ich bei den Amerikanern, unter anderem auch deshalb, weil ich annehmen darf, daß viele meiner Leser die von mir bearbeiteten Beiträge nicht so komfortabel im Original lesen werden. Insofern trage ich also zum Kulturaustausch bei.
Zurück zu Pete Rameys Predigt: Er fragt, ob man verbogene Wände richten soll oder nicht? Idealerweise sollten die Hufwände parallel zum Hufbein wachsen, aber oft tun sie das nicht und biegen sich mehr oder weniger nach außen, wodurch die Verbindung zum Hufbein natürlich geschwächt wird. Ramey unterstellt sogar, daß dieser Sachverhalt allen bekannt ist, und daß nur die wenigsten Hauspferde sich einer solchen optimalen Hufform erfreuen. Außerdem behauptet er, daß die traditionellen Hufschmiede diese Problematik überhaupt nicht erkennen, im Gegensatz zu den Hufpflegern.
Üblicherweise wird die Länge des Hufs außen an der Form gemessen oder abgeschätzt, nicht jedoch an der idealen Form, die parallel zum Hufbein verlaufen würde. Der übliche Ansatz von Hufpflegern sei nun, diese nicht ideale Form so schnell möglich zu beseitigen. Darin sein sich alle einig, der Streit beginne erst bei der Frage, wie das zu geschehen sei.
Manche beraspeln nun den Huf so, daß er von außen der idealen Form gleichkommt, indem man sich das Hufbein gewissermaßen mit dem Röntgenblick vorstellt. Damit möchten sie die Bodenmechanik sofort umstellen und Kräfte vermeiden, die die nachwachsende Hufwand wiederum nach außen drücken würde. Andere schwören darauf, die Hufwand überhaupt nicht anzurühren und die Umstellung durch den nachwachsenden Huf geschehen zu lassen, wobei sie auf die richtige Ernährung und angemessene Bewegung achten. Und wieder andere sind der Meinung, daß verbogene Wände in weichen Umgebungen einfach natürlich sind.
Er selbst nimmt wieder einmal eine mittlere Position ein. Zwar hält er verbogene Wände immer für krankhaft und möchte die Hufwände absolut parallel zum Hufbein sehen, wobei Lederhaut und Oberhaut etwa drei Millimeter dick sein sollten. Wie bekommt man das hin? Auch er glaubt, daß unabhängig von der Bearbeitungsmethode die Ernährung das Wesentliche bewirkt. Darüber hinaus hält er es aber für wichtig, die äußeren Kanten der verbogenen Wände vom Druck zu befreien, indem er die sogenannte Mustang-Rolle anbringt. Dabei läßt er diese dort beginnen, wo idealerweise der Hufrand auffußen würde. Je nach Stärke der Sohle versucht er, diesen Zustand bei der ersten, zweiten oder dritten Bearbeitung hinzubekommen. Bei den meisten Bearbeitungen raspelt er bis zu einem Drittel der Hufwand, achtet aber sehr darauf, die Wände nicht so stark zu schwächen, daß sich das Pferd bei einem Stoß die Lederhaut verletzen könnte.
Wenn er das hinbekommen hat, behandelt er kaum mehr als oberflächliche Risse, meistens macht er gar nichts mehr weiter. Dann fragt er, wer wohl recht hat, und meint, daß die Sache noch nicht entschieden ist.
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