Diese Energien sind existent - auch wenn wir sie nicht sehen können. Und diese Energien empfängt nun - um beim Thema zu bleiben - das Pferd. Und schon hat das Pferd "den Plan von uns in der Tasche." Ich weiß nicht, ob das Pferd in Worten denkt ("Oh, die ist aber heute mies drauf.") oder ob unser Gehirn die telepathische Sendung des Pferdes in Worte kleiden. Jeremias ( Tierschutzfall: Jeremias, Erziehung eines Pferdes), eines meiner Pferde, "denkt" vielleicht in Gefühlen, denn das ist es, was er hauptsächlich übermittelt. Ich stelle ihm eine Frage und wusch - werde ich heftigst überspült von einem ganz bestimmten Gefühl. Er wirft sein gesamtes Wesen in dieses Gefühl hinein, und mich haut es jedesmal aus den Socken. Zu Jeremias hatte ich diese energetisch-telepathische Verbindung von dem Moment unserer ersten Begegnung, allerdings ohne es zu wissen. Erkannt habe ich dies erst nach Jahren (!) und die Erkenntnis darüber glich einer Erleuchtung. Es war während eines Spazierganges. Eher ganz allein mit mir. Dämmerung. Etwas weiter vor uns Brenschelbach-Bahnhof, eine kleine Ansiedlung von Häusern. Ein LKW steht vor einem Generator, der fürchterlich brummt. Jeremias stemmt alle Viere in den Boden, richtet sich auf rund zeigt mir durch seine Körperhaltung: "Angst! Da gehe ich nicht weiter!" Ich, als wohlkonditionierter Pferdehalter, denke: "Wir gehen noch näher ran. Dann sieht er, daß das nicht gefährlich ist." Jeremias antwortet mit noch größerer Angst und reißt die Augen auf, drängt rückwärts. Ich, als erfahrener Pferdemensch, denke: " Anforderungen an das Pferd zurückschrauben, er soll sich beruhigen, ich bin ja bei ihm. Es gibt keinen Grund, sich aufzuregen." Jeremias antwortet mit einem ganzen Kanonenschuß am Gefühl. Plötzliche rast mein Herz, meine Muskeln zittern, mein gesamter Körper steht unter einer unheimlichen Anspannung. Es zerreißt mich im Innern. Ich will nur noch weg - Panik, Angst, nacktes Entsetzen. Und in diesem Augenblick habe ich erkannt: "Halt! Stop! Das ist nicht meines. So fühle ich mich nicht. Ich habe keine Angst. Mit Sicherheit befinde ich mich in einer unangenehmen Situation - ein tobendes Pferd am Strick, daß versucht, sich loszureißen. Aber das macht mir keine Angst." Und es ist mir wie Schuppen von den Augen gefallen, die Erkenntnis, daß ich auf Jeremias reagiere und nicht er auf mich. Also ringe ich um Selbstbeherrschung, ringe darum, meinen Herzschlag zu beruhigen und die Anspannung aus meinem Körper zu vertreiben. Es ist nicht leicht in dieser Situation, denn Jeremias tourt; er hält mich in Bewegung, verlangt meine ganze Konzentration. Es ist ein Kampf um seine Aufmerksamkeit, um seinen Kopf, den er nicht nach außen werfen darf, denn dann wird er sich losreißen. Und es ist ein Kampf in meinem Kopf, in meinem Körper, das Gefühl der Angst loszuwerden und Ruhe und Sicherheit zu senden, auszustrahlen. Es war eine schwierige Aufgabe, aber ich habe sie bewältigt. Es gelang mir, meinen Herzschlag zu beruhigen, Entspannung zu fühlen, und es gelang mir auch, dies an Jeremias zu übermitteln. Ich wurde ruhiger. Dann wurde er ruhiger. Ich hatte ihn tatsächlich erreicht! Er stand neben mir, aufrecht, den Kopf stolz erhoben. Ein stolzes, schönes Pferd, noch immer etwas ängstlich, aber ruhig. Es war genug für heute. Wir beide gingen gemeinsam nach Hause. Dieses Erlebnis lehrte mich vieles.
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