|  | Oberlandstallmeister v. Oettingen, 1911-1920 Leiter der preußischen Gestüts Verwaltung |  |  |  |
| |  | Oscar v. Funcke, Initiator und Leiter der Züchtervereinigung für das deutsche Halbblut |  |  |  |
| |  | Gustav Rau, Leutnant der Reserve, 7. Ulanen |  |  |  |
| Alle Proteste nützen nichts. Der mächtigste Mann der deutschen Pferdezucht, Oberlandstallmeister v. Oettingen, kündigt in seiner Eigenschaft als Leiter der preußischen Gestütsverwaltung den Wegfall der staatlichen Unterstützung an, falls die Fusion nicht zustandekommt.
Am 25. Juni 1919 wird der "Reichsverband für Zucht und Prüfung deutschen Halbbluts" gegründet. Das Kartell für Reit- und Fahrsport löst sich auf. Seit diesem Tag sind in Deutschland Sport und Zucht unter einem Dach vereint.
| Diese Organisationsstruktur wird sich bewähren und die Grundlage dafür schaffen, daß der deutsche Reitsport und die deutsche Pferdezucht eine Vormachtstellung in der Welt erobern können. Wie förderlich das enge Zusammenarbeiten von Sport und Zucht ist, erkennen viele ausländische Verbände erst Jahrzehnte später. Doch bis heute ist es den allermeisten Pferdesportnationen nicht gelungen, die beiden Bereiche enger zusammenzuführen und in gemeinsamen Verbandstrukturen zu bündeln. Susanne Hennig: 100 Jahre FN, Seite 50 | | |
Wo Organisationsstrukturen zusammengelegt werden, rollen Köpfe. Schließlich kann es nur einen Chef geben. In diesem Falle übernimmt der Oberregierungsrat Thomsen das Amt des kommissarischen Hauptgeschäftsführers und zugleich den Vorsitz der Abteilung Landespferdezucht. Mit anderen Worten: Keiner der bisher mächtigen Männer rückt auf, im Gegenteil, diese werden zurückgestuft.
Der vormalige Kartell-Geschäftsführer August Andreae leitet die Vorstandsabteilung Leistungsprüfungen (Turniersport). Oscar von Funcke ist nur noch für Absatz und Werbung zuständig. Diese Entscheidung wird allgemein als Entmachtung empfunden. Aber es sollte noch viel schlimmer kommen.
Da die Armee stark verkleinert werden mußte, schrumpft der Bedarf an Pferden um zwei Drittel. Besonders im Osten entsteht dadurch die Überlegung, den Anteil der Vollblüter zurückzudrängen und eventuell statt dessen Kaltblüter einzusetzen, um starke, robuste Pferde für die Landwirtschaft zu produzieren.
Dem tritt Gustav Rau, seit September 1919 Chefredakteur der Deutschen Sportzeitung St. Georg, vehement entgegen:
| Man es sich darüber einig, daß in Zukunft anstelle des vielfach verwendeten ausländischen Halbblutpferdes deutsche Halbblüter in Betracht kommen müssen. Wenn keine Ausländer mehr eingeführt werden, erfährt der Absatz deutscher Halbblüter eine außerordentliche Steigerung. Es muß alles geschehen, dem inländischen Konsumenten das inländische Pferd näherzubringen [...]
Die Zeit wird lehren, ob Ostpreußen wirklich schlecht fährt, wenn es in Zukunft weniger Remonten absetzt. Von nun an wird das gute ostpreußische Pferd, das bisher in der Armee verschwand, in den freien Handel kommen und allgemein für die Zucht werben können. Die baldige Einsetzung von Leistungsprüfungen und Turnieren für das ostpreußische Pferd auf möglichst vielen Plätzen ist dringendes Bedürfnis. Susanne Hennig: 100 Jahre FN, Seite 51 | | |
Wenige Monate nach Kriegsende nimmt das "Komitee für die Kämpfe zu Pferde bei den olympischen Spielen 1916" die Arbeit wieder auf und ändert seinen Namen in "Komitee für die Kämpfe zu Pferde". Da Deutschland zunächst von internationalen Sportveranstaltungen ausgeschlossen ist, gibt es keine unmittelbare Ziele.
Das Komitee hat aufgrund von Spenden ein erhebliches Vermögen. Der Generalsekretär Gustav Rau bittet die Spender, auf die Rückzahlung des Geldes zu verzichten.
| Da die Dressurarbeit während des Krieges am meisten gelitten hat und die Dressurprüfungen auf den Turnieren des Jahres 1919 überwiegend schwache Leistung offenbarten, schreibt das Komitee auf einigen Turnieren des Jahres 1920 stattlich dotierte Prüfungen zwischen 5.000 und 10.000 Mark aus. Gustav Rau erklärt: "Man darf hoffen, daß die neuen Ausschreibungen stark dazu beitragen werden, der Dressur-Reiterei und der Vorbereitung junger Pferde Anregung zu geben." Susanne Hennig: 100 Jahre FN, Seite 51 | | |
So macht man das. Geld bewegt die Welt. Ein bewährtes Rezept, das noch heute funktioniert. Das Vollblut wird aus der Zucht zurückgedrängt, der Oberlandstallmeister von Oettingen wird als Liebhaber des Vollbluts abgesetzt. Als Ersatz wird ein Verwaltungsfachmann aus dem Landwirtschaftsministerium eingesetzt, der bisher züchterisch nicht in Erscheinung getreten ist. Diese Entscheidung wird zunächst mit Sorge betrachtet, die sich aber schließlich als unbegründet erweist.
Regierungsrat Thomsen, der als kommissarischer Geschäftsführer des Reichsverbands für Zucht und Prüfung deutschen Halbbluts naheliegende Kandidat war, verläßt infolgedessen das Ministerium und den Reichsverband. Nun wird August Andreae zum Hauptgeschäftsführer bestellt. Gustav Rau wird Chef der Abteilung Zucht. In dieser Position kann sich Rau zum einflußreichsten und stärksten Mann des Reichsverbandes entwickeln.
Der verdiente Organisator und Initiator Oscar von Funcke wird schließlich nach vielen Querelen 1932 sogar aus dem Verband ausgeschlossen.
Quellen
- Niederlage und Triumph,
Ausgabe 315 - Stockholm,
Ausgabe 316 - Die Anfänge,
Ausgabe 316 - Susanne Hennig: 100 Jahre FN, FN-Verlag 2005
- Pferde, Rezension zu Ausgabe 136
- » FutterJournal Ausgabe Frühjahr 2004
- Ich war Kamerad Pferd, Rezension zu Ausgabe 295
- Kavalleriepferd mit Gasmaske, Galeriebeitrag zu Ausgabe 316
- 100 Jahre FN, Jubiläum der Deutschen Reiterlichen Vereinigung
Ausgabe 315 · Teil 1 - Verbandsgründung, erste Erfolge, Männer der ersten Stunde legen den Grundstein für die Gegenwart
Ausgabe 316 · Teil 2
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Fotos
© Quelle: Privatarchiv H. Munzendorf, Susanne Hennig: 100 Jahre FN, FN-Verlag 2005
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