Heilung und Linderung Fallgeschichten und Randbedingungen des Pferdeeinsatzes im Gesundheitswesen von › Werner Popken
Zu den Themen DKThR, Therapeutisches Reiten |
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Sind Sie behindert? Nein? Wie schön! Sie können sich frei bewegen, nach Herzenslust mit Ihrem Pferd kommunizieren, Umgang, Reiten, Springen, Voltigieren oder Fahren genießen und sind in Ihren Ambitionen höchstens durch die Möglichkeiten Ihres Pferdes und Ihre eigenen beschränkt.
Anders sieht es aus, wenn Sie aus irgendwelchen Gründen als behindert eingestuft werden. Dann kann das Pferd für Sie noch ganz andere Bedeutungen gewinnen, nämlich zusätzlich zur sportlichen eine medizinische, für die Rehabilitation, oder eine pädagogische, für die Erziehung. Was gesunden Menschen guttut, hat nämlich ebenso seine positiven Wirkungen für Menschen, die krank oder eingeschränkt sind (siehe auch Ausgabe 73: › Mittler zwischen Welten).
Oder es betrifft nicht Sie persönlich, aber Sie haben Kinder oder Partner, die aus irgendwelchen Gründen Probleme bereiten; dabei kann es sich um angeborene Fehler handeln, etwa Gendefekte oder sonstige Fehlbildungen, oder um erworbene Mängel, zum Beispiel durch Probleme bei der Geburt oder im Laufe der normalen Entwicklung. Und dann gibt es noch einen dritten Zugang zu diesem Problemkreis: den Unfall. Und einen vierten: die Erkrankung.
Landläufig will man sich als Nichtbehinderter mit solchen Perspektiven nicht auseinandersetzen. Behinderung - ich doch nicht! Habe ich nichts mit zu tun! Dabei lauert doch der Unfall an jeder Ecke! Man kann sich bekanntlich schon beim Sprung aus dem Bett das Genick brechen. Bis man hochbetagt und klapprig, aber zufrieden und lebenssatt das Zeitliche segnen kann, gibt es unzählige Gelegenheiten, durch einen Unfall von der einen Seite auf die andere zu gelangen.
Das betrifft insbesondere Sportler und unter diesen wieder in besonderem Maße Reitsportler, denn ein Sturz vom Pferd ist nicht zu verachten, aber gewissermaßen unvermeidlich - wie konnte ich beispielsweise im Alter von 50 Jahren einen Salto aus vollem Galopp in freiem Gelände unbeschadet überstehen? - und auch sonst haben Pferde allerhand Möglichkeiten, das körperliche Wohlbefinden des Reiters zu beeinträchtigen.
Nun darf man sich durch bloße Möglichkeiten nicht bange machen lassen, denn das Risiko gehört zum Leben; wer kein Risiko eingeht, kann sich gleich begraben lassen, wäre so gut wie tot. So riskieren wir also ständig alles mögliche und insbesondere beim Umgang mit unseren Pferden unsere Gesundheit - im Extremfall finden wir den Tod oder erleiden schwere Verletzungen, in deren Folge eine Behinderung zurückbleiben kann, und wenn wir Glück haben, bleibt es bei leichten Schrammen und Beulen, die bald vergessen sind.
Rein statistisch ist der Pferdesport anscheinend nicht die gefährlichste aller Sportarten - obwohl man eine solche Aussage eigentlich gar nicht treffen kann, denn dazu müßte man eine eindeutige Definition haben. Zählt man nun die Vorfälle oder die Schwere der Vorfälle oder die Anzahl der Vorfälle pro Übung? Zahlenmäßig überwiegen beispielsweise die Verletzungen beim Fußball und der Gymnastik, was aber einfach daran liegt, daß erstens wesentlich mehr Leute Fußball spielen und zweitens jeder Sport irgendeine Art von Gymnastik voraussetzt, und wenn es nur Lockerungsübungen sind, mithin also eine Verletzung der Gymnastik zugeschoben wird und nicht der Sportart, für die die Gymnastik vorbereitet.
Immerhin sind Verletzungen beim Reitsport unter weiblicher Personen mit Abstand die häufigsten, nämlich 17% vor 11% beim Fußball. Bei den Männern sieht es anders aus, die machen bekanntlich um Pferde üblicherweise einen größeren Bogen ( » Sportunfälle – Häufigkeit, Kosten, Prävention, » Sportunfälle in Deutschland). Über die Schwere der Verletzungen wird in beiden Untersuchungen nichts gesagt. Trotzdem: Kann man sich vorstellen, daß jemand als Folge einer Verletzung beim Fußball schwerbehindert ist? Kommt vielleicht auch vor, ist aber mit Sicherheit extrem selten und ganz untypisch. Beim Pferdesport ist das leider anders. Die Gefahren für Leib und Leben sind ganz real.
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