| |  | Zirkusvorstellung bei Ismer Schamanenkunst selbstgemacht |  |  |  |
| Oh je, wo bin ich denn da hingeraten? Auch die meisten anderen Fundstellen waren auf den ersten Blick so unseriös, daß ich mich leicht angewidert abwenden wollte. Da erinnerte ich mich an meine eigene Bekanntschaft mit Klaus Ferdinand Hempfling. Bekanntschaft ist zuviel gesagt: Ich habe ihn gesehen, aber er wird mich nicht wahrgenommen haben. Die Veranstaltung, auf der ich ihn erlebt habe, hat mich so aufgeregt, daß ich meinte, man dürfte darüber nicht einfach so hinweggehen. Hier war etwas Ungeheuerliches passiert, davon mußte die interessierte Öffentlichkeit erfahren.
Ich überlegte, wo ein Bericht und eine Kritik wohl erscheinen sollte. Da gab es keinen Zweifel: » Cavallo war das geeignete Magazin. Die Cavallo erreicht Hempflings Publikum am besten, und außerdem hatte die Cavallo in ihrer ersten Ausgabe, die noch gar nicht so lange zurücklag, mit Hempfling groß aufgemacht (» Der mit dem Pferd tanzt). Hempfling mußte für die Cavallo ein Thema sein.
Freilich hatte die Cavallo Hempfling gefeiert, und deshalb waren durchaus Zweifel angebracht, ob die Redaktion neutral genug war, sich meines Berichtes anzunehmen. Immerhin wollte ich massive Kritik üben, und zwar an der Person, nicht an der Leistung; im Gegenteil, ich wollte seine positiven Beiträge sehr präzise herausarbeiten, um sie dann desto dramatischer den Exzessen gegenüberstellen zu können.
Welche Alternativen gab es? Der Verlag hatte sich selbst diskreditiert, indem er zu dieser Veranstaltung eingeladen und sie ohne Kommentar durchgeführt hatte. Da es um ein neues Buch von Hempfling ging, mußte der Verlag im Bilde sein. Außerdem hatte dieser naheliegende Interessen, die er nicht würde preisgeben wollen. Zudem besaß er keinen schnellen und direkten Zugang zur Öffentlichkeit.
Die anderen Zeitschriften hatten zu Hempfling deutliche Distanz gehalten bzw. diesen vollkommen ignoriert. Warum sollten sie dann über ihn berichten, wenn auch negativ? Ihre Leserschaft hätte gar kein Interesse daran. Wer war für diese Leute schon Klaus Ferdinand Hempfling?
Ich nahm also zur Redaktion der Cavallo Kontakt auf und schilderte telefonisch den Fall, meine Eindrücke und meine Bewertung; und siehe da, die Chefredakteurin signalisierte Interesse. Nun hatte ich auch damals sehr wenig Zeit und keine Lust, einen Artikel zu schreiben, der dann nachher nicht gedruckt würde. Ich stellte also eine Bedingung. Ich würde den Artikel nur dann schreiben und einreichen, wenn die Cavallo ihn bringen würde. Das wurde mir zugesagt.
Man recherchierte nämlich bereits im Geheimen, traute sich aber noch nicht. In Stuttgart wußte man von gerichtlichen Auseinandersetzungen, vor denen man sich selbst durch entsprechend sorgfältige Recherchen schützen wollte. In Spanien sollten ungeheuere Dinge passieren. Ein Pastor aus Münster sei dort inkognito als Teilnehmer eines Seminars, das übrigens horrend teuer gewesen sei, in seinem Zimmer abgehört und dann beim Frühstück zur Rede gestellt worden. Womöglich sei Hempfling Scientologe, die Methoden würden das nahelegen.
Damit hatte ich nichts zu tun. Hier ging es nicht um Geheimniskrämerei. Hunderte Pferdefreunde hatten an der Veranstaltung teilgenommen und konnten Zeugnis ablegen. Die Cavallo machte dann aber doch einen Rückzug. Man wollte den Bericht nicht losgelöst bringen, sondern nur in Verbindung mit der ganz großen Story, die Hempfling womöglich fertigmachen würde. Daraus ist aber nichts geworden.
Aufgrund der Zusage hatte ich mich damals an die Arbeit gemacht. Irgendwo auf meiner Festplatte würde ich diesen Aufsatz vielleicht finden. Und ich fand ihn. Er las sich erstaunlich erfrischend und aktuell. Leider brach er mitten im Text ab. Offensichtlich war ich zwischendurch informiert worden, daß die Cavallo den Rückzug angetreten hatte. Schade. So muß ich den Rest aus der Erinnerung rekonstruieren. Die Sache liegt immerhin sieben Jahre zurück.
"Wer stoppt Hempfling?" hatte ich den angefangenen Bericht betitelt. Denn das schien mir die zentrale Frage zu sein. Dieser Mann hatte nach meinem Dafürhalten jedes Maß verloren, was an sich schon schlecht genug ist, besaß aber zudem offensichtlich keinerlei Korrektive. Er konnte sich anscheinend alles erlauben, er erlaubte sich alles, und das konnte nicht gutgehen. Denn dieser Mann hatte aus meiner Sicht ganz schwerwiegende charakterliche Defekte.
Wer hätte ihn korrigieren können und müssen? Der Verlag, seine Leser, seine Umgebung? Alle hatten anscheinend versagt. Wie sollte das weitergehen? Daß dieser Mann gestoppt werden mußte, schien mir außer Frage zu stehen. Deshalb wählte ich den suggestiven Titel, den ich für diese Ausgabe übernommen habe.
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