| | | | | | Galopp & Stop: Fotografiert mit Serienschaltung | | | |
| Ich aber hatte Angst, meinem Pferd durch meine Unerfahrenheit sein Maul kaputt zu machen und dachte, was bis jetzt geklappt hat, warum sollte es nicht auch weiter klappen? Ein Proberitt im Gelände zeigte, dass mein Pferd auf das Knotenhalfter genauso gut wie auf eine Trense reagierte. Also beschloss ich, erst einmal weiter mit dem Knotenhalfter zu reiten. Das ging eigentlich auch ganz wunderbar, bis ich den Fehler beging, von meinem Pferd etwas zu fordern, was noch viel zu früh war. Das Reiten an dem Abend in der Reithalle war gut gelaufen, es hatte alles wie am Schnürchen geklappt und zum Abschluss wollte ich noch einmal angaloppieren. Das Nächste, was ich weiß, ist, dass ich Rodeo auf meinem Pferd spielte und mir überlegte, Mist - dieses ist ein Westernsattel, du kommst hier nicht so einfach runter. Natürlich hatte ich, weil es ja so cool ist und Westernreiter eher einen Hut aufhaben, keine Reitkappe auf. Der nächste Punkt meiner Erinnerung ist, dass ich mit meiner Hüfte und gewaltigem Schwung auf dem Boden landete. Als ich mühsam versuchte hochzukommen, sah ich mein Pferd immer noch buckelnd eine Runde durch die Halle drehen. Da mir fürchterlich schwindelig war, brauchte ich längere Zeit, um auf die Knie zu kommen. Inzwischen kam mein Pferd zu mir und stupste mich an mit - Na, was machst Du denn da unten? Als ich endlich stand, hatte ich nur einen Gedanken: Du musst jetzt sofort wieder aufsteigen, sonst steigst du nie mehr auf. Also zog ich mich mühsam in den Sattel und drehte zwei Runden im Schritt - im Sattel hielt mich dabei eigentlich nur das Sattelhorn, das ich umklammerte. Danach stieg ich ab und suchte den Betreiber des Hofes, damit er mir helfen konnte, mein Pferd abzusatteln und wieder in die Box zu stellen. Da es in dem Stall ansonsten nur "Englischreiter" gab, musste ich den Sattel doch selber losmachen, doch wegräumen taten die anderen für mich. Danach fuhren sie mich auf meinen Wunsch nach Hause, obwohl sie mich lieber im Krankenhaus zur Untersuchung gesehen hätten. Das Ergebnis meiner Unvernunft war eine dicke Prellung sowie eine schwere Gehirnerschütterung. Drei Monate brauchte ich, um mich wirklich davon zu erholen und eins habe ich seitdem unumstößlich gelernt - es mag ja noch so cool aussehen mit Westernhut oder ganz ohne zu reiten, aber ich werde in meinem Leben nur noch mit Reithelm reiten. In den ersten Tagen nach meinem Sturz kümmerte sich meine Freundin um mein Pferd und machte Bodenarbeit mit ihm. Später kam noch ein gemeinsamer Freund, der auch bei dem Westerntrainer Unterricht nahm, und ritt ihn einmal für mich, da ich dachte, so ganz verschieden können unsere Reitstile ja nicht sein. Da er es nicht anders gewohnt war, ritt er ihn mit Trense. Da Ricardo die Trense nicht wirklich kannte und der Freund von meinem Unfall auch geschockt war, wurde jedes Kopfschlagen in Anbetracht dessen, es könnte ein Ansatz zu erneutem Bocken sein, abgestraft. Auf die Idee, dass ich das Pferd einfach nur überfordert haben könnte, waren wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht gekommen. Auf alle Fälle war das Reiten mit den beiden nicht wirklich harmonisch, so dass ich doch lieber wieder zu meinem Knotenhalfter griff. Ein Mal hatte ich auch an diesem Stall die Unterhaltung, dass es doch viel zu gefährlich sei, nur mit einem Knotenhalter ins Gelände zu reiten. Meiner Entgegnung, dass man 600 Kilo nicht wirklich hält, wenn die sich nicht halten lassen wollen, konnte er nicht wirklich zustimmen. Eine Woche später erzählte er aber, dass sein Freund gar nicht mehr ins Gelände könne, weil sein Pferd dauernd mit ihm durchgehe. Auf meine Frage, was sein Freund denn für eine Zäumung reite, antwortete er, dass er eine scharfe Trense benutze. Meine Antwort dazu war, dass er sein Pferd doch damit auch nicht halten könnte, warum solle mein Knotenhalfter also so viel gefährlicher sein? Allerdings hatte mein Sturz doch auch gewisse Auswirkungen auf mich und das Reiten. Jedes Mal, wenn mein Pferd auch nur ein wenig die Hinterbeine lupfte, geriet ich ins Schwitzen und vermutete, dass es gleich wieder losgehe mit dem Rodeo. Bis meine Freundin dann irgendwann zu mir sagte: Mensch, der macht sich doch einen Spaß mit dir. Er weiß genau, wie du darauf reagierst, und macht das inzwischen mit voller Absicht, weil du danach nichts mehr von ihm forderst. Selbst wenn man das im Kopf erkannt hat, ist es noch ein langer Weg, um dieses auch umzusetzen. Fortan übte ich erst einmal wieder unverkrampft auf dem Pferd zu sitzen. Die Gangart Galopp war erst einmal für ein halbes Jahr aus unserem Repertoire gestrichen. Als ich danach wieder vorsichtig anfing, hatte ich das Problem, dass er ständig versuchte den Kopf zwischen die Vorderbeine zu nehmen. Ein Besuch beim seinem Züchter brachte den für uns entscheidenden Hinweis. Ich nahm ihn aus Angst viel zu kurz, so dass er anfing sich zu wehren. Sobald ich ihm die Zügel länger ließ, hörte es auf. Außer er wollte mich wieder foppen, doch allmählich lernte ich, dabei die Ruhe zu bewahren. Und wenn ich mich nicht mehr aufregte, machte das ganze Spiel ja gar keinen Spaß mehr. Nachdem dieses Problem nun beseitigt war, tauchte bald ein neues auf. Jetzt wollte er im Gelände gar nicht mehr langsamer werden oder aufhören zu galoppieren, sondern pullte sich richtig auf. Entsprechende Geländestrecken, wo man ihn hätte so lange treiben können, bis er keine Lust mehr dazu hatte, gab es nicht wirklich.
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