| | Pizzi (hinten) mit ihrer Freundlin Flicka | | | |
Anlehnung und ruhige Hand Eine klassische Reitlehre in Briefform - Teil 8 von › Gudrun Schultz-Mehl
Zum Thema Ausbildung |
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LIPICA, genannt �PIZZI' Wenn Dein Pferd zu verhalten geht, sich gegen das Treiben �dick' macht, dann kann das den Grund haben, dass der Reiter, womöglich noch mit zu weit hinten liegenden Schenkeln, zu fest am Pferd ist, �klammert' (das kann auch mit den Knien sein!). Oder dass er eben langweilig, im Takt wie ein Metronom oder Uhrpendel, auf seinem Pferd dahinwogt. Bei einer solchen Temperamentlosigkeit des Reiters versinkt selbst ein an sich quicklebendiges Pferd auf Dauer in somnambulen Träumen. Zu solchen Reitern gehörst Du selbstverständlich nicht!!! Ein weiterer Grund könnte natürlich auch sein, dass der Sattel oder der Sattelgurt irgendwo drückt und scheuert. Natürlich verhält sich dann das Pferd, weil es weh tut, je mehr es sich bewegt. Ehe Du also Deiner KORALLE �Beine machst', erkunde erst, woran es liegt, dass sie so lustlos geht und nicht recht vorwärts will. Du darfst ihr auf keinen Fall Unrecht tun. Falls man den Grund nicht finden kann, sollte man einen anderen Tag abwarten. Vielleicht ist dann alles wieder o. k. Wenn nicht - weiter forschen, etwas anderes bleibt dann nicht übrig, höchstens der Tierarzt. HALTE DEIN PFERD WACH UND AUFMERKSAM ! Ein ohne ersichtlichen Grund schläfriges Pferd kann man wieder aufwecken, wenn man ihm viel Abwechslung bietet und auch mit Neuem bekannt macht. Pferde sind neugierige Zeitgenossen und lieben es, den Dingen auf den Grund zu gehen. Zeige Deinem Pferd etwas Neues, stelle mal was in Farbe, Form und Größe Interessantes in eine Ecke der Bahn, in der sonst nichts steht - Dein Pferd ist dann wieder für ein Weilchen �aufgezogen'. Und wenn Du den interessanten Gegenstand in der Ecke der Bahn nach 14 Tagen wieder entfernt hast, ist das ein weiteres Indiz für Dein Pferd, dass man höllisch aufpassen, also wach bleiben muss, um alles unter Kontrolle zu behalten. Ein kleines Beispiel aus meinem Reiterleben mit einem meiner Pferde, der Trakehnerstute LIPICA, die mir in den 30 Jahren unserer �schattierten Ehe' viele, viele schlimme Minuten bereitet hat, obwohl sie eigentlich eher träge war und sich vom Fleiß nicht erdrücken ließ. Ich verlor sie im August 2006, sie wurde 32 Jahre alt. Im Bayrischen Wald, einem nicht grade idealem Reitgelände, hatten ich und eine Reiterfreundin einen Weg erkundet, der wenigstens in einigen Streckenabschnitten einen flotten Trab oder Galopp ermöglichte. Er führte zunächst aber längere Zeit bergauf und dabei auch an einer eingezäunten Schafweide vorbei. Die vielen Schafe trippelten natürlich in geschlossener Formation an den Zaun, wenn sie uns kommen sahen, es war für sie eine hochinteressante Unterbrechung in ihrer Einsamkeit. FLICKA, die Stute meiner Freundin, blieb dann absolut gelassen, sie war sehr intelligent. Meine PIZZI fiel aber bei den ersten zwei bis drei Zusammentreffen mit der wollweißen Gesellschaft völlig aus der Rolle und ich hatte Mühe, ohne Katastrophe für mich und das kopflose Pferd vorbei zu kommen. Mit einem klatschnassen verschwitzten Pferd zog ich jedes Mal weiter, wenn wir der Gefahr endlich entronnen waren. Aber nach und nach gewöhnte sie sich an die Existenz der Schafe und wusste, dass sie von diesen Außerirdischen nichts zu befürchten hatte und wir konnten unsere Pferde in Ruhe vorbeireiten. - Es wurde Herbst und eines Tages, als wir wieder an der Schafweide vorbei kamen, waren die Außerirdischen verschwunden, weg, einfach so weg! Da konnte für PIZZI natürlich etwas nicht stimmen, es war ihr ganz und gar nicht geheuer. Sie erwartete offenbar, dass die Außerirdischen sich nur versteckt hielten und nun aus dem Hinterhalt plötzlich zum eigentlich lange erwarteten Angriff übergehen würden. Das Theater, mit ihr an der Weide ohne Schafe vorbeizukommen, war das gleiche wie im Sommer, als sie die Schafe zum ersten Mal sah. Ich fürchte, ich muss noch häufiger auf PIZZI zu sprechen kommen. -
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