Als wir uns dem Schlosshotel näherten, begann Rashim zu tänzeln. Er nahm die vielen anderen Pferde wohl schon war, bevor ich sie sehen konnte. Zu diesem Zeitpunkt fand ich das Tänzeln noch nicht schlimm, schließlich sieht es ja nett aus und sitzt sich bequem. Auch war er leicht zu halten, er lief eben nur keinen richtigen Schritt mehr.
Wir ritten durch die Toreinfahrt und hinunter zum Rasen hinter dem Schloss. Da wir sehr früh ankamen, standen bislang nur wenige Pferde dort unten. Ich versuchte, Rashim zum Grasen zu veranlassen, aber er war zu unruhig.
Er lief in flottem Schritt Kreise über die Wiese und blieb immer nur für Sekunden mit hochgerecktem Kopf stehen, um aus weitaufgerissenen Augen in die Gegend zu schauen. Ich ließ ihn gewähren, denn ich hatte keine Lust, ihn schon vor dem Start zu ärgern.
Das Publikum, das bislang noch im Zelt gefrühstückt hatte, begann sich nun mehr um die Pferde zu scharen, und die Leute erkundigten sich nach Name oder Rasse der einzelnen Tiere. Wie immer wollten viele Kinder Rashim streicheln.
Offensichtlich ist der kleine Schimmel mit seinen 1,46 m Stockmaß weniger furchteinflößend als "ganz große Pferde". Rashim war so gnädig, wenigstens ab und zu mal seine Nase weit genug zu senken, um eine kleine Kinderhand an sich heran zu lassen, aber so richtig freundlich war er nicht.
Immer mehr Reiter trafen ein. Erstaunlicherweise waren diesmal so gut wie keine Ponies dabei. Rashim war bis auf ein Merenge-Pony das einzige kleine Pferd und ich begann zu überlegen, ob ich hier wirklich mitmachen sollte.
Aber die Strecke konnte für ihn nicht zu anstrengend sein. 18 km mit 15 Sprüngen waren angegeben, das war wirklich nicht sehr viel, vor allem, wenn man im Nichtspringerfeld ritt. Außerdem waren etwa drei Stunden mit einer größeren Pause dafür geplant.
Immer mehr Reiter sammelten sich auf dem Rasen.
Es trafen auch drei Reiter mit Kaltblütern ein. Ich staunte, dass sie die Strecke gehen konnten, und war gespannt auf das Galoppiervermögen dieser wuchtigen Pferde.
Dann kam die Equipage mit den Hunden, es waren zwei Meuten, die » Geiseltal- und die Barbour-Beagle-Meute.
Die Damen der Equipage arbeiteten mit langen Peitschen, um die Hunde vom Pferd aus im Griff zu behalten. Ich konnte über die Ruhe ihrer Pferde nur staunen, stellte ich mir dagegen Rashim vor, wenn ich auf seinem Rücken mit einer Peitsche mit meterlangem Schlag hantieren würde.
Aber es waren durchweg große recht schwere Warmblüter, die meinem Bild des irischen Hunters schon recht nahe kamen. Leider hatte ich keine Gelegenheit, hier nachzufragen.
Als alle vollzählig versammelt waren, standen über vierzig Pferde hinter dem Schloss. Die meisten Reiter schienen sich gut zu kennen, viele von ihnen hatten etliche Knöpfe am Revers, die auswiesen, wie viele Jagden sie in dieser Saison schon geritten hatten.
Ich kam mir sehr neu und unwissend vor und hoffte nur, keine Formfehler zu machen.
Der Master hielt eine Eröffnungsansprache, es gab den obligatorischen Bügeltrunk und dann ging es los. Eine Einteilung in Springer- und Nichtspringerfeld fand noch nicht statt, und mir wurde schon himmelangst, ob es hier vielleicht doch kein Nichtspringerfeld geben würde.
Überhaupt kam ich mir mit meinem kleinen Pferdchen etwas deplaziert vor.
| |