| | | Herzzerreißender Abschied | | | |
| | | Maßnehmen für die Kugel | | | |
| | Es stellt sich heraus, daß ihm ein Zahn abgebrochen ist und der Nerv bloßliegt; außerdem ist das Zahnfleisch vereitert. Die Vereiterung wird von der Frau (» Candice Bergen als Miss Jones) mit einem Taschenmesser aufgeschnitten, und aus einer einigermaßen passenden Patronenkugel bastelt der Held eine provisorische Krone, die dem guten Mann tatsächlich hilft. Daher der Titel „Beiß' die Kugel“ - er beißt auf die Kugel und diese schlüpft dadurch über den Zahnstumpf.
Für die Gesamthandlung ist diese Nebenhandlung vollkommen unwesentlich. Sie dient lediglich dazu, die einzelnen Charaktere vorzuführen, deren Fähigkeiten und Eigenschaften zu zeigen und die allgemeine Atmosphäre zu beleuchten. Der Hauptdarsteller kann sich anhand des Hispano als Menschenfreund profilieren, für den Rassismus fremd ist.
Dabei erweist sich der Film selbst als rassistisch. Die weißen Teilnehmer sind alle Einzelpersonen, ohne Anhang, ganz auf sich allein gestellt. Keiner von denen leistet sich irgendwelche sentimentalen Gefühle. Zwar wird auch das Thema Ehe angesprochen, und offensichtlich muß jeder von denen auch Eltern gehabt haben, aber Kinder kommen bei den Weißen nicht vor, allenfalls beim Start und Ziel als Statisten im Hintergrund zum Fahneschwenken, und Ehepaare auch nicht. Die einzige verheiratete Frau, die Teilnehmerin des Rennens, ist von ihrem Mann getrennt, weil dieser wegen eines Raubüberfalls eine Strafe verbüßt.
Nur der Hispano wird mit Frau und zwei Kindern vorgestellt, eine Familienidylle, aber anscheinend geht es denen nicht gut, so dass er sich schweren Herzens von ihnen verabschieden muß, um an diesem Rennen teilzunehmen. Jaja, diese heißblütigen Südländer!
Da sind die Weißen doch aus anderem Holz geschnitzt, die gehen in den Saloon, kippen sich was hinter die Binde und schnappen sich eine Hure. Auch die Hauptdarstellerin ist eine Hure, obwohl sie verheiratet ist, gut bekannt mit der Puffmutter am Ort. Botschaft: Weiße Frauen sind Huren, andere gibt es nicht, und das ist auch ganz in Ordnung und muß nicht weiter thematisiert werden. Auch dieses Thema hat mit dem Film selbst eigentlich nichts zu tun.
Die Pferde hingegen spielen eine ziemlich große Rolle - schließlich geht es um ein Pferderennen, also kommen sehr viele Rennsituationen vor, oder was man dafür hält. Und wie üblich werden die Pferde völlig unrealistisch dargestellt.
Der Film wurde auf dem Original-Plakat mit » Mein großer Freund Shane und » Zwölf Uhr mittags verglichen und als neuer Klassiker gefeiert, aber das ist er nicht, obwohl manche Kritiker ihn dafür halten. Er ist vergleichsweise schwach. Angeblich soll er auf einer wahren Begebenheit beruhen, richtet sich aber ausschließlich nach dramaturgischen Gesichtspunkten, die ohne Rücksicht auf die Logik oder gar historische Wahrheit ausgespielt werden. Der ganze Film ist noch nicht einmal plausibel.
Bei meiner Artikelserie über den Western » Weites Land ( › Der Wilde Westen im Film, Ausgabe 600, bis › Vertrauen und Gewissen, Ausgabe 610) habe ich schon bemängelt, daß völlig verschiedene Landschaften, die überhaupt nicht zusammen vorkommen können, in einem Film übergangslos zusammengeschnitten werden, aber das ist gar nichts gegen die visuelle » Bouillabaisse in diesem Film.
Mindestens ein Dutzend höchst unterschiedlicher Landschaften werden übergangslos ineinandergeschnitten, wie es gerade in den Kram passt, wie bei diesem französischen Gericht mit dem merkwürdigen Namen, das gerade dafür berühmt ist, daß man alles reinschmeißen kann, was gerade zur Hand ist.
Das geht aber nicht besonders gut, denn der Verstand arbeitet mit und kratzt sich gewissermaßen am Kopf; der Film verliert dadurch an Glaubwürdigkeit, man distanziert sich und wird kritisch. Schon der Zusammenschnitt der verschiedenen Szenen, von denen jede einzelne entbehrlich ist, ist verwirrend, und dann kommen noch diese Landschaften hinzu: Gerade noch war man in der trocken Steppe, plötzlich ist man in einem Wald und überquert einen kleinen Fluss, dann wieder ist man in einem kahlen Hochgebirge und begegnet dort einem riesigen Bären, den es dort gar nicht geben kann, der Reiter fällt vom Pferd und stürzt in den See, und dann gibt es einen Schnitt und es ist abends und man ist im Zug und ruht sich aus vom anstrengenden Tag und der Zuschauer fragt sich, wie der Typ aus dem See wieder zurückgekommen ist und wo das Pferd geblieben war. Du meine Güte! Sonst noch was?
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