Die Olympischen Spiele wurden bekanntlich von den Nationalsozialisten als gro�es Propagandaspektakel zelebriert. Wegen der judenfeindlichen Politik war die Durchf�hrung immer wieder einmal gef�hrdet. Selbstverst�ndlich wollte man bei diesen olympischen Spielen auftrumpfen. Der Druck auf die Sportler mu� sehr gro� gewesen sein. Aber noch gr��er waren die Anforderungen. Man hatte aus den Vorbereitungen nichts gelernt.
Die Dressur ist relativ unproblematisch. Heinz Pollay siegt mit 15 Punkten Vorsprung; in der Mannschaftswertung f�hrt Deutschland 228 Punkte vor Frankreich. Problematisch wird es bei der Military. Das ist kein Krimi, das ist eine Horror-Story.
| | | Hauptmann Stubbendorff auf Nurmi �ber dem "Faschinengraben" in D�beritz (im Vordergrund der ausgeschiedene Italiener Feruzzi) | | | |
| | | Konrad v. Wangenheim und Kurf�rst st�rzen beim Einsprung in den gro�en Teich. Das Pferd l��t sich minutenlang nicht wieder einfangen. | | | |
| | | 2 Goldmedaillen (Springen): Kurt Hasse & Tora | | | |
| Die stattliche Anzahl von 19 teilnehmenden Nationen mit insgesamt 50 Reitern weist die Vielseitigkeit auf. 14 L�nder schicken sogar komplette Mannschaften nach Berlin. Nach der Gel�ndepr�fung auf der Militarystrecke von D�beritz ist das Feld auf 30 Pferde geschrumpft. Nur vier Mannschaften bleiben in der Wertung: Deutschland, Polen, Gro�britannien und Tschechoslowakei. Die Ungarn und D�nen haben besonderes Pech: Mit je zwei Pferden rangieren sie nach dem Gel�nde unter den besten zehn Reitern, und bei beiden Nationen machen ein Beinbruch beziehungsweise dreimaliges Verweigern und Ausschlu� des dritten Mannschaftspferdes die Teamwertung zunichte. Andere Nationen finden gar nicht zu ihrer Leistung. Die Italiener beispielsweise bringen keines ihrer Paare ins Ziel.
Die deutschen Farben vertreten Ludwig Stubbendorff mit dem elfj�hrigen Ostpreu�en Nurmi v. Merkur, Konrad Freiherr v. Wangenheim mit dem achtj�hrigen Vollbl�ter Kurf�rst xx v. St. Eloi und Rudolf Lippert mit dem 14j�hrigen Ostpreu�en Fasan von Burkhardt. Stubbendorff und Nurmi gewinnen die Dressurpr�fung, Lippert plaziert sich an zehnter Stelle. Da es kein Streichergebnis gibt, rutscht das deutsche Team durch die schlechte Leistung v. Wangenheims in der Zwischenwertung weit nach hinten. Der Oberleutnant, als 26j�hriger der J�ngste der Military-Pr�fung, erwischt einen schwarzen Tag, sein Pferd Kurf�rst ist unkonzentriert, widersetzlich und zeigt keinen Schritt: Platz 46. Aber es soll noch schlimmer kommen.
Der von August Andreae gestaltete Gel�ndekurs mit 35 Hindernissen fordert den Aktiven alles ab. Der inzwischen 69j�hrige Andreae, einst Begr�nder des Kartells f�r Reit- und Fahrsport, hatte die schlimmsten Klippen gleich zu Beginn der Strecke eingebaut, um schnell die schw�cheren Pferde und Reiter auszusortieren. Sein Plan geht auf, wenngleich sicher nicht im Interesse der Reiter. Am 4. Hindernis - einem Teich mit vorangestellten Koppelrick - sind extrem viele Opfer zu beklagen. 29 Pferde st�rzen bei der Landung ins Wasser, �berschlagen sich zum Teil und verlieren ihren Reiter. Dieses Schicksal ereilt auch v. Wangenheim, dessen Kurf�rst sich, heftig im Wasser strampelt, 5 Minuten lang nicht wieder einfangen lassen will. Dieser Zwischenfall kostet den Reiter viele Zeitstrafpunkte. Kurf�rst hatte sich schon zuvor auf der Rennbahn arg ungest�m geb�rdet und war auf den ersten Metern der Gel�ndestrecke kaum zu b�ndigen. Nach dem Sturz setzt der Vollbl�ter die Pr�fung in unbeirrt hoher Geschwindigkeit fort. Ein Hindernis 18, zur Halbzeit der Gel�ndepr�fung, kann v. Wangenheim nicht verhindern, das Kurf�rst einen kapitalen Baumstamm streift, wobei sich der geplagte Reiter auch noch eine erhebliche, schmerzhafte Schulterverletzung zuzieht. Wider Erwarten erreicht das Paar das Ziel. [...]
Derartige Unf�lle und Mi�geschicke k�nnen v. Wangenheims Mannschaftskameraden Lippert und Stubbendorff vermeiden. Stubbendorff und Nurmi passieren die Gel�ndestrecke in 15 Minuten und 11 Sekunden als Schnellste.
Die Pechstr�hne v. Wangenheims rei�t auch im anschlie�enden Parcoursspringen nicht ab. Die �rzte hatten einen Schl�sselbeinbruch an der linken Schulter und mehrere Zerrungen diagnostiziert und den linken Arm am K�rper fixiert. Um den ungest�men Kurf�rst �berhaupt halten zu k�nnen, reitet v. Wangenheim ihn mit scharfer Z�umung. Der Ritt vor rund 100.000 Zuschauern im Olympiastadion beginnt verhei�ungsvoll, zumindest bis zum Aussprung der zweifachen Kombination. Hier kann der Reiter das Pferd nicht mehr regulieren, so da�, wie es in Gustav Raus Turnierbericht hei�t, "sich Herr von Wangenheim nur noch durch einen heftigen Insterburger, verbunden mit einem gewaltsamen Herumsrei�en des Pferdes nach links, helfen konnte. Kurf�rst gehorchte, b�umte sich aber hoch auf, schlug gegen den Fang, brach in der Hinterhand zusammen und fiel hin. Der Wallach blieb, wohl bet�ubt, zun�chst eine Zeitlang liegen, die allen Zuschauern eine Ewigkeit d�nkte. Dann brachte ihn der Reiter wieder hoch und bestieg ihn aufs neue. Das Nehmen der letzten Hindernisse war dann wirklich ein Triumphritt, wie ihn nur selten ein Reiter getan hat."
Nat�rlich wei� v. Wangenheim, das von der Fortsetzung der Springpr�fung, die nur vier Teilnehmer ohne Abruf absolvieren, die Existenz der deutschen Mannschaft abh�ngt so qu�lt er sich mit gro�e Schmerzen ins Ziel und reitet die dank der gl�nzenden Dressur- und Gel�ndeergebnisse Stubbendorffs und des guten Abschneidens Lipperts zum Greifen nahe Goldmedaille. Stubbendorff und Nurmi verlassen den Parcours mit nur einem Abruf und sichern sich zudem Gold in der Einzelwertung.
Die 5. und 6. Goldmedaille der olympischen Reiterspiele von Berlin gewinnen die deutschen Springreiter. Sie stehen unter enormem Druck. Das Olympiastadion ist nicht nur ausverkauft, sondern restlos �berf�llt. �ber 120.000 Menschen wollen erleben, ob es den Springreitern gelingt, auch noch die beiden letzten m�glichen Goldmedaillen zu erreichen. Hitler und die gesamte Polit-Prominenz nehmen auf der Ehrentrib�ne Platz. Der Parcours, an Schwierigkeiten kaum zu �bertreffen, fordert 20 Spr�nge, darunter zwei zweifache und zwei dreifache Kombinationen. Optimisten mutma�ten im Vorfeld, da� es zehn Reitern gelingen k�nnte, den Kurs fehlerfrei zu �berwinden. Sie sollten sich t�uschen. Es schafft niemand. Nur mit einem spring Fehler verlassen lediglich zwei Pferden die Bahn, eines davon die unerschrocken Stute Tora unter Kurt Hasse. Die H�lfte der Reiter handelt sich zwischen 20 und 28 Strafpunkte ein. Der schlechteste Reiter verl��t den Parcours sogar mit �ber 51 Strafpunkten. 13 der 54 gestattet den Reiter aus 18 Nationen kommen gar nicht erst bis zur Ziel Linie. Alle Reiter der Mannschaften aus Rum�nien, Schweden und England scheiden aus. Vielleicht tr�gt die Atmosph�re ihren Teil zu den ungew�hnlich vielen Fehlern bei. Keines der Pferde hatte jemals ein solches Stadion mit derart hoher Ger�uschkulisse und unz�hligen Fahnen erlebt.
Vergleichsweise souver�n meistern die �brigen deutschen Reiter die Herausforderung: Heinz Brandt mit dem erst 7j�hrigen Hannoveraner Alchimist v. Amalfi sowie Marten v. Barnekow mit der 9j�hrigen Holsteiner Stute Nordland v. Nutznie�er sammeln jeweils "nur" 20 Fehler und rangieren beide auf dem 16. Platz. Ohne die Leistung von Kurt Hasse und Tora w�re die Goldmedaille eintragen geblieben. Die zw�lfj�hrige Ausnahmestute Tora, die von dem Hackney-Hengst Capenor Mormal Forester abstammt, und ihr Reiter Kurt Hasse lassen sich von der Kulisse nicht beeindrucken und beenden die Pr�fung mit nur einem Abwurf. Mit insgesamt 44 Fehlern sichert sich das deutsche Team Mannschafts-Gold vor Holland (Silber/51,5), Portugal (Bronze/56), Amerika (72,5), Schweiz (74,5), Japan (75) und Frankreich (75,25).
Ein Stechen bringt die Entscheidung um die Einzelmedaillen: Hasse und Tora treten gegen den rum�nischen Oberleutnant Rang und den rum�nischen Wallach Delfis an. Zwar machen beide Pferde wieder einen Fehler, aber Hasse ist der Schnellere. F�r den Stechparcours �ber f�nf Spr�nge ben�tigt Tora sagenhafte 13,5 Sekunden weniger als Delfis. Die Stimmung im Stadion �ber die 6. Goldmedaille f�r die deutschen Reiter l��t sich heute allenfalls erahnen. Gustav Rau beschreibt im St. Georg: "Als der Sieg Toras nach dem Stechen feststand, erzitterte minutenlang das Reichssportfeld unter dem Beifall. Wer noch nicht wu�te, was Enthusiasmus ist, der konnte das in jenen Minuten erleben."
Nie wieder konnte seitdem eine Nation den Erfolg der drei deutschen Mannschaften wiederholen. Von sechs m�glichen olympischen Goldmedaillen alle sechs zu gewinnen, wird wohl in der internationalen Reitsportgeschichte einmalig bleiben. a. a. O., Seite 96-99 | | |
Quellen / Verweise
Fotos
� Quelle: FN, Privatarchiv H. Munzendorf, Susanne Hennig: 100 Jahre FN, FN-Verlag 2005
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