| | W. Popken im Fenster Selbstportrait 08/2004 | | | | 04.05.2008
Zivilcourage
In dieser Woche bringen wir einen etwas anderen Tip: › Augen auf! - ein Appell an Ihre Zivilcourage, verpackt in einen lebendig erzählten, glaubwürdigen Erlebnisbericht. Das ist das eigentlich Erschütternde - die Geschichte ist so nachvollziehbar, daß man vermuten muß, hier sei nur die Spitze eines Eisbergs sichtbar geworden.
Ich selbst fühlte mich ertappt. Vor vielen Jahren habe ich auf einem Spaziergang ebenfalls ein etwas größeres Pony gesehen, dessen Hufe in einem ähnlich beklagenswerten Zustand waren. Was habe ich gemacht? Nichts. Ich habe weggesehen und mich nicht für zuständig gehalten. Heute schäme ich mich dafür und damals habe ich mich nicht wohlgefühlt - die Tatsache, daß ich mich noch so gut daran erinnern kann, beweist es.
Telereizgeräte
Bei dieser Gelegenheit möchte ich Sie auf die laufende Serie von Rechtsanwalt Richter aufmerksam machen, der sich seit letzter Woche mit Telereizgeräten beschäftigt (› Verbotsnorm). Angeblich soll so etwas auch im Pferdesport eingesetzt werden (» Dressur pervers - Zwangsmethoden hoch zu Roß). In Bezug auf Hunde ist - wenn ich den anwaltlichen Text richtig verstanden habe - mit Hilfe von Gutachtern von einem Gericht festgestellt worden, daß diese Methoden unabhängig von Hund und Anwender vom Gesetzgeber ausdrücklich verboten worden sind.
Wie interessant! Im Pferdesport wird ja immer argumentiert, daß es darauf ankommt, wer was mit wem macht. Lieschen Müller darf mit ihrem Fernando noch lange nicht das tun, was Isabell Werth mit ihrem Satchmo oder Martin Schaudt mit seinem Weltall anstellen. Darauf würden sich Hundebesitzer auch gern hinausreden, und nicht nur diese. Jeder nimmt für sich in Anspruch, vertreten zu können, was er für richtig hält. Das galt schon für die Sklavenhalter, das gilt für jeden Despoten, das beansprucht der Mächtige in Bezug auf den Ohnmächtigen.
Im Prinzip ist das auch richtig und kann nicht anders sein - die Eltern müssen die Kinder anleiten, die Lehrer die Schüler erziehen, die Vorgesetzten die Untergebenen führen. Umgekehrt kann kein Schuh draus werden. Ohne Regelwerk scheint das aber nicht zu funktionieren. Deshalb haben wir Gesetze, die festlegen, was erlaubt ist und was nicht. Diese haben sich im Laufe der Jahrhunderte sehr gewandelt. Noch vor 100 Jahren war es üblich, daß Lehrlinge geohrfeigt wurden, daß Lehrer den Rohrstock benutzten, daß Eltern ihre Kinder züchtigten. Diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei. Nur bei den Tieren kann jeder noch machen, was er will. Tiere sind Sachen.
Reitkappe
Wie oft habe ich in Büchern gelesen, daß Verlag und Autor sich von den Illustrationen distanzieren, insoweit diese nämlich stets Reiter ohne Kopfbedeckung zeigen. In Wirklichkeit sind Autor und Verlag der Meinung, daß Reiter immer einen Kopfschutz tragen sollten. Da stellt sich dem Leser, der diese Warnung zufällig im Impressum liest, doch die Frage, warum die Bilder denn überhaupt genommen worden sind.
Ich kann mich noch an die Zeit erinnern, als motorradfahren ohne Helm zulässig, sogar normal war. Ein wohlmeinender älterer Freund schenkte mir einen Helm mit den Worten: "Ich möchte ungern hinter deinem Sarg hergehen", und verlangte mir das Versprechen ab, diesen Helm stets zu tragen. Ich kannte niemanden in meinem Alter, der überhaupt einen Helm besaß.
Seit einiger Zeit bekomme ich täglich eine eine E-Mail von jemandem, der Werbung für ein Buch oder eine DVD für Pferdefreunde macht, und zwar in Form von kleinen Appetithäppchen. Von einem anderen (oder ist es derselbe?) erhalte ich ähnliche Botschaften. Vor ein paar Tagen habe ich einmal reagiert. Er wies mich auf einen Beitrag in seinem Blog hin: » Why Does It Need A Law? (Warum bedarf es eines Gesetzes?). Darin nahm er Bezug auf einen Bericht in der Palm Beach Post: » Horseback helmet bill passes House (Reithelm-Gesetz verabschiedet). Ein Ehepaar in Florida hatte nach 2jähriger Lobbyarbeit erreicht, daß in diesem Staat Reithelme vorgeschrieben sind. Anlaß war der Tod ihrer Tochter durch einen Sturz vom Pferd, der durch einen Helm vermutlich verhindert worden wäre.
Recht hat er, finden Sie nicht?
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