|  |  | Siegerstute 2002 Ginella v. Gomez (61) Beste Dreijährige Dorinna v. Dartagnan (41) |  |  |  |
| Die Umstellung auf den modernen Bedarf dauerte 15 Jahre. Durch eine Verdrängungszucht wurden die unerwünschten Eigenschaften herausgezüchtet:
Von Generation zu Generation zeichnet sich nun ein Zuchtfortschritt ab. Altmodische, derbe Pferde mit großen Köpfen und geradem, festem Rücken sind praktisch von der Bildfläche verschwunden. Stattdessen sieht man sportliche, wohlproportionierte Pferde, die Adel und Ausdruck, gute Reitpoints, ein klares Fundament und reelle Grundgangarten besitzen. Viele Pferde sind deutlich blutgeprägt, ohne Einbußen in den Temperaments- und Reiteigenschaften zu zeigen. Im Gegenteil, gerade die Rittigkeit und Sporteignung der hessischen Pferde sind mindestens in gleicher Weise gefördert und verbessert worden wie der Typ und das Exterieur. | |
Diese Entwicklung ist keineswegs ungewöhnlich, im Gegenteil, sie hat überall in unserem Lande stattgefunden. Es war das bewußte Ziel, von den landestypischen Eigenarten zu einem einheitlichen "Deutschen Reitpferd" zu kommen. Zwar sehen die Pferde heute überall gleich aus, für die Vermarktung ist es aber anscheinend doch wichtig, weiterhin von Hannoveranern, Westfalen, Holsteinern, Oldenburgern zu sprechen.
Cara ist ein typisches Beispiel dieser Umzüchtungspolitik. Ihr Körperbau war ziemlich uneinheitlich, manchmal hatte ich den Eindruck, sie gäbe ein gutes Modell für ein Fehlerpferd ab, also ein Pferd mit vielen Gebäudemängeln.
Ihr Charakter war jedoch einwandfrei; ich habe nie vorher und nachher ein Pferd von so noblem Wesen kennengelernt. Im Gegensatz dazu ist Pit als Enkel von Pilot ziemlich schwierig. Die ganze Nachkommenschaft gilt als "wirr im Kopf"; sie springen wie der Teufel, sind aber problematisch im Umgang.
Nun muß man wissen, was man will. Wenn es um die Gewinnsummen geht, mag man den heiklen Umgang in Kauf nehmen wollen. Will man aber durchweg Freude an seinem Pferd haben und nicht unbedingt gewinnen, sind die charakterlichen Stärken durch nichts zu ersetzen.
Und damit sind wir beim Markt. Die Broschüre des Verbandes läßt keinen Zweifel: auch die Hessen richten sich am internationalen Turniergeschehen aus. Das ist verständlich; denn der Wettbewerb ist sozusagen eine scharfe Lupe, mit der die Spreu vom Weizen getrennt werden kann, zumindest in Bezug auf objektivierbare Kriterien.
Die Hessen schlagen sich dabei nicht schlecht; die Liste der sportlichen Erfolge ist sehr lang. Sie kann sich nicht vergleichen mit den Erfolgen der Norddeutschen, aber die Hessen holen auf. Wieso auch nicht? Schließlich liegen die züchterischen Entscheidungen offen zutage, und was dem einen Erfolge bringt, macht der andere sofort nach.
Die Hessen haben jedenfalls den Anspruch, ganz nach vorne aufzuschließen. Das Logo ist jetzt ergänzt worden durch den Zusatz: "In Zukunft Hessen!" Seit 1997 führt der Verband mit Unterstützung durch das Institut für Tierzucht der Universität Gießen das "Projekt Hessenpferd" durch.
Wichtige Qualitätsmerkmale der Zuchtpferde und ihrer Nachkommen werden erfaßt und veröffentlicht. Die Hessen reagieren damit auf den gesättigten Markt. Die Qualität soll in den Vordergrund rücken, und zwar schon bei der Anpaarung.
Aus den Ergebnissen des Rittigkeitstests ("Hessentest") soll ein überdurchschnittlicher Zuchtwert für jedes Fohlen erreicht werden. Schließlich soll sogar ein "Gütesiegel Hessenpferd" entwickelt werden, auf das sich der Kunde verlassen kann.
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