| | Barockreiten PferdeStark 2003 | | | |
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Von der Equitana zum Musical Über die Bedingungen für den großen Erfolg von › Werner Popken
Zu den Themen Frauen, Lebensgeschichte, Shows |
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In der vergangenen Woche habe ich Ihnen gewissermaßen die Vorgeschichte für die großen Triumphe von » Natalie Meyer und ihrer Ponystute Betty geschildert. Ausgehend von ihren angelesenen Erkenntnissen über Herdeninstinkt und Pferdeverhalten hatte sich Natalie 1999 aufgemacht, aus einem verdorbenen Jungpony einen Freizeitpartner zu entwickeln, an dem sie ihre Freude haben könnte. Mehr schwebte ihr gar nicht vor.
Da zunächst an Reiten nicht zu denken war, arbeitete sie mit Betty vom Boden aus. Ein entscheidender Anstoß war eine Vorführung von Nathalie Penquitt auf der Pferd & JAGD in Hannover, der zur Beschäftigung mit Zirkuslektionen führte. Betty faßte Vertrauen zu Ihrer neuen Besitzerin und lernte leicht. Ein Teil der Hoffnungen erfüllte sich damit sehr schnell: Nathalie hatte ihre Freude an Betty, und zwar immer mehr, je mehr sie sich mit ihr beschäftigte.
Bald stieg sie auch in den Sattel und setzte von dort ihre Übungen fort. Sie ritt mit Halsring, ohne Trense, ohne Sattel, und empfand "unglaublich viel Freude. Betty war erstklassig." Und damit ergab sich für Natalie eine völlig neue Perspektive. Wenn man ein so wunderbares Pony hat, sich mit ihm so gut versteht und so wunderbare Dinge mit ihm machen kann, möchte man das vielleicht auch einem größeren Publikum zeigen.
Ich habe die Frage gestellt, ob Sie und ich mit unseren Pferden oder Ponies eine ähnliche Karriere machen könnten wie Natalie Meyer und Betty. Bis hierher scheint mir die Entwicklung der beiden nicht besonders ungewöhnlich zu sein. Es gibt viele Geschichten von schwierigen Pferden, die mit genug Geduld und Einfühlungsvermögen und Sachkenntnis zu außergewöhnlichen Leistungen gebracht werden konnten. Verdorbene Pferde gibt es mehr als genug, ohne Frage, und es gibt bestimmt auch viele Pferdeleute, die das Zeug dazu haben, aus diesen verdorbenen Pferden Showstars zu machen.
Denn was Pferde zeigen, ist ja im wesentlichen das, was sie schon aufgrund ihrer Anlagen können. Jedes Pferd kann steigen und jedes Pferd kann sich hinlegen. Möglicherweise wird ein Pferd im Laufe seines Lebens niemals den spanischen Schritt zeigen oder piaffieren, aber es wäre dazu in der Lage und könnte es auch schnell lernen, wenn sein Lehrer es richtig macht. Das ist ja gerade die Grundlage der gesamten Pferdeausbildung und der gesamten Pferdeliteratur, daß jedes Pferd ausgebildet werden kann.
Freilich zeigen manche Pferde mehr Talent, d. h. es fällt den Menschen leichter, ihnen diese Dinge beizubringen, und bei manchen Pferden sieht es eben schöner aus als bei anderen. Grundsätzlich aber sind die Bedingungen mehr oder weniger gleich. Das Geheimnis beruht mehr oder weniger darauf, das Vertrauen der Pferde zu erlangen und ihnen selber durch die Übungen Freude und Vergnügen zu bereiten. Pferde sind ja nicht so sehr verschieden von uns. Sie werden gerne gelobt, sie spüren sich gerne, sie bewegen sich gerne, und sie hassen es, sich zu langweilen.
Ein Auftritt in der Öffentlichkeit allerdings ist für Pferd und Reiter etwas durchaus anderes als eine Übung zu Hause im vertrauten Rahmen. Viele Menschen würden sich gar nicht trauen, vor Publikum aufzutreten. Haben Sie schon einmal Herzklopfen gehabt, weil Sie in einer größeren Runde etwas sagen wollten? Jeder Elternabend bietet schon Gelegenheit zu dieser Empfindung. Wieviel größer mag das Lampenfieber sein, wenn Hunderte oder Tausende von Augen auf einen gerichtet sind? Und welcher Streß kommt dazu, wenn man weiß, daß der Auftritt nicht nur von einem selbst abhängt, sondern von einem Partner, dem man zwar vertraut, dessen Reaktionen in ungewohnten Umgebungen man aber nicht kennt?
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