Die Tinker oder politisch korrekt "Travellers" - obwohl der entsprechende deutsche Begriff "Fahrende" mit Recht nicht verwendet wird, weil je nach Herkunft alle oder ein bedeutender Teil dieser Volksgruppe seßhaft geworden ist, auch in Irland - sind keine Zigeuner und haben mit den Roma nichts zu tun. Sie bezeichnen sich selbst als Pavee.
| Die Pavee, auch irische Traveller oder Itinerants genannt, sind eine nomadisch reisende ethnisch-soziale Gruppe irisch-keltischen Ursprungs, die vor allem in Irland (ca. 25.000), Großbritannien (ca. 15.000) und den USA (ca. 10.000) lebt. Darüber hinaus findet man sie in kleinerer Anzahl auch im sonstigen angelsächsischen Raum (z. B. in Australien, Kanada usw.). Ursprünglich waren die Pavee als so genanntes Fahrendes Volk zumeist Wanderarbeiter und Pferdehändler.
Die sehr gebräuchliche Fremdbezeichnung Tinker entstand aus dem Kontext des englischen Ausdrucks tin für Blech. Die Bezeichnung ähnelt dem deutschen Kesselflicker, eine Anspielung auf das reisende Gewerbe und der Reparatur und Herstellung von Kochgeschirr. Tinker about ist im Englischen bedeutungsgleich mit herumbasteln und to tinker with something mit an etwas herumpfuschen. Weitere Fremdbezeichnungen, meist pejorativer bzw. abwertender Art, sind pikey, knacker und auch gypsies ("Zigeuner"), obwohl sie mit Roma-Gruppen ethnisch nicht verwandt sind. Die Ausdrücke gyppo und pikey (Schwein) sind besonders in Großbritannien weit verbreitet und eindeutig negativ belegt.
Die Iren verwenden auch den Begriff itinerants (englisch: Umherziehende oder Wandernde) für die Traveller der Grünen Insel. In Australien benennt man sie mit der romantischen Umschreibung The Sundowners � "wo die Sonne untergeht, schlagen sie ihr Lager auf". Viele der Betroffenen legen heute jedoch Wert darauf, mit ihrer keltischen Eigenbezeichnung pavee (irisch: Händler), oder der weit verbreiteten und eher neutralen Fremdbezeichnung travellers (englisch: Reisende) benannt zu werden.
Die Pavee sind soziologisch mit den mitteleuropäischen Jenischen und spanischen Quinqui verwandt � alle diese Gruppen teilen einen keltischen Hintergrund und sind traditionelle Altwarensammler, Wanderhandwerker und Handelsnomaden. Außerdem ist ihnen das Streben nach wirtschaftlicher und sozialer Autonomie gemein. Auch der Überbegriff Travellers bzw. Gens de Voyage findet für sie alle auf europapolitischer Ebene Anwendung.
Die Traveller sind eine erstaunliche Erscheinung in einer von sesshafter Kultur geprägten Umwelt, in der sie mit ihrer eigenen Sprache, Kultur und Wertesystem leben. Innerhalb der Gruppen zu heiraten, auch aus wirtschaftlichen Gründen (Mitgift etc.), spielt ein wichtige Rolle und untersteht internen Regeln. Ehen werden früh arrangiert und jung geschlossen. Da sie eine verordnete, formale und staatliche Bildung meist ablehnen und ihr Wissen kollektiv, organisch überliefert wird, sind sie oftmals einer Kulturüberheblichkeit und Diskriminierungen ausgesetzt � gelten doch Menschen ohne festen Wohnsitz in der westlichen Welt als suspekt.
Über die historische Herkunft der Pavee ist man sich nicht einig. Eine Theorie über ihre Herkunft zielt auf die Abstammung von einer anderen nomadischen Gruppe, den so genannten Tarish ab. Gesichert ist nur, dass die Pavee seit dem 13. Jahrhundert in Irland dokumentiert sind. Traditionell waren sie Wanderhandwerker (Blechschmiede, Kupferschmiede, Hausierer, Kesselflicker usw.) und passionierte Pferdehändler. Von William Shakespeare wird 1594 in seinem Werk "The Taming of the Shrew" durch eine der Hauptfiguren, dem Tinker Sly, dieser Habitus eines Travellers bereits genau so dargestellt.
Historisch spielten die Tinker eine bedeutende Rolle in der Verbreitung von Musik, Geschichten und Neuigkeiten. In Zeiten ohne moderne Medien und mit eingeschränkter Mobilität waren Traveller in entlegenen Gegenden wesentliche Übermittler von Kultur und Information. So beeinflussten sie stilistisch auch seßhafte Musiker und trugen auf diese Weise maßgeblich zur Entwicklung des Irish Folk bei.
Sie treffen sich seit über hundert Jahren zum alljährlichen Pferdehandel auf dem Pferde-Jahrmarkt von Appleby im britischen Cumbria.
Der nomadische Lebensstil und ihr Wunsch in Familien-Verbänden zu leben provoziert oft Konflikte zwischen den Pavee und der "Mainstream"-Gesellschaft, besonders in urbanen Zonen und aus raumplanerischen Gründen. Bewilligungen zum Erstellen von Wohnbaracken und Wohnwagen werden oftmals nicht eingeholt, da Travellers schon im Vorfeld davon ausgehen, dass diese nicht erteilt werden. Die Pavee berufen dann sich für die Legitimität ihrer Lager und Siedlungen auf Menschen-, Minderheiten-, Gewohnheits- und Grundrechte. Zwischenzeitlich hat man die Taktik der rückwirkenden Bewilligung verfolgt, die im britischen Wahlkampf 2005, durch Michael Howard von der konservativen Partei, nachteilig für die Traveller thematisiert wurde. So werden neuerdings verstärkt Traveller durch Zonenplanung und Bewilligungsverfahren an den Rand der Gesellschaft gedrängt, mit den entsprechenden negativen sozialen Folgen (Elendsquartiere etc.). Einer aktuellen Umfrage zufolge lehnen 75 % der englischen Bevölkerung ansässige Traveller in ihrer Nachbarschaft ab. Die Medien tun ihr Übriges, um das negative Bild der Traveller zu verankern, und die Boulevardpresse diskriminiert sie in der Öffentlichkeit, siehe: The Sun.
Aktuell ist aber auch diese Verleumdung durch die Presse in den Medien zum öffentlichen Thema geworden, siehe: BBC.
Obwohl Traveller auch ein Synonym für Gauner ist, haben die Pavee keine signifikant höhere Kriminalitätsrate. Anders sieht es dagegen bei Übertretungen und Vergehen gegenüber Behörden und landschaftlichen Hoheitsrechten aus.
Die Traveller in den USA gliedern sich in eine nördliche, südliche und westliche Gruppe auf, von denen jede wiederum ihre eigenen Untergruppen hat. Sie haben aber, im deutlichen Gegensatz zu den Pavee in Irland und Großbritannien, ein höheres Wohlstandsniveau als die Mehrheitsgesellschaft. Man wohnt im Winter in Wohnmobilen auf gekauften oder gemieteten Standplätzen und fährt im Sommer auf die Handelsschaft und Arbeit durch die Regionen. Man ist sich seiner Herkunft wohl bewusst, was man an der Religionszugehörigkeit unschwer ablesen kann. So sind die ehemals irischen Pavee Katholiken und die aus Großbritannien stammenden Anglikaner. Die Kirchenangehörigkeit hat einen nicht zu unterschätzenden, prägenden und formenden Einfluss auf die verschiedenen Gruppen und wird bei Eheschließungen entsprechend berücksichtigt
Als Tinker bezeichnet man auch die Pferde der Tinker. » Tinker, » Pavee | | |
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