Nun wird es Zeit, daß ich die Sache noch etwas verkompliziere: das Urheberrecht liegt immer beim Urheber und kann überhaupt gar nicht veräußert werden. Wir reden deshalb eigentlich nicht über das Urheberrecht, sondern über das Nutzungsrecht. Dieses Nutzungsrecht kann veräußert werden; dies ist sogar die Regel.
Welch hat vermutlich den Cowboy als Auftrag gemacht. Das Urheberrecht bleibt selbstverständlich bei ihm, weil er es gar nicht veräußern kann (ich unterstelle, daß das amerikanische Urheberrecht da mit dem deutschen konform geht).
Das Nutzungsrecht geht an den Auftraggeber über, denn sonst macht der Auftrag für diesen keinen Sinn. Hier stellt sich nun die Frage, welches Nutzungsrecht an den Auftraggeber verkauft wird.
Das Nutzungsrecht muß in jedem Einzelfall geklärt werden. Zum Beispiel könnte der Künstler sämtliche Nutzungsrechte an den Auftraggeber veräußern. Dann könnte er mir gar keine Erlaubnis geben, weil er überhaupt nicht mehr im Besitz der Nutzungsrechte ist.
Tut er das trotzdem (was offenbar häufig vorkommt, weil Künstler keine Experten im Urheberrecht sind), kann ich mich nicht in Sicherheit wiegen: denn, jetzt kommt's: im Urheberrecht gibt es keinen Treu und Glauben.
Das bedeutet: wenn der Künstler mir die Erlaubnis gibt und ich mich darauf verlasse, der Inhaber später jedoch seine Rechte verletzt sieht, dann kann der Inhaber der Rechte mich sofort zur Rechenschaft ziehen und ich kann mich erst später im Rückgriff beim Künstler wiederum versuchen, schadlos zu halten. Das muß man sich mal genüßlich auf der Zunge zergehen lassen.
Er könnte auch ein einmaliges Nutzungsrecht verkaufen und sich die weitere Nutzung vorbehalten. Dann könnte er mir die Nutzung gestatten. Eigentlich müßte ich also vollständige Einsicht in die Vertragsunterlagen des Künstlers haben, um beurteilen zu können, ob er mir überhaupt die Rechte geben kann, die ich haben möchte.
Nehmen wir also an, Marlboro hätte diesen Cowboy in Auftrag gegeben. Das ist ja eine große Firma mit einer starken Rechtsabteilung, die mit Sicherheit saftige Schadensersatzforderungen einklagen kann. Der Künstler wiederum ist vielleicht ein armer Schlucker, bei dem gar nichts zu holen ist. Dann würde ich ganz schön in der Patsche sitzen. Ich kann mich nicht auf Treu und Glauben berufen und muß sofort an Marlboro zahlen, kann mir aber den Schaden vom Künstler nicht zurückholen.
Woher ich das weiß? Na ja, natürlich aus Erfahrung. Wir sind bereits mit erheblichen Schadensersatzforderungen konfrontiert worden. Der Rechtsanwalt des Verlags kannte sich in der Materie selber nicht aus und sprach von Urheberrecht statt von Nutzungsrecht.
Das Urheberrecht liegt natürlich beim Fotografen und nicht beim Verlag, das ist auf jeden Fall klar. Welche Nutzungsrechte hat der Fotograf nun an den Verlag verkauft? Einmalige Nutzungsrechte oder sämtliche Nutzungsrechte? In diesem Falle haben wir darauf verzichtet, die unausgesprochene Behauptung des fordernden Verlages, im Besitze der vollständigen Nutzungsrechte zu sein, anzuzweifeln.
|