| | Sportlicher Ehrgeiz: Vierspänner in Riesenbeck, Jozsef Dobrovitz aus Ungarn | | | |
| | | So grüßen Sieger: Tucker Johnson, USA | | | |
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Ein denkwürdiger Dialog Über freien Willen, Sünde, Selbsterfahrung und Pferde von › Werner Popken
Zu den Themen Kommunikation, Tierschutz |
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Im letzten Artikel dieser Folge habe ich gezeigt, daß wir alle ausnahmslos und notwendigerweise immer und ständig "ich, ich, ich" denken, signalisieren, sagen, demonstrieren, und dafür die Welt in Anspruch nehmen. Auch die Pferde und der Sport dienen diesem Ziel, uns selbst in den Vordergrund zu bringen und uns besser zu fühlen.
Mir persönlich ist das zwar unangenehm, wenn es mir denn überhaupt bewußt wird (meistens nicht), aber dadurch schaffe ich die Tatsache als solche auch nicht aus der Welt. Auch ich, so muß ich mir eingestehen, renne ständig durch die Welt und brülle: ich, ich, ich. Wie peinlich!
Wie können wir uns das erklären? Warum sind wir alle immer so selbstbezogen, so selbstsüchtig, so wenig einfühlsam? Diese Frage ist nicht einfach zu untersuchen, und deshalb möchte ich Sie jetzt auf eine etwas längere Reise mitnehmen, auf der sehr wenig von Pferden die Rede sein wird - aber glauben Sie mir, es lohnt sich, und wir kommen auf die Pferde wieder zurück, garantiert!
Kennen Sie den Film » Himmel über Berlin? Ich habe ihn gar nicht verstanden und mußte ihn mir erst erklären lassen, als ich ihn Ende der achtziger Jahre gesehen habe. Mittlerweile ist er neu auf dem Markt und es gibt sogar ein Remake aus dem Jahr 1998; im letzten Jahr kam er erneut in die Kinos. Daraus kann man schließen, daß der Film etwas zu sagen hat, was Menschen hören wollen. Es geht ausnahmsweise nicht um Sex, Macht und Gewalt. Worum geht es dann?
Hauptdarsteller sind zwei Engel. Engel sind nur gut und gar nicht selbstbezogen, denen geht es eigentlich bestens, möchte man meinen. Die Menschen hingegen sind ausnahmslos fürchterlich gequält, einer will sogar Selbstmord begehen, glücklich ist keiner. Die Engel kriegen dieses Elend ganz direkt mit, denn sie können die Gedanken der Menschen verstehen, ihnen aber nicht direkt helfen; ob sie mit ihnen leiden, ist mir nicht ganz klar geworden.
Jedenfalls sehnt sich einer der beiden Engel danach, sein wenig ereignisreiches Leben - wenn man so sagen kann - mit dem eines Menschen zu vertauschen, er möchte das Abenteuer wagen um den Preis, ebenso leiden zu müssen wie die Menschen, weil er hofft, dadurch auch an Tiefe zu gewinnen, Leidenschaft erleben zu können, Erfahrungen zu sammeln, Gefühle zu spüren, Wissen zu erwerben.
Sein Wunsch wird erfüllt; kaum ist er als Mensch inkarniert, verliebt er sich und ist damit mittendrin im menschlichen Drama. Nun war ich doch zu dem Schluß gekommen, daß die Menschen ganz verzweifelt glücklich werden wollen und das irgendwie nicht hinkriegen - jetzt gibt dieser Engel seine Seelenruhe für die Hölle auf Erden auf. Liege ich etwa falsch? Geht es um etwas anderes?
Ich nehme doch an, auf der sicheren Seite zu sein, wenn ich behaupte, daß niemand unglücklich sein und leiden möchte, es sei denn um dadurch noch größeres Ungemach abzumildern. So könnte die Suche nach Lust sich aus der Unlust speisen, die sich ganz natürlich aufbaut, ursprünglich natürlich zum Zweck der Fortpflanzung. Wenn dazu Schmerzen erlitten werden wollen, dann doch nur, damit hinterher die erwünschte Entspannung eintritt, das Fehlen von Unlust.
Das ist natürlich noch lange nicht das Glück, von dem vorher die Rede war. Wieso ist das alles so kompliziert? Wieso verstrickt sich der Mensch in Schuld und Sünde auf der Suche nach etwas, das ganz einfach sein sollte?
Vor ein paar Tagen hat die Wikipedia als Artikel des Tages ein afrikanisches Monster vorgestellt, das gar nicht so anders anmutet als » Hitler, » Stalin, » Napoleon, » Karl, » Alexander und andere "Große", die mehr Tote auf dem Gewissen haben, als sie zählen können: » Shaka. Vermutlich wollte der auch nur glücklich sein, hat dieses Ziel aber durch die Massentötungen sicher nicht erreicht. Merkwürdigerweise wird er trotz seiner Schreckensherrschaft immer noch verehrt und verherrlicht. Man versteht die Welt nicht! Vermutlich identifizieren sich die Anhänger dieses Schlächters mit dessen vermeintlicher Größe und fühlen sich dadurch selber besser und größer. Ja mei! Selbstverständlich ließ auch der Artikel in der Wikipedia jegliche Distanz vermissen. Blickt denn keiner durch?
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