Frage: Obwohl die Richtlinien für die Zucht isländischer Pferde auf internationaler Ebene definiert werden (FEIF), scheint mir, daß die Zucht in Island sich von der Zucht auf dem europäischen Kontinent unterscheidet. Welche Art des isländischen Pferdes wird in Island gezüchtet? Und was ist Ihre Meinung über isländische Pferde, die in Deutschland, Dänemark, ... gezüchtet werden? Haben die Züchter außerhalb von Island züchterische Richtlinien verletzt und damit unerwünschte Entwicklungen hervorgebracht oder sogar eine andere Art des isländischen Pferdes?
Antwort: Zucht ist eine Wissenschaft, die sich langsam entwickelt und deren Ergebnisse nur langsam deutlich gemacht werden können. Zucht wird in Jahrzehnten gemessen. Das isländische Volk züchtet seit Jahrhunderten Pferde.
Wir fordern und bleiben beim fünfgängigen Pferd, das irgendwie seinen eigenen Willen, Energie und Lebhaftigkeit besitzt, es ist klug, stark und schnell.
Auf dem Hof Oddholl paaren wir ausschließlich erstklassige Hengste und Stuten mit ausgezeichneten Abstammungsnachweisen. Es ist sehr wichtig, die Fünfgängigkeit zu erhalten, da die laterale Bewegung die wahre Basis für den Tölt ist. Den natürlichen Tölt.
Europa plädierte für mehr viergängig veranlagte Pferde, die man einfacher zum reinen Tölt bringen kann, womit man den riskanten "Schweinepaß" vermeidet.
Aus langfristiger Sicht ist das tödlich für den Tölt - mit viergängigen Pferden wird der Tölt vollständig dem Trab weichen. Ich glaube, daß das ein großer Verlust für das isländische Pferd sein würde. Solche Experimente und Abweichungen können tiefgreifende negative Konsequenzen in sich bergen.
Frage: Wie entscheiden Sie sich für das richtige Pferd, wieviel Zeit brauchen Sie, um Pferde für Spitzenwettbewerbe zu trainieren?
Antwort: Das Pferd muß gut veranlagt sein. Es muß all die Vorzüge in sich vereinen, über die ich gesprochen habe, um ein Spitzenpferd zu sein. Allerdings müssen diese Vorzüge bereits angeboren sein. Wenn das Pferd nicht im Alter von vier Jahren perfekt ist, dann ist wenig Hoffnung, daß es sich in der nächsten Zeit verbessern wird. Man wird ihm viel beibringen können, aber es wird nie ein Spitzenrennpferd werden und alles Training wird das nicht wettmachen können, was die Natur ihm nicht mitgegeben hat.
Ich brauche ungefähr 3-4 Jahre, um ein ausgezeichnetes Pferd zu einem Spitzenrennpferd zu entwickeln. Die besten Jahre eines isländischen Pferdes sind die zwischen 8 und 12. Ein Pferd mit Spitzenveranlagung kann seine Kraft und Energie aber viel länger halten; mit meinem Hengst Snarfari frá Kjalarland habe ich zum Beispiel den Weltrekord im fliegenden Rennpass auf 100 Meter gewonnen, als er zwanzig Jahre alt war.
Frage: Zum Abschluß vielleicht ein letzter Gedanke über Pferde und Sie selbst...
Antwort: Das Einzige, was ich immer über Pferde sage, ist, daß es ein außergewöhnliches Privileg ist, ein Pferd als Freund und Kamerad zu haben.
Und über mich selbst: Ich bin ein glücklicher Mann. Ich habe ein wundervolles Heim, eine geduldige Frau und fünf Kinder, die mich sehr unterstützen und mir helfen. Und ich habe einen Beruf, den einzigen, den ich wirklich gerne ausübe. Es ist gewissermaßen mein Hobby, das mir hilft, meine Familie auf annehmbarer Weise zu unterstützen. Könnte ich mir etwas anderes wünschen?
Quellen
Fotos
© Agata Macek
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